Übersicht über verschiedene Climate Engineering Maßnahmen, die aktuell diskutiert werden. Welche Risiken und Nebenwirkungen sie beinhalten, ist noch zu wenig erforscht. Ein neues Schwerpunktprogramm der DFG soll das ändern. Grafik: Kiel Earth Institute

Mit Climate Engineering das Klima retten?

Kieler Meereswissenschaftler koordiniert Forschungsprogramm zur Bewertung großtechnischer Klimaregulierung

04.05.2012/Kiel. Schwefelpartikel in die Atmosphäre sprühen oder den Ozean mit Eisen düngen – aktuell werden zahlreiche großtechnische Maßnahmen zur künstlichen Klimaregulierung diskutiert. Ein neues Schwerpunktprogramm der Deutschen Forschungsgemeinschaft soll jetzt Risiken und Nebenwirkungen des sogenannten „Climate Engineering“ untersuchen. Koordiniert wird das Programm von Professor Andreas Oschlies vom GEOMAR | Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel.

Das Experiment hat längst begonnen. Als der Mensch vor rund 200 Jahren begann, mit Fabriken und Verkehrsmitteln auch große Mengen Kohlendioxid zu produzieren, startete er damit – unbewusst, unkontrolliert und lange unerkannt – einen gigantischen Versuch mit der Erdatmosphäre. Mittlerweile kennen wir das Ergebnis: Der natürliche Treibhauseffekt wird von dem zusätzlichen CO2 verstärkt, die durchschnittlichen Temperaturen auf der Erde steigen, das Klima ändert sich. Jetzt sind Möglichkeiten gefragt, die Folgen dieses ungewollten Experiments zu begrenzen.

Theoretisch ist der einfachste Weg, die Emissionen von Kohlendioxid schnell wieder zu verringern. Doch bei einer rasant wachsenden Weltbevölkerung und dem Industrialisierungsschub großer Schwellenländer erweist sich dieser Weg in der Praxis als schwierig. Deshalb werden vermehrt großtechnische Maßnahmen in die Diskussion eingebracht, die gezielt eingesetzt werden sollen, die atmosphärische CO2-Konzentration abzusenken oder die einfallende Sonnenstrahlung abzuschwächen. „Diese großtechnischen Maßnahmen fasst man unter dem Begriff Climate Engineering zusammen“, erklärt Professor Andreas Oschlies vom GEOMAR | Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel. „Doch bislang gibt es weder verlässliche Informationen über die Potenziale dieser Maßnahmen, noch über Nebenwirkungen“, so Oschlies weiter.

Um in der Diskussion über das Climate Engineering eine wissenschaftlich belastbare Grundlage zu erhalten, hat die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) jetzt ein Schwerpunktprogramm mit dem Titel „Climate Engineering: Risks, Challenges, Opportunities?“ bewilligt. Professor Oschlies hatte es als Initiative des Kiel Earth Institute mit Unterstützung des Kieler Exzellenzclusters „Ozean der Zukunft“ und einer Kerngruppe von 18 Wissenschaftlern von Universitäten und Instituten aus ganz Deutschland beantragt. Das Schwerpunktprogramm soll in den kommenden sechs Jahren die erheblichen Unsicherheiten untersuchen, die mit den Ideen und Konzepten des Climate Engineering verbunden sind.

Die beteiligten Wissenschaftler beschäftigen sich dabei sowohl mit der naturwissenschaftlich-technischen Dimension der diskutierten Maßnahmen, als auch mit sozialen, politischen, rechtlichen und ethischen Aspekten. „Climate Engineering ist immer so angelegt, dass es zumindest überregionale, oft aber auch zeitlich verzögerte Folgen hat, was eine Bewertung so schwierig macht. Da stellen sich zum Beispiel die Fragen, wer über einen Einsatz von Climate Engineering überhaupt entscheiden dürfte und wer bei welchen Nebenwirkungen haften müsste. Gerade dieser Multidimensionalität wird in der internationalen Forschung derzeit nur sehr wenig Raum eingeräumt“, betont Professor Oschlies. Das nun bewilligte DFG-Schwerpunktprogramm wird das Thema deshalb in einer international einmaligen fachlichen Breite ergebnisoffen betrachten. Damit soll eine Basis für eine sorgfältige Abwägung von möglichen Vor- und Nachteilen geschaffen werden.

Dies kann wichtige Argumente sowohl für die internationale klimapolitische Diskussion als auch für gesellschaftliche Entscheidungen über einen möglichen Einsatz von Climate Engineering liefern.
Wichtig für die Wissenschaftler ist aber auch eine informierte Öffentlichkeit. Bereits im September 2011 wurde hierzu vom Kiel Earth Institute in Kooperation mit dem Marsilius Kolleg der Universität Heidelberg das Internetportal www.climate-engineering.eu aufgebaut. Nachrichten und Informationen zu Climate Engineering werden hier tagesaktuell zusammengeführt, um der Debatte mehr Transparenz zu verleihen. Hierzu wird das Portal auch während des Schwerpunktprogramms genutzt werden.

Hintergrundinformation: Das Kiel Earth Institute
Im Kiel Earth Institute (KEI) werden wichtige Themen des globalen Wandels und seiner gesellschaftlichen Folgen interdisziplinär erforscht und behandelt. Das KEI ist eine Initiative des Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel (GEOMAR) und des Instituts für Weltwirtschaft an der Universität Kiel (IfW), die auch im Kieler Exzellenzcluster „Ozean der Zukunft“ zusammenarbeiten.


Ansprechpartner:
Dr. Andreas Villwock (Kommunikation & Medien), Tel. 0431 600-2802, avillwock(at)geomar.de 

Übersicht über verschiedene Climate Engineering Maßnahmen, die aktuell diskutiert werden. Welche Risiken und Nebenwirkungen sie beinhalten, ist noch zu wenig erforscht. Ein neues Schwerpunktprogramm der DFG soll das ändern. Grafik: Kiel Earth Institute
Übersicht über verschiedene Climate Engineering Maßnahmen, die aktuell diskutiert werden. Welche Risiken und Nebenwirkungen sie beinhalten, ist noch zu wenig erforscht. Ein neues Schwerpunktprogramm der DFG soll das ändern. Grafik: Kiel Earth Institute