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Semester: SS 2023 

Der deutsche Schlagerfilm in den 1950er und 1960er Jahren (050506)

Dozentinnen/Dozenten
Prof. Dr. Markus Kuhn, Prof. Dr. phil. Claus-Michael Ort, apl. Prof.

Angaben
Seminar, 2 SWS, Module: MA-MW2 [MA Medienwissenschaft]; 3S-NDL/Medien [BA Deutsch]; MA-L1 (Seminar 1 und Seminar 2), MA-L2 (Seminar) [MA Deutsch: Literatur und Sprache]; FE-SL-MW [Fachergänzung]
Zeit und Ort: Di 10:15 - 11:45, LS8 - R.301 (außer Di 20.6.2023); Einzeltermin am 20.6.2023 10:15 - 11:45, LS2 - Seminarraum S4 - R.01.018b
vom 18.4.2023 bis zum 4.7.2023
Bemerkung zu Zeit und Ort: Achtung: Ausweichraum am 20.06.23!

Inhalt
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges und im Anschluss an den ‚Trümmerfilm‘ formiert sich das deutsche Kino als Genrekino. Seine Narrative und Symboliken verhandeln in den 1950er Jahren Familienstrukturen, Geschlechterrollen, Strategien sozialer Kontrolle und den Umgang mit gesellschaftlicher Abweichung. Einerseits führen die Filme vor Augen, wie stark die Werte der Adenauer-Zeit von Normalitäts-Vorstellungen geprägt sind, die auf die NS-Zeit zurückverweisen. Andererseits greifen sie aber auch Umbrüche und Modernisierungskrisen auf: Junge gegen Alte, egalitäre gegen autoritäre Familienbeziehungen, Stadt gegen Land, Mobilität gegen das Bodenständige, Maschineneinsatz gegen Handarbeit, ‚Zivilisation‘ gegen ‚Natur‘ – und nicht zuletzt auch: die Populärmusik der Jungen (Schlager, Jazz) gegen die Musik-Traditionen der Väter (‚Volksmusik‘, ‚Klassik‘). Diese Konfliktpotentiale verweisen auf die soziale und ökonomische Realität der frühen Bundesrepublik und prägen die Narrative des Spielfilms der 1950er und 1960er Jahre.

Neben dem quantitativ dominierenden Heimatfilm trifft dies besonders für den deutschen und österreichischen Schlagerfilm zu, der sich als erfolgreiches Genre mit eigenen ästhetischen Formen etabliert. Er speist sich aus heterogenen Traditionen des Unterhaltungstheaters und des Revue-, Operetten- und Musical-Films und passt sich zugleich an die populärkulturellen Bedingungen nach 1950 an, also an eine zunehmende Medialisierung, Industrialisierung und Internationalisierung der Musik und an die Vervielfältigung musikalischer Stile. Zwar integrieren Schlagerfilme narrative Muster und Szenerien des ‚volksmusikalisch‘ geprägten Heimatfilms, häufig erweisen sie sich aber auch als Backstage-Filme, die die Tradition des klassischen Musicals fortsetzen. Im Kino der BRD bilden sie einen Gegenpol zu Melodramen und Kriegsfilmen sowie zu den koexistierenden US-amerikanischen Genres (von der Komödie bis zum Western). Das Genre des Schlagerfilms markiert so einen spezifischen Weg der deutschsprachigen Unterhaltungskultur zwischen 1950 und 1970 und reflektiert in den Figurenkonstellationen und Handlungsstrukturen seiner dargestellten Welten kontroverse Diskurse der BRD-Gesellschaft. Problematisiert werden Prozesse der Urbanisierung, der Mobilisierung und Touristisierung (‚Wirtschaftswunder‘), die zunehmende Altersdifferenzierung (Generationenkonflikte) und technische Innovationen im Bereich konkurrierender Unterhaltungsmedien (Hörfunk, Kino, später auch Fernsehen).

Anhand ausgewählter Schlagerfilme wird u.a. zu fragen sein 1. nach genrekonstituierenden ästhetischen Merkmalen, 2. nach Inszenierungen von Lied und Gesang als Gefühlsaudruck und als kommerzialisierter Unterhaltung, 3. nach dem Umgang mit Nationalstereotypen, 4. nach der Gestaltung der Bühnenbilder, 5. nach der Funktion der Filme als Musikmarketing und nach ihren Inszenierungen von ‚Stars‘ (Caterina Valente, Peter Alexander, Freddy Quinn u.a.) sowie 6. nach der Konkurrenz und Kontrastierung von Musik- und Tanz-Stilen als sozialen Ausdrucksmitteln.

Ein Terminplan, Literaturhinweise zur Vorbereitung und Informationen über das zugrunde gelegte Filmkorpus werden ab Mitte März über den Kursbereich in OLAT (Kennwort: cmort) bereitgestellt.

Zusätzliche Informationen
Erwartete Teilnehmerzahl: 26


Gaius Iulius Caesar in der deutschsprachigen Literatur seit der Frühen Neuzeit (050775)

Dozentinnen/Dozenten
Prof. Dr. phil. Claus-Michael Ort, apl. Prof., Prof. Dr. phil. Thorsten Burkard

Angaben
Seminar, 2 SWS, Module: MA-L1, MA-L2 [MA Deutsch: Literatur und Sprache]; MA-Deutsch: Literaturgeschichte (Literatur der Frühen Neuzeit, Literatur der Aufklärung, Literatur der Goethezeit, Literatur des Realismus); ME-L1 (Seminar 1), ME-L2 [MEd Deutsch]
Zeit und Ort: Do 16:15 - 17:45, LS1 - R.208a
vom 13.4.2023 bis zum 6.7.2023

Inhalt
Das Seminar wirft zunächst einen Blick auf die Caesar-Bilder, die seit der Antike historiographisch und literarisch tradiert worden sind (Caesar, Cicero, Sallust, Lucanus, Plutarch, Sueton) und widmet sich sodann exemplarisch der (v.a. dramatischen) Caesar-Literatur sei der Frühen Neuzeit (einschließlich der ersten deutschen Caesar-Übersetzung von Matthias Ringmann, Straßburg 1508). Zu nennen sind u.a.:
Johannes von Kit(z)scher: „Dialogus de Sacri imperii rebus“ 1504; Augustinus Moravus: „Antilogion Guarini et Poggii de praestantia Scipionis Africani et C. Julii Caesaris“ 1512; Hans Sachs 1563; Nicodemus Frischlin: „Julius redivivus“ 1585; William Shakespeare: „The Tragedy of Julius Caesar“ 1599; Caspar Brülow: „Cajus Julius Caesar. Tragoedia“ 1616; Johann Michael Moscherosch 1642; Barthold Feind: „Der durch den Fall des Pompejus erhöhete Julius Caesar“ 1710 [Singspiellibretto]; Nicola F. Haym nach Giacomo F. Bussani 1677: „Giulio Cesare in Egitto“ 1724 [Libretto zur Opera seria von Georg Friedrich Händel]; Voltaire 1731.
Sowohl die verherrlichenden Mythisierungen des ‚genialen‘ Staatsmannes und Feldherrn als auch die negativen Stereotype des ebenso galanten, amoralisch intriganten wie melancholischen, manchmal auch monströsen Verführers, Tyrannen und Totengräbers der Republik akzentuieren je verschiedene Ausschnitte aus einer umfassenden Caesar-Narration: Diese erstreckt sich vom ersten Triumvirat und den Gallischen Kriegen über den Aufenthalt bei Kleopatra bis zu Caesars Gegner Cato Uticensis und Caesars Tod (15. März 44 v. Chr.) und verlagert am Ende den Fokus auf Brutus als patriotischen Tyrannenmörder und dessen weiteres Schicksal (in Trauerspielen von Johann Jakob Bodmer: „Brutus und Kaßius Tod“ 1782 und Johann Wilhelm v. Brawe: „Brutus“ 1758, UA 1770).
Ausgehend von den Libretti von B. Feind (1710) und N. Haym (1724) werden im Seminar sodann die Caesar-kritischen Dramen von Johann Christoph Gottsched („Der sterbende Cato“ 1731, nach F.-M. Deschamps 1715) und von Johann Jakob Bodmer („Julius Caesar. Ein Trauerspiel“ 1763; „Marcus Brutus. Politisches Schauspiel“ 1768) mit Johann Gottfried Herders Melodram „Brutus. Ein Drama zur Musik“ (1772/74) kontrastiert, das Caesar heroisiert und tragisiert.
In der historisierenden deutschsprachigen Literatur des 19. Jahrhunderts hängt die Stilisierung Caesars zum negativen oder positiven ‚Kollektivsymbol‘ (im Sinne von Jürgen Link) zwar stark von der Bewertung Napoleon Bonapartes ab, tendiert jedoch zugleich zu einer Mythisierung Caesars als bewundertem, singulärem Geschichtshelden (siehe Eduard Arnd: „Caesar und Pompejus“ 1833 [Tragödie] oder Friedrich Wilhelm Hindersin: „Julius Cäsar“ 1890). Und seit Theodor Mommsen („Römische Geschichte“, 1854-56) hält eine zusehends geschichtsideologisch politisierte Geisteswissenschaft an einem schicksalhaft verklärten Bild von Caesar und Cäsarentum fest (Friedrich Gundolf: „Caesar in der deutschen Literatur“ 1904; „Caesar. Geschichte seines Ruhms“ 1924;„Caesar im 19. Jahrhundert“ 1926; siehe ferner Bernt v. Heiseler: „Cäsar“ 1940/42/53 [Tragödie]) – gefolgt von Entmythisierungen nach dem Zweiten Weltkrieg (Romanfragment von Bertolt Brecht: „Die Geschäfte des Herrn Julius Cäsar“ 1949; Walter Jens: „Die Verschwörung“ 1969 [Fernsehspiel]).
Am literarischen Caesar-Diskurs von der Frühen Neuzeit bis ins 19. und 20. Jahrhundert lassen sich somit Utopien oder Dystopien monarchischer (‚kaiserlicher‘), tyrannischer oder republikanischer Staats- und Herrschaftsformen, argumentative Strategien der Legitimation und Delegitimation von Macht sowie die damit verknüpften Konzeptionen von Geschichte ablesen.

Bitte achten Sie ab Anfang April auf Dateien im Kursbereich OLAT (Kennwort: cmort).

Empfohlene Literatur
Vor Seminarbeginn sollten selbständig beschafft und gelesen worden sein:

-William Shakespare: Julius Cäsar (UA 1599; Reclam UB)
-Johann Christoph Gottsched: Der sterbende Cato (1731; Reclam UB)

Zusätzliche Informationen
Erwartete Teilnehmerzahl: 30


Johann Wolfgang Goethe: „Wilhelm Meisters Lehrjahre. Ein Roman“ (1795/96) und „Wilhelm Meisters Wanderjahre oder Die Entsagenden. Ein Roman“ (1821/29) (050778)

Dozent/in
Prof. Dr. phil. Claus-Michael Ort, apl. Prof.

Angaben
Seminar, 2 SWS, Module: MA-L1, MA-L2 (Oberseminar) [MA Deutsch: Literatur und Sprache]; mafnz3/goege3 (Seminar 1: Literatur der Goethezeit), ab (Abschlussmodul) [MA Deutsch: Literaturgeschichte]; ME-L1, ME-L2 (Oberseminar) [MEd Deutsch]
Zeit und Ort: Mo 16:15 - 17:45, LS8 - R.301
vom 17.4.2023 bis zum 3.7.2023

Inhalt
Gegenstand des Seminars sind die beiden ‚Bildungsromane‘ Johann Wolfgang Goethes, deren früherer, also Wilhelm Meisters Lehrjahre , zum kanonisierten Genre-Muster für ‚Initiationsnarrationen‘ seit Klassik und Romantik geworden ist. Die intensive analytische Arbeit an den beiden Primärtexten steht im Vordergrund histoire : Räume, Grenzen, Ereignisse; Ordnungen und Übertretungen; discours : Erzählsituationen, Binnendiegesen; paradigmatische semantische Strukturen, selbstreflexive Bildlichkeit, erzähltes Erzählen, Kunst-Thematik). Das Seminar bietet die Möglichkeit, Methodenkenntnisse aufzufrischen und sie in praktischer Analysearbeit an zwei anspruchsvollen Werken des literarischen Kanons zu überprüfen. Verpflichtend ist unabhängig von der darüber hinaus angestrebten Prüfungsleistung (‚Teilnahme‘ oder ‚Hausarbeit‘) die aktive Teilnahme an einer der beiden Arbeitsgruppen, die sich je einem der beiden Romane widmen werden. Und die einzige, ebenso selbstverständliche wie strikte Teilnahmevoraussetzung ist eine doppelte:

Empfohlene Literatur
1. Der Erwerb der beiden für das Seminar verbindlichen Print-Ausgaben (keine E-books, keine anderen Ausgaben):

Goethe: Wilhelm Meisters Lehrjahre . Hg. von Ehrhard Bahr, Nachw. von Marcel Krings. Stuttgart: Reclam (UB), 787 S., ISBN 978-3-15-014182-3; 11,60 €

Goethe: Wilhelm Meisters Wanderjahre oder Die Entsagenden . Textausgabe mit Anmerkungen / Worterklärungen, Literaturhinweisen und Nachwort. Hg. von Ehrhard Bahr. Stuttgart: Reclam (UB), 569 S., ISBN 978-3-15-007827-3; 10,00 €

2. Die analytische Lektüre mindestens eines der beiden Romane bis Ende April !

Achten Sie bitte ab Mitte März auch auf den OLAT-Bereich zum Seminar (Kennwort: cmort) und die dort zur methodologischen Auffrischung zur Verfügung stehende Datei Ausgewählte Beschreibungskategorien und Fragen zur Analyse von Erzähltexten!

Dort finden Sie auch: Michael Titzmann: Strukturen und Rituale von Geheimbünden in der Literatur um 1800 und ihre Transformation in Goethes Wilhelm Meisters Lehrjahre [2000], S.195-222,

und Michael Titzmann:
Die ›Bildungs-‹/Initiationsgeschichte der Goethe-Zeit und das System der Altersklassen im anthropologischen Diskurs der Epoche [2002], S.223-287, v.a. S.223 -246.

beide in:
Michael Titzmann:
Anthropologie der Goethezeit. Studien zur Literatur und Wissensgeschichte.. Hg. von Wolfgang Lukas und Claus-Michael Ort. Berlin/Boston: de Gruyter 2012.

Zusätzliche Informationen
Erwartete Teilnehmerzahl: 30


Kulturtheorien (050780)

Dozent/in
Prof. Dr. phil. Claus-Michael Ort, apl. Prof.

Angaben
Seminar, 2 SWS, Module: MA-L2 (Oberseminar) [MA Deutsch: Literatur und Sprache]; MA-GL2 (Seminar 2: Kulturtheorie) [MA Deutsch: Gegenwartsliteratur/Literaturvermittlung]; ME-L2 (Oberseminar) [MEd Deutsch]
Zeit und Ort: Di 14:15 - 15:45, LS2 - Seminarraum S4 - R.01.018b
vom 11.4.2023 bis zum 4.7.2023

Voraussetzungen / Organisatorisches
Bitte lesen Sie vor Seminarbeginn zur Einführung:
Claus-Michael Ort: Kulturbegriffe und Kulturtheorien [2003], in: Ansgar Nünning, Vera Nünning (Hrsg.): Einführung in die Kulturwissenschaften. Theoretische Grundlagen – Ansätze – Perspektiven. Stuttgart/Weimar: Metzler 2008, S.19-38 (OLAT, ab Anfang April, Kennwort: cmort)
Zur Orientierung empfohlen wird außerdem Christian Thies: Alles Kultur? Eine kritische Bestandsaufnahme. Stuttgart: Reclam 2016.

Inhalt
Das Seminar kann als Hauptseminar im Gegenwartsmaster-Modul ‚angewandte Kulturwissenschaft‘ und als Oberseminar in allen anderen Masterstudiengängen besucht werden.

Der Doppelstatus kultureller Wertschöpfungen (Kunst, Literatur, Theater u.a.) als ‚symbolisches‘ und ‚ökonomisches Kapital‘ erweist sich seit dem späten 18. Jahrhundert als Problem und wird nach wie vor höchst kontrovers interpretiert. Auch die kulturwissenschaftliche Reflexion der anthropologischen Notwendigkeit und gesellschaftlichen Funktionen von ‚Kultur/en‘ als Verarbeitung und zugleich Steigerung von Komplexität und Kontingenz – zumal in Zeiten der ‚Digitalisierung‘ – erlebt seit einigen Jahren eine deutliche Konjunktur.

Das Seminar geht von ‚klassischen‘ kulturtheoretischen Problemaufrissen der Sozial- und Kunstwissenschaften des 20. Jahrhunderts aus (Georg Simmel u.a.) und wird sodann neuere bis aktuelle Beiträge kritisch diskutieren (Niklas Luhmann, Dirk Baecker, Andreas Reckwitz, Armin Nassehi u.a.) und dabei sowohl die Spannweite des Begriffs ‚Kultur‘ in Soziologie, Ethnologie und Anthropologie ausloten als auch dessen historische Funktionen im ökonomischen, kulturpolitischen und medienkritischen Diskurs bis heute beleuchten (‚Kulturnation‘, ‚Leitkultur‘, ‚kulturelle Bildung‘, ‚Medienkultur‘ usf.).

Zusätzliche Informationen
Erwartete Teilnehmerzahl: 30


Promotions- und Masterkolloquium (050785)

Dozent/in
Prof. Dr. phil. Claus-Michael Ort, apl. Prof.

Angaben
Kolloquium, 2 SWS
Zeit und Ort: Fr 12:15 - 13:45, LS8 - R.334
vom 14.4.2023 bis zum 7.7.2023

Zusätzliche Informationen
Erwartete Teilnehmerzahl: 14


Theorie und Praxis der Textanalyse (050790)

Dozent/in
Prof. Dr. phil. Claus-Michael Ort, apl. Prof.

Angaben
Seminar, 2 SWS, Module: MA-L1, MA-L2 [MA Deutsch: Literatur und Sprache]; MA-GL2 (Seminar 1: Literaturtheorie) [MA Deutsch: Gegenwartsliteratur/Literaturvermittlung]; ME-L1 (Seminar 1), ME-L2 (Seminar) [MEd Deutsch]
Zeit und Ort: Do 10:15 - 11:45, LS8 - R.301
vom 13.4.2023 bis zum 6.7.2023

Voraussetzungen / Organisatorisches
Die Kernkompetenz der Literaturwissenschaft besteht in der Erschließung literarischer Texte als privilegierter empirischer Datenbasis. Das Seminar bietet deshalb an, das im Bachelor-Studium erworbene Wissen über Terminologien und Methoden der Textanalyse aufzufrischen und in einzelnen Schwerpunkten zu vertiefen, die theoretischen Grundlagen und Voraussetzungen dieser Methoden zu reflektieren und die dabei gewonnenen argumentativen Kompetenzen praktisch zu erproben.
In Analyse-Übungen zu exemplarischen Gedichten und Erzähltexten sollen Reichweite und Anwendbarkeit ‚klassischer‘ und neuerer Literatur- und Interpretationstheorien (Strukturalismus, Poststrukturalismus, Narratologie) ausgelotet werden. Die Kenntnis und Unterscheidung von Denotation / Konnotation, Paradigma / Syntagma, rhetorischer Tropen (Metapher / Metonymie; Similarität / Kontiguität) und von Signifikanten/ Signifikat bildet hierfür ein grundlegendes ‚Handwerkszeug‘.

Inhalt
Es geht nicht um schnelles subjektives ‚Verstehen‘ – dazu bedarf es keiner Literaturwissenschaft –, sondern um intersubjektive textanalytische Rekonstruktion von Bedeutungsstrukturen, wörtlicher und bildlicher Semantik, auffüllbarer und nicht auffüllbarer Leerstellen und von narrativen Strukturen – also um die Strukturen, die literarische Texte ihren zeitgenössischen oder späteren Leser/innen ‚anbieten‘, unabhängig davon, was diese davon dann selektiv wahrnehmen und wie diese ihre je eigenen, sich wandelnde Wahrnehmungen in ihren je individuellen oder gesellschaftlichen Bedingungskontexten deuten.
Interpretiert werden die Ergebnisse systematischer Textbeobachtung, nicht Autorintentionen ‚ganzheitlich‘ diffus ‚Werke‘ oder assoziative ‚Stimmungen‘. Textanalyse ist also der wissenschaftlichen Interpretation prinzipiell vorgeschaltet und bildet außerdem auch die Voraussetzung, argumentativ sinnvoll mit Sekundärliteratur umgehen zu lernen, sie mit Blick auf ihren Primärtextbezug eigenständig beurteilen zu können.

Empfohlene Literatur
Falls Sie Ihre Theoriegrundkenntnisse überprüfen und auffrischen möchten, wird verwiesen auf:
Tilmann Köppe / Simone Winko: Neuere Literaturtheorien. Eine Einführung. Stuttgart: Metzler 2008
Zu Metapher / Metonymie siehe Kapitel 8 aus Jochen Schulte-Sasse/Renate Werner: Einführung in die Literaturwissenschaft. München: Fink 1977, 91997 (UTB 640), S.110-123
(Seminarbereich in OLAT ab Ende März, Kennwort: cmort)

Zusätzliche Informationen
Erwartete Teilnehmerzahl: 30


Theorie und Praxis einer textbezogenen ‚Literatursoziologie‘: Zur Wissenssoziologie und Diskursgeschichte der Literatur (050791)

Dozent/in
Prof. Dr. phil. Claus-Michael Ort, apl. Prof.

Angaben
Oberseminar, 2 SWS, Module: MA-L2 (Oberseminar) [MA Deutsch: Literatur und Sprache]; MA-GL5 (Abschlussmodul) [MA Deutsch: Gegenwartsliteratur/Literaturvermittlung]; ab (Abschlussmodul) [MA Deutsch: Literaturgeschichte]; ME-L2 (Oberseminar) [MEd Deutsch]
Zeit und Ort: Di 16:15 - 17:45, OS75/S2 - R.210
vom 11.4.2023 bis zum 4.7.2023

Inhalt
Die Folgen der kulturwissenschaftlichen Wende (cultural turn) im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts prägen sowohl die Sozial- als auch die Literaturwissenschaften bis heute und erweitern deren Horizont um kultur- und sozialtheoretische Forschungsperspektiven. Die ab 2005 zu beobachtende, vorübergehende Konjunktur von ‚Wissenstheorien‘, ‚Wissensgeschichte‘ und ‚Wissenspoetik‘ ist eine Folge davon und gibt Anlass, über die Chancen nachzudenken, die sich daraus für literaturwissenschaftliche Fragestellungen ergeben.
Vor diesem Hintergrund verdienen besonders diejenigen Ansätze Aufmerksamkeit, die Textanalyse nicht als Selbstzweck verstehen, sondern versuchen, literarische Gattungen, Genres und Texte – deren spezifische Formen und Semantiken – auf ihre gesellschaftlichen Handlungskontexte und Wissenshorizonte zu beziehen, allerdings ohne sich mit metaphorischer Mimesis oder kurzschlüssigen Analogien von Gesellschaft und Literatur zu begnügen.
Literatur archiviert eine Fülle von Informationen und semantischem Überschuss und fungiert zugleich auch als Medium der Kommunikation und der Selbstbeobachtung von Gesellschaften. Sie setzt oft über längere Zeiträume hinweg fiktionale Konstruktionen von ‚Wirklichkeit‘ in Umlauf und transportiert mit ihrer Hilfe ästhetische, moralische, religiöse, politische, ökonomische usf. Unterscheidungs-, Deutungs- und Wertungsmuster. Auf diese Weise wirkt Literatur daran mit, Erzählungen und Bilder von Natur, Kultur(en), sozialen Strukturen und Geschichte hervorzubringen, also letztlich Selbstbilder von ‚Gesellschaft‘ zu produzieren, die jeweils als ‚wahr‘ oder ‚falsch‘, ‚gut‘ oder ‚schlecht‘ verhandelt werden. Und insofern sie auf diese Weise neue Wissensinhalte generiert oder verändert, altes ‚Wissen‘ weiter tradiert und Alltags- oder Spezial-‚Wissen‘ popularisiert, legitimiert oder kritisiert, übt die ‚schöne‘ Literatur auch Diskurs-Macht aus.

Das Seminar wird deshalb zwei Theorie-Klassiker diskutieren, die das Verhältnis von Literatur und Gesellschaft modellieren, nämlich die systemtheoretisch fundierte Kommunikations- und Wissenssoziologie von Niklas Luhmann (1927-1998) und die Diskurstheorie von Michel Foucault (1926-1984). Ziel ist es, zu prüfen, inwieweit von ihnen eine textbezogene Soziologie bzw. Sozialgeschichte der Literatur profitieren kann, die nicht nur die sozialen Praktiken der Produktion, Rezeption und Distributionen von Literatur (Literatur als Sozialsystem) erforschen will, sondern sich auch für das interessiert, was jeweils von literarischen Texte transportiert wird, also für die in literarischen Texten gespeicherten und kommunikativ anschlussfähig vermittelten Semantiken (Literatur als Zeichensystem). Dabei wird auch ein konstruktiv kritischer Blick auf exemplarische literaturgeschichtliche Anwendungsversuche zu werfen sein.
Spezielle Vorkenntnisse sind nicht erforderlich, wohl aber Lektürebereitschaft und die Lust, sich auf komplexe Denkmodelle und theoretisches Neuland einzulassen. Die Prüfungsleistung ‚Teilnahme‘ besteht aus einem Impulsreferat mit Thesenpapier.

Bitte achten Sie ab Anfang April auf den Bereich zum Seminar in OLAT (Kennwort: cmort).

Mythen-Analogie?
nicht-literarische Diskurskontexte bezieht und als ‚Wissen‘ interpretiert.
„Diskursist ein System des Denkens und Argumentierens, das von einer Textmenge abstrahiert ist und das erstens durch einen Redegegenstand, zweitens durch Regularitäten der Rede, drittens durch [...] Relationen zu anderen Diskursen charakterisiert ist. [...]. Ein Diskurs ist also ein System, das die Produktion von Wissen regelt [...].
Literatur ist kein Diskurs . Sie kann sich aber verschiedener Diskurse bedienen und sie in sich integrieren." ( Titzmann 1991, S.406-407)

Michael Titzmann: Skizze einer integrativen Literatur¬geschichte und ihres Ortes in einer Systematik der Literatur¬wissenschaft . In: M. T. (Hrsg.), Modelle des literarischen Strukturwandels (= Studien und Texte zur Sozialgeschichte der Literatur 33) Tübingen: Niemeyer 1991, S. 395-438.

Birgit Neumann: Kulturelles Wissen und Literatur, in: Marion Gymnich / Birgit Neumann / Ans-gar Nünning [Hg.]: Kulturelles Wissen und Intertextualität. Theoriekonzeptionen und Fallstudien zur Kontextualisierung von Literatur. Trier 2006, S.29-51 Klausnitzer synthetisiert die Zeichensystem- und Sozialsystemreferenz von ‚Wissen‘ jedoch mehr, als sie wissenssoziologisch konsequent zu unterscheiden. Klausnitzer bestimmt ‚Wissen‘ in drei Anläufen wie folgt:
Wissen [lässt] sich als Gesamtheit von begründeten (bzw. begründbaren) Kenntnissen begreifen, die innerhalb kultureller Systeme durch Beobachtung und Mitteilung, also durch Erfahrung und Lernprozesse erworben sowie weitergegeben werden und einen | reproduzierbaren Bestand von Denk-, Orientierungs- und Handlungsmöglichkeiten be-reitstellen . Wissen ist jedoch mehr als die (sich stetig verändernde) Summe gespeicher-ter und wieder abrufbarer Erkenntnisse, sondern zugleich immer auch ein Prozess, […]. […] Wissen [umfasst] also Alltagskenntnisse und Produkte der epistemologisch be-gründeten Wissenschaften ebenso wie die implizit regulierten Praktiken kursiv (tacit know-ledge) und expliziten Regeln institutionalisierter und sich selbst reflektierender sozialer Systeme. Knapp formuliert: Wissen ist die dynamische Gesamtheit aller jener Vor-gänge und Resultate, in denen sich regelgeleitete Umgangsweisen mit begründeten Er-kenntnissen auf Grundlage symbolischer Ordnungen und Technologien formieren und vollziehen, in Wirkung treten und verändern“. (S.12-13).
Ganz ähnlich versteht schon Birgit Neumann 2006 in ihrem Aufsatz
Kulturelles Wissen und Literatur unter „kulturelle[m] Wissen“ die Gesamtmenge der in einer Kultur zirkulierenden Kenntnisse, die durch Kommunika-tion und Erfahrung konstruiert, erworben und tradiert werden. Es stellt einen reprodu-zierbaren Bestand kulturell möglicher Denk-, Orientierungs- und Handlungsmuster bereit, die innerhalb der jeweiligen kulturellen Rahmenbedingungen als gesellschaft-lich gültig und wertvoll gelten. Kulturelles Wissen existiert radikal verstreut über alle kulturellen Objektivationen und Handlungen – in wissenschaftlichen Abhandlungen ebenso wie in Praktiken des Alltags, und Aberglaubens, in Riten und Ritualen ebenso wie in kanonischen Texten.
(Birgit Neumann:
Kulturelles Wissen und Literatur, in: Marion Gymnich / Birgit Neumann / Ans-gar Nünning [Hg.]: Kulturelles Wissen und Intertextualität. Theoriekonzeptionen und Fallstudien zur Kontextualisierung von Literatur. Trier 2006, S.29-51, hier S.43) .

Empfohlene Literatur
Erste Literaturhinweise:
Michel Foucault: Die Archäologie des Wissens [1969]. Frankfurt/M.: Suhrkamp 1981.
Niklas Luhmann: Gesellschaftliche Struktur und semantische Tradition, in: Ders., Gesellschaftsstruktur und Semantik. Studien zur Wissenssoziologie der modernen Gesellschaft. Bd. 1. Frankfurt/M.: Suhrkamp 1980, S.9-71.
Joseph Vogl (Hg.): Poetologien des Wissens um 1800. München: Fink 1999.
Ralf Klausnitzer: Literatur und Wissen. Zugänge – Modelle – Analysen. Berlin, Boston: de Gruyter 2008.
Roland Borgards / Harald Neumeyer / Nicolas Pethes / Yvonne Wübben: Literatur und Wissen. Ein interdisziplinäres Handbuch. Stuttgart, Weimar: Metzler 2013.

Zusätzliche Informationen
Erwartete Teilnehmerzahl: 30


‚Realismus‘ / ‚Naturalismus‘ / ‚Symbolismus‘ / ‚Expressionismus‘ ? Konstanz und Wandel in der Lyrik zwischen 1880 und 1910 (050786)

Dozent/in
Prof. Dr. phil. Claus-Michael Ort, apl. Prof.

Angaben
Seminar, 2 SWS, Module: MA-L1, MA-L2 [MA Deutsch: Literatur und Sprache]; mafnz3/goege3 (Seminar 2: Literatur des Realismus), mafnz4/goege4 (Seminar 1: Literatur des 20. Jahrhunderts) [MA Deutsch: Literaturgeschichte]; ME-L1 (Seminar 1), ME-L2 [MEd Deutsch]
Zeit und Ort: Fr 10:15 - 11:45, LS8 - R.301
vom 14.4.2023 bis zum 7.7.2023

Inhalt
Das Literatursystem ab 1880/90 (‚Frühe Moderne‘) wird nicht nur von massiven gesellschaftlichen, politischen (1914–1918: Erster Weltkrieg) und wissenschaftlichen Umwälzungen in seiner außerliterarischen ‚Umwelt‘ geprägt (Psychoanalyse von Sigmund Freud, Relativitätstheorie von Albert Einstein), sondern auch von einem markanten Generationenwechsel von Autorinnen und Autoren. Literatur, die noch dem ‚Realismus‘ (für die Lyrik: Gottfried Keller, Theodor Storm, Conrad Ferdinand Meyer) zuzurechnen ist und eine verlässliche Unterscheidung von ‚Leben‘ und ‚Kunst‘, ‚Realität‘ und ‚Zeichen‘ anstrebt (Detlev von Liliencron), koexistiert mit Werken, die diese Differenz ‚naturalistisch‘ zu reduzieren versuchen (für die Lyrik: Arno Holz). Zugleich experimentiert die Lyrik ab 1900 mit ‚symbolistischen‘ und ‚expressionistischen‘ Erweiterungen der Konzeptionen von ‚Zeichen‘, ‚Wirklichkeit‘ und ‚Ich‘ und erprobt neue sprachliche Ausdrucksmittel l’art pour l’art und seine Grenzen: Hugo von Hofmannsthal, Rainer Maria Rilke, Richard von Schaukal, Richard Dehmel, Theodor Däubler, Max Dauthendey, Christian Morgenstern, Stefan George, später u.a. Georg Heym, Georg Trakl, Alfred Lichtenstein, Jakob van Hoddis, Else Lasker-Schüler). Heterogene ‚Ismen‘ und Strömungen sind die Folge (Naturalismus und seine Antagonisten: Impressionismus, Fin de Siècle, Décadence, Jugendstil, Früh-Expressionismus und die Avantgarden), so dass die Literaturwissenschaft gefordert ist, sich über deren Abgrenzungskriterien Rechenschaft abzulegen. Im Seminar werden variable und konstante Bedeutungsstrukturen der heterogenen Gedichtkunst des Zeitraumes – und insbesondere die Funktion von Bildlichkeit (Vergleiche und Tropen: Metapher / Metonymie) – exemplarisch rekonstruiert, um literarischen Wandel textanalytisch zu konkretisieren.

Bitte achten Sie ab Anfang April auf Dateien im Kursbereich OLAT (Kennwort: cmort).

Empfohlene Literatur
Vor Seminarbeginn sollte gelesen worden sein:
Moritz Baßler/ Christoph Brecht / Dirk Niefanger / Gotthart Wunberg: Historismus und literarische Moderne. Mit einem Beitrag von Friedrich Dethlefs. Tübingen: Niemeyer 1996, Kapitel 5: Die Textur der modernen Lyrik, S.197-234.

York-Gothart Mix (Hg.): Naturalismus, Fin de Siècle, Expressionismus 1890 – 1918. München: dtv 2000 (= Hansers Sozialgeschichte der deutschen Literatur vom 16. Jahrhundert bis zur Gegenwart Band 7), darin v.a. die Beiträge von Theo Meyer (S.28ff), Günter Häntzschel (S.53ff), Elke Austermühl (S.350ff) und Karl Riha (S.454ff).

Zusätzliche Informationen
Erwartete Teilnehmerzahl: 30

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