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Semester: SS 2023 

Das Rolandslied des Pfaffen Konrad (051400)

Dozent/in
Marcus Bernhard Martin, M.A.

Angaben
Proseminar, 2 SWS, ECTS-Studium, Teil der Module (B.A.): 2 V-ÄDL bzw. 2 K-ÄDL; 3 S-ÄDL bzw. 3 K-ÄDL bzw. 3 S-SPR/ÄDL
Zeit und Ort: Mi 10:15 - 11:45, OS75/S2 - R.210
vom 12.4.2023 bis zum 5.7.2023

Studienfächer / Studienrichtungen
Deutsch-B-2F 3-6

Inhalt
Das Rolandslied des Pfaffen Konrad zählt zu den absoluten Klassikern der mittelhochdeutschen Literatur. Es entstand vermutlich im Auftrag Heinrichs des Löwen (1155-1180) um 1172 nach einer französischen Vorlage, dem Chanson de Roland.
Zunächst zu den historischen Hintergründen, auf denen das Rolandslied des Pfaffen Konrad beruht: Im Jahre 773 revoltierte im islamischen Spanien Sulaiman ibn Yuqzan al-A‘rabi, der Gouverneur von Barcelona und Gerona, gegen den Emir von Córdoba, ‘Abd ar-Rahman ibn Mu’awiya (731-788). 777 schickt Sulaiman Botschafter zu Karl dem Großen (747/48-814). Diese versprechen Karl, ihre spanischen Territorien ihm zu unterwerfen, wenn er ihnen gegen ‘Abd ar-Rahman zur Hilfe kommt. 778 macht sich Karl mit einem Heer auf den Weg und trifft bei Zaragoza mit Sulaiman zusammen. Aber die Stadt kann aufgrund erfolgreicher Gegenwehr der Bewohner nicht erobert werden. Karl macht sich unverrichteter Dinge wieder auf den Heimweg. Aber in den Pyrenäen überfallen Basken Karls Heer, dessen Nachhut bis auf den letzten Mann vernichtet wird.
Das Chanson de Roland und das Rolandslied stellen die historischen Tatsachen aber ganz anders dar. In diesen beiden Dichtungen führt Karl nun eine Art Kreuzzug gegen die spanischen Muslime. Einer der Fürsten Karls namens Genelun möchte diesen Krieg aber nicht mehr fortsetzen. Dazu schmiedet er einen Plan mit den Gegnern Karls: Karl soll einen Friedensvertrag unterzeichnen und abziehen. Ein Teil des Heeres bleibt aber zurück und wird in einer Schlacht gegen die Muslime vollkommen vernichtet. Dabei wird der Tod Rolands und seiner Männer als Martyrium inszeniert, dass ihnen den Eintritt ins Paradies sichert. Karl kehrt unverzüglich zurück, nimmt fürchterliche Rache und lässt den Verräter Genelun vor Gericht stellen und hinrichten.
In der älteren Forschung gilt das Rolandslied als „Kreuzzugsepos“, das die komplexen historischen Zusammenhänge in krasser Schwarz-Weiß-Malerei wiedergibt: Auf der einen Seite die ‚guten‘ Christen, die für ihren Glauben kämpfen und sterben – auf der anderen Seite die ‚bösen‘, als polytheistische ‚Heiden‘ diffamierten Muslime, die mit dem Teufel assoziiert werden.
Aber ganz so einfach ist es nicht: Das Rolandslied thematisiert das komplexe Machtgefüge zwischen dem Kaiser und seinen Fürsten und reflektiert die Rolle des Ritters im Krieg. Es fragt danach, wie man mit dem Tod geliebter Menschen umgehen kann und wofür es sich zu sterben lohnt.
Das Seminar möchte das Rolandslied in seiner Vielschichtigkeit und seinen Mehrdeutigkeiten erfassen, die dieser Text bei näherem Hinsehen hat. Dazu befasst es sich mit den historischen Hintergründen, auf die sich das Rolandslied bezieht, der zeitgenössischen Kreuzzugsideologie und dem Martyriums-Konzept. Hier spielt die Frage eine Rolle, wie aus einem historisch verbürgten Desaster eine ‚Erfolgserzählung‘ werden konnte. Ein weiterer wichtiger Punkt bildet die Untersuchung, wie die Figuren mit dem eigenen Tod und dem Tod anderer umgehen, worin sie Trost finden – oder auch nicht. Hier soll gefragt werden, welche Rolle die Angst vor dem (eigenen) Tod spielt. Wir werden uns auch mit der ideologisch verzerrten Darstellung der Gegner der Christen befassen unter der Fragestellung, wie Feindbilder entstehen. Neben diesen Aspekten gehen wir auch auf die literaturhistorische Gattungszugehörigkeit des Rolandsliedes im Zusammenhang mit der deutschsprachigen Adaptation französischer Chanson de geste-Erzähltradition ein. Ein Schwerpunkt der Interpretation des Textes liegt dann auf den literarischen Techniken, mit denen Konrad seine französische Vorlage bearbeitet hat.
Trigger warning: Es sei darauf hingewiesen, dass sich das Seminar mit expliziter literarischer Gewaltdarstellung im Kontext der Thematisierung von kriegerischen Handlungen beschäftigt, die als Konflikt zwischen Religionen in den untersuchten historischen Quelltexten konzeptualisiert sind.

Zusätzliche Informationen
Erwartete Teilnehmerzahl: 35


Einführung in die literaturwissenschaftliche Mediävistik (050574)

Dozent/in
Marcus Bernhard Martin, M.A.

Angaben
Proseminar, 2 SWS, ECTS-Studium
für ERASMUS-/Austauschstudierende geeignet, Teil des Moduls (B.A.): 1 B-ÄDL PS 2; FE-SL-ÄDL "Grundwissen Ältere deutsche Literatur"
Zeit und Ort: Mo 8:30 - 10:00, LS1 - R.209a
vom 17.4.2023 bis zum 3.7.2023

Studienfächer / Studienrichtungen
Deutsch-B-2F ab 2
Profil-FE ab 2

Voraussetzungen / Organisatorisches
Das Proseminar baut auf den im Proseminar 1 (1 B-ÄDL PS I) erworbenen Übersetzungskenntnissen auf und vertieft diese in der Auseinandersetzung mit ausgewählten, mittelhochdeutschen Werken. Es werden Texte unterschiedlicher Gattungen Verwendung finden, um ein möglichst breites Spektrum vorzustellen. In dem Proseminar werden wir uns diesen Texten bzw. Auszügen daraus inhaltlich nähern und gleichzeitig die wichtigsten Grundlagen der germanistischen Mediävistik beispielhaft erarbeiten. Dazu zählt das Verständnis des mittelalterlichen Literaturbetriebs (Handschriften, Überlieferung, Textbegriff, Gattungen), Grundlagen der damaligen Literatur (kulturelle Gegebenheiten, christliche Hermeneutik, antike Poetik und Rhetorik) sowie ein Einblick in die wichtigsten literaturwissenschaftlichen Methoden zur Erschließung mittelalterlicher Texte.

Zusätzliche Informationen
Erwartete Teilnehmerzahl: 35

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