Von der Forschung in die Schule
Biodiversitäts-Workshop für Lehrkräfte an der Eckernförder Bucht
Biodiversität ist ein Stichwort, das für viele Menschen positiv besetzt ist, auch wenn sie nicht immer auf Anhieb sagen könnten, warum. An diesem Wochenende nahmen 25 Lehrkräfte aus verschiedenen Schulen in Schleswig-Holstein an einer zweitägigen Fortbildung auf Schloss Noer an der Eckernförder Bucht teil. Dort informierten Forscher des EU BONUS-Projekts BIO-C3 und des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel über „Biodiversität im Ostseeraum – Funktion, Nutzen, und menschgemachte Bedrohungen“. „Als Biologielehrerin habe ich natürlich eine ganz gute Vorstellung davon, welche Arten hier in Schleswig-Holstein an Land leben und in welcher Beziehung sie zueinander stehen. Aber schon wenige Meter vom Strand entfernt weiß man nicht mehr immer so genau, was man da vor sich hat und wer wen frisst“, erklärt Heidi Mergemann, Biologielehrerin an der Gemeinschaftsschule Probstei in Schönberg.
Während der Fortbildung gaben die Organisatoren Antworten auf diese Fragen. Doch sie sind nur der erste Schritt zum Verständnis der komplexen Zusammenhänge in der Ostsee. „Für Ökosysteme sind sowohl die genetische als auch die funktionelle Vielfalt der Arten von großer Bedeutung“, erklärt Dr. Jan Dierking, wissenschaftlicher Koordinator des internationalen BIO-C3 Projekts, „Umweltveränderungen, Überfischung oder die Einwanderung neuer Arten können immer wieder neue Rahmenbedingungen schaffen, denen sich die Organismen anpassen müssen, und die ihre Aufgabenverteilung im Ökosystem neu regeln.“
Um dieses Wissen nicht nur anhand von Fachvorträgen aus ihrem Forschungsprojekt zu vermitteln, beprobten die Wissenschaftler zusammen mit den Lehrkräften auch die ufernahe Zone der Eckernförder Bucht, erstellten Artenlisten und diskutierten Nahrungsnetze und Veränderungen in diesem System: In welchem Zustand ist beispielsweise die Seegraswiese hier vor Ort? Sind die Seegrashalme stark von anderen Algen bewachsen, was auf zu viele Nährstoffe im Wasser aufgrund von Überdüngung hin deuten könnte? Und wie groß ist die Zahl der Weidegänger, wie zum Beispiel Schnecken, auf dem Seegras, die über die Nahrungskette wiederum von der Anzahl der Fische reguliert wird?
„Das ist alles andere als trockener Unterricht, und auf jeden Fall eine schöne Anregung für meine nächste Projektwoche in der Schule“, sagt Katja Bolte vom Helene-Lange-Gymnasium Rendsburg, während sie mit einem großen Kescher bewaffnet im Wasser steht. Denn die einzelnen Schritte von der Artenkenntnis über das Verständnis der Rollen im marinen Ökosystem bis hin zu Informationen über Formen der Anpassung an neue Lebensbedingungen sind genau das, was sich die Lehrkräfte von dieser Fortbildung erhofften: „Um in der Schule zu vermitteln, dass Ökologie, Biodiversität, Genetik und Evolution nicht einfach voneinander losgelöste Fachinhalte aus den Lehrbüchern sind, brauchen wir aktuelle Beispiele aus erster Hand, die diese Themen miteinander verbinden und in einen für die Schüler verständlichen Zusammenhang stellen,“ erläutert Olav Binder von der Klaus-Harms-Schule Kappeln.
Unterstützt von den Kollegen aus der Wissenschaft veranstalten die Schulprogramme des GEOMAR seit vielen Jahren immer wieder derartige Fortbildungen für Lehrkräfte zu unterschiedlichen Themen der Meeresforschung, um so die gemeinsamen Projekte mit Schleswig-Holsteinischen Schulen auf eine tragfähige Grundlage zu stellen. Heidi Mergemann findet dieses Konzept gut: „Als Lehrer nimmt man von solchen Kursen eine Fülle von Ideen mit, wie man ein neues Thema in der Schule angehen und vielleicht sogar zusammen mit dem GEOMAR als kleines Projekt weiterführen könnte. Und darüber hinaus macht es auch einfach Spaß!“
Hintergundinformation: BIO-C3
BIO-C3 „Biodiversity changes - causes, consequences and management implications“ ist ein Projekt im Rahmen des BONUS - Science for a better future of the Baltic Seas region - Programms, das zu gleichen Teilen aus nationalen Mitteln des BMBF und europäischen Geldern der EU mit einem Budget von 3,7 Mill. Euro für 4 Jahre finanziert ist. Wissenschaftler aus 7 europäischen Ländern und 13 Partnerinstituten wirken darin mit. Die Projektkoordination liegt beim GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, unterstützt von DTU Aqua, dem Nationalen Institut für Aquatische Ressourcen der Technischen Universität Dänemark.