Anpassung an Sauerstoffmangel: Zooplankton beeinflusst die Effizienz der biologischen Kohlenstoffpumpe im Humboldtstrom vor Peru
Neue Studie beleuchtet Rolle ökologischer Anpassungen im marinen Kohlenstoffkreislauf
Im Ozean sinken organische Partikel aus dem sonnenbeschienenen Oberflächenwasser nach unten. Dieser Prozess ist ein wichtiger Teil der so genannten biologischen Kohlenstoffpumpe. Sie bindet Kohlenstoffdioxid (CO2) aus der Atmosphäre und versorgt die Ökosysteme der Tiefsee mit Energie. Bisher ging die Forschung davon aus, dass die biologische Pumpe in Gebieten mit einer Sauerstoffminimum-Zone (Oxygen Minimum Zone, OMZ) unterhalb der Oberflächenschicht besonders effizient ist. Durch den Sauerstoffmangel könnten Partikelkonsumenten wie Zooplankton den Kohlenstoffexport in die Tiefsee nicht wirksam reduzieren. Forschende des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel widerlegen diese Annahme in einer neuen Studie, die jetzt in der Fachzeitschrift Communications Earth & Environment veröffentlicht wurde. Am Beispiel des tropischen Auftriebsgebietes vor der Küste Perus konnten sie zeigen, welchen Einfluss Zooplanktonarten auf die Effizienz der biologischen Kohlenstoffpumpe in diesen Gebieten haben können.
Die Forschenden konnten nachweisen, dass Zooplanktonarten, die tolerant gegenüber Sauerstoffmangel sind, absinkende Partikel fressen und so den Kohlenstofftransfer in die Tiefsee hemmen. Sie untersuchten die Kohlenstoff-Flüsse und deren Abschwächung vor der Küste Perus in einem Gebiet, in dem sich seit Jahrtausenden eine permanente Sauerstoffminimum-Zone befindet. Dazu sammelten die Wissenschaftler:innen auf zwei Expeditionen mit dem Forschungsschiff METEOR (M136 und M138) im April und Juni 2017 Proben im Humboldtstrom. Sechsmal setzten sie treibende Sinkstofffallen aus, um absinkende Partikel in der Sauerstoffminimum-Zone, in Tiefen zwischen 50 und 600 Metern, aufzufangen und chemisch zu analysieren. Zudem nutzte das Team vertikale Multinetzfänge, die Plankton-Proben aus verschiedenen Tiefen sammeln, und einen Unterwasser-Vision-Profiler (UVP5), eine druckfeste Unterwasserkamera, um hochauflösende Daten über das Vorkommen verschiedener Zooplanktonarten zu erhalten.
„Auf der Grundlage mehrerer unabhängiger Methoden liefern unsere Ergebnisse konsistente Belege dafür, dass Zooplankton mit absinkenden Partikeln auch in sauerstoffarmen Systemen interagiert und dadurch den Kohlenstoffexport in die Tiefsee reduziert. Die vor Peru gefundenen Arten sind gut an ein Leben mit Sauerstoffarmut angepasst. Sauerstoffarme Zonen, die sich in jüngerer Zeit, zum Beispiel aufgrund von Überdüngung, gebildet haben, werden von Tieren weitgehend gemieden“, sagt die Erstautorin der Studie, Dr. Anja Engel, Professorin für Biologische Ozeanographie und Leiterin des Forschungsbereichs Marine Biogeochemie am GEOMAR.
Die Ergebnisse stellen die bislang vorherrschende Annahme einer durchgehend effizienten biologischen Kohlenstoffpumpe in Sauerstoffminimumzonen infrage. „Zooplankton erweist sich erneut als Schlüsselakteur bei der Regulierung der Kohlenstoffpumpe“, erläutert Dr. Engel. Angesichts ihrer Ergebnisse fordern die Autor:innen, dass die Beobachtungen und das Wissen über die Ökosysteme im tiefen Ozean erheblich ausgeweitet werden, um zuverlässige Vorhersagen über den marinen Kohlenstoffkreislauf treffen zu können.
Original-Publikation:
Engel, A. et al (2023): Hypoxia-tolerant zooplankton may reduce biological carbon pump efficiency in the Humboldt current system off Peru. Communications Earth & Environment. https://doi.org/10.1038/s43247-023-01140-6 | http://www.nature.com/commsenv