Prof. Dr. Antje Boetius. Foto: Anje Boetius
Polarstern macht an einer großen Eisscholle fest, damit die Forschenden Physik und Biologie auf, im und unter dem Meereis untersuchen können. Foto: Stefan Hendricks, Alfred-Wegener-Institut
Seegurken fressen die Eisalgen, die von der Unterseite des Meereises auf den Meeresgrund gesunken sind. Foto: Antje Boetius, Alfred-Wegener-Institut

Spannende Forschung zu Folgen des Klimawandels in der Arktis

Vierte „Marie-Tharp Lecture“ des Women's Executive Board am GEOMAR

Prof. Antje Boetius vom Alfred-Wegener-Institut (AWI), Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung und vom Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie in Bremen berichtete über ihre Arbeiten zu den Folgen des Klimawandels im Arktischen Ozean.

„It was very exciting in those days. We were explorers“, lautet ein bekanntes Zitat der Ozeanografie-Pionierin Marie Tharp (1920-2006). Doch was heißt da „war“? Die Meereswissenschaften sind auch heute noch überaus spannend, und Meereswissenschaftler sind noch immer echte Entdecker, weiß Prof. Antje Boetius vom Alfred-Wegener-Institut (AWI), Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung und vom Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie in Bremen.

Die vermutlich meist-ausgezeichnete deutsche Meereswissenschaftlerin berichtete im Rahmen der Marie-Tharp Lecture Series über ihre Arbeiten zu den Folgen des Klimawandels im Arktischen Ozean. Der Vortrag markiert den ersten Geburtstag des Women’s Executive Board (WEB) des GEOMAR. "Die Vorträge der Marie-Tharp Lecture Series zeichnen sich stets durch sehr rege Teilnahme aus. Aber selten habe ich den Hörsaal am Westufer so gut gefüllt gesehen, und auch der Erfahrungsaustausch mit Nachwuchswissenschafterinnen im Anschluss wurde sehr gut angenommen", freut sich Prof. Katja Matthes, Vorsitzende des WEB. "Das motiviert uns genauso wie das durchweg positive Feedback zu anderen Angeboten wie der Ideenwerkstatt, der Mitarbeiterinnenbefragung oder dem WEB-Flyer."

Für Antje Boetius ist der Besuch in Kiel geradezu eine Rückkehr zu den Wurzeln: „Olaf Pfannkuche vom GEOMAR wählte mich als Studentische Hilfskraft für meine erste METEOR-Expedition aus. Da habe ich mich geradezu in das Arbeiten auf See verliebt“, erinnert sich die 47-Jährige. Auf ihrer jüngsten Arktis-Reise sorgte vor allem eine kettenbildende Eisalge für Spannung: Melosira arctica lebt normalerweise an der Unterseite der Eisschollen. In den Küstengebieten, wo das Eis über mehrere Jahre wächst, können die Kieselalgen mehrere Meter lange Fäden bilden. „Wir haben herausgefunden, dass Melosira 2012 in der Zentralarktis für 45 Prozent der Primärproduktion verantwortlich war“, so Boetius. Das Eis entsteht dort jedes Jahr wieder neu – und damit auch die langen Algenbärte. Am Meeresboden entdeckten die Forscher viele Melosira-Klumpen mit einem Durchmesser von bis zu 50 Zentimetern. Nur einige Seegurken schienen davon zu fressen.

„Es musste sich um eine neue Nahrungsquelle handeln, die andere Organismen nicht verarbeiten konnten, sonst wäre dort viel mehr los gewesen“, folgert die Bremer Mikrobiologin. „Aber weshalb sinken sie überhaupt hinab?“ Grund hierfür könnte die verstärkte Eisschmelze ein: Mehr Licht dringt durch das Eis und fördert das Wachstum der Algen. Doch wenn das Eis dünner und das Wasser wärmer werden, schmelzen die Algen auch leichter heraus und sinken bis auf den Boden der Tiefsee – eine geradezu rasante Reaktion des arktischen Ökosystems auf steigende Temperaturen.

Um zu ermitteln, ob es sich wirklich um ein neues Phänomen handelt, vergleichen Prof. Boetius und einige Kollegen am Alfred-Wegener-Institut jetzt ihre neuen Proben mit historischen Proben aus der Arktis von vor der großen Eisschmelze. Außerdem zieht es die „Entdeckerin“ bereits wieder Richtung Pol. „Es gibt dort unerforschte Hydrothermalquellen und einen 4000 Meter hohen untermeerischen Vulkan, auf dem riesige Schwämme wachsen“, schwärmt sie. Es bleibt spannend...

Als weitere "Entdeckerinnen" hat das WEB in der zweiten Jahreshälfte Prof. Susan Trumbore (August 2014), Prof. Jeanine Olsen (Oktober 2014) und Dr. Naja Mikkelsen (Dezember 2014) eingeladen. Außerdem richtet das WEB gemeinsam mit dem Exzellenzcluster Ozean der Zukunft vom 17. bis 19. September 2014 den ersten internationalen Netzwerk- und Karriereworkshop des Earth Science Women's Networtk (ESWN) aus.

Links:

Pressemitteilung des AWI "Überraschend schnelle Veränderungen des arktischen Ökosystems bis in die Tiefsee während des Eisminimums im Sommer 2012"

Wochenberichte der Expedition IceArc 2012

Blog zur Expedition IceArc auf geo.de

Womens' Executive Board des GEOMAR

Kontakt:

Women's Executive Board (WEB), womensexecutiveboard(at)geomar.de

Maike Nicolai (Kommunikation & Medien), Tel.: 0431-600-2807, mnicolai(at)geomar.de

Prof. Dr. Antje Boetius. Foto: Anje Boetius
Polarstern macht an einer großen Eisscholle fest, damit die Forschenden Physik und Biologie auf, im und unter dem Meereis untersuchen können. Foto: Stefan Hendricks, Alfred-Wegener-Institut
Seegurken fressen die Eisalgen, die von der Unterseite des Meereises auf den Meeresgrund gesunken sind. Foto: Antje Boetius, Alfred-Wegener-Institut