Führt der Klimawandel zu Super-El Niños?
Kieler Meeresforscher legen Studie zu pazifischem Klimaphänomen vor
Etwa alle zwei bis sieben Jahre erwärmt sich der tropische Ost- und Zentralpazifik. Das Phänomen hat u.a. negative Auswirkungen auf die Fischerei vor Peru und Chile. Da es vornehmlich um die Weihnachtszeit auftritt, nannten die peruanischen Fischer die außergewöhnliche Erwärmung El Niño, spanisch das Christkind. Heute weiß man, dass es Auswirkungen auf das Klima im gesamten indopazifischen Raum hat, besonders starke Ereignisse zeigen sogar globale Fernwirkungen. So gehen teils katastrophale Überschwemmungen in den direkt angrenzenden Ländern, aber auch extreme Trockenheit im Amazonasbecken und sogar in Australien auf das Konto des pazifischen Christkinds. Doch wird dieses Klimaphänomen auch von der zunehmenden Erwärmung des Planeten beeinflusst? Dieser Frage gingen Wissenschaftler am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel mit Unterstützung des Kieler Sonderforschungsbereichs 754 nach. „Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen, dass die Erderwärmung besonders starke El Niño-Ereignisse noch weiter intensivieren kann“, sagt Professor Dr. Mojib Latif vom GEOMAR, Erstautor der Studie. Sie erschien jetzt in der internationalen Fachzeitschrift Climatic Change.
Für ihre Untersuchung haben die Autoren das Kieler Klimamodell (Kiel Climate Model, KCM) genutzt, ein anerkanntes Computermodell, das die Vorgänge im Ozean, in der Atmosphäre und im Meereis und ihre Wechselwirkung untereinander darstellt. Mit diesem Modell wurden 22-mal je 100 Jahre Klimaerwärmung simuliert. Die Startbedingungen waren bei jedem Durchlauf andere. „Dadurch wollten wir klären, in wieweit die Ergebnisse von bestimmten Klimazuständen abhängen, die wir vielleicht gar nicht kennen“, sagt Professor Latif.
Doch trotz unterschiedlicher Ausgangsituationen waren die Ergebnisse deutlich. „Wir konnten einerseits beobachten, dass sich die Schwankungen der Meerestemperatur mit zunehmender globaler Erwärmung vergrößerten“, sagt Professor Latif, „vor allem nahm aber die Häufigkeit von extremen El Niños zu.“ Diese Ereignisse bezeichnen die Wissenschaftler als „Super-El Niños“.
Auch in der Vergangenheit gab es bereits derartige Ereignisse. Eines ist vom Ende des 19. Jahrhunderts bekannt, zwei weitere aus den Jahren 1982/83 und aus den Jahren 1997/98. Damals lagen die Wassertemperaturen an der Oberfläche des Ostpazifiks bis zu sieben Grad Celsius über den Durchschnittstemperaturen. „Die Simulation legt den Schluss nahe, dass sich solche Ereignisse aufgrund der globalen Erwärmung häufiger wiederholen werden“, sagt Professor Latif. Einen Grund sehen er und seine Kollegen in der Erwärmung des Westpazifiks bis in Tiefen von 200 Metern. Dort entscheidet sich oftmals die Stärke von El Niño Ereignissen, was man anhand theoretischer Studien zeigen kann.
Mit besonderer Spannung beobachten die Klimaforscher jetzt die aktuelle Entwicklung im Pazifik, denn für die zweite Jahreshälfte 2015 wird wieder starker El Niño vorhergesagt. „Uns interessiert aber auch, warum ein bereits für 2014 prognostizierter El Niño ausgeblieben ist“, sagt Professor Latif, „solche Entwicklungen helfen uns, unsere Modelle an der Realität zu testen und noch bessere Zukunftsprojektionen zu erstellen.“
Originalarbeit:
Latif, M., V. A. Semenov and W. Park (2015): Super El Niños in response to global warming in a climate model. Climatic Change, http://dx.doi.org/10.1007/s10584-015-1439-6
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