Laborleiter:
Dr. Joachim Schönfeld
Tel.: 0431/600-2315
E-Mail: jschoenfeld(at)geomar.de
Fachkraft für Arbeitssicherheit:
staatl. gepr. Techniker
Dietmar Schmitz
Tel.: 0431/600-2750
E-Mail: dschmitz(at)geomar.de
Das Labor Mikropaläontologie der Forschungseinheit Paläoozeanographie im FB1 ist für Präparationsarbeiten mit paläontologischer Zielsetzung ausgerichtet. Dabei steht quantitatives Arbeiten und die vollständige Erfassung aller in einer Probe vorhandener Organismenreste im Vordergrund. Im Raum 8/D-116 wird die Aufbereitung von Proben zur Untersuchung kalkiger Mikrofossilien (Foraminiferen, Ostrakoden, Pteropoden) sowie die Vorarbeiten zur Anfertigung von Diatomeen- und Nannoplankton-Präparaten durchgeführt. Für die Aufbereitung organischer, kieseliger und phosphatischer Organismenreste (Dinoflagellaten und Pollen, Diatomeen und Radiolarien, Conodonten und Fischzähne) stehen Abzüge in anderen Laboren zur Verfügung, wo mit agressiven Chemikalien (Säuren und Laugen) gearbeitet werden kann.
Weitere Einrichtungen des Mikropaläontologie-Labors sind eine automatisierte Extraktionsanlage zur Bestimmung des biogenen Opals in Sedimenten, ein TURNER Fluorometer zur Bestimmung der Chlorin-Gehalte (Chlorophyll-Abbauprodukte) im Sediment und ein SediGraph für Korngrößenanalysen.
Im Labor Mikropaläontologie werden Proben für die Untersuchung von Mikrofossilien zu den Themen Taxonomie,
Stratigraphie, Ökologie, Proxy-Entwicklung und Anwendung bearbeitet. Mit rezenten Benthosforaminiferen werden in der Forschungseinheit Paläoozeanographie Verbreitungs- und Zeitreihen-Studien in Verbindung mit Umweltbeobachtungen und hydrographischen Messungen sowie Kultur- und Freilandexperimente durchgeführt.
Benthische Foraminiferen leben in den obersten Zentimetern des Sedimentes. Ihre Artenzusammensetzung und Populationsdichte steht im Gleichgewicht mit den aktuell auf sie einwirkenden Umweltbedingungen. Deshalb konzentrieren sich viele Untersuchungen auf lebende Foraminiferen. Sie enthalten cremefarbenes, hellgrünes oder gelblich-braunes Zytoplasma. Gehäuse mit Zellplasma sind von außen nur schwer von Exemplaren zu unterscheiden, die mit feinem Sediment gefüllt sind. Das Plasma kann mit spezifischen Farbstoffen sichtbar gemacht werden. Wir verwenden Bengalrosa, das die Proteine des Zellplasmas einfärbt. Foraminiferenproben werden unmittelbar nach der Probennahme mit einer Lösung von 2 Gramm Bengalrosa in einem Liter Äthanol (mind. 70 %, technisch, z.B. Brennspiritus) eingefärbt und konserviert.
Foraminiferenvergesellschaftungen aus Oberflächenproben enthalten auch leere Gehäuse unterschiedlichen Alters. Die Anzahl leerer Gehäuse der sogenannten Totfauna beträgt das 10 bis 100-fache der lebenden Individuen. Frühdiagenetische Prozesse verändern mit der Zeit die Zusammensetzung der Totfauna, weil die Gehäuse der einzelnen Arten eine unterschiedliche Erhaltungsfähigkeit haben. Erst wenn sie dauerhaft im Sediment eingebettet sind, bleibt die Zusammensetzung konstant. Die Totfauna umfasst viele Generationen aus unterschiedlichen Jahren, wobei robuste Gehäuse gut erhaltungsfähiger Arten überrepräsentiert sind. Hinzu kommen Gehäuse von Arten, die an anderen Stellen gelebt haben und umgelagert wurden.
Während der Geländearbeiten wird in einem Untersuchungsgebiet immer dasselbe Beprobungsgerät verwendet und die gleiche Probenmenge genommen. Auf See setzen wir Multicorer und Kastengreifer ein, um eine ungestörte Sedimentoberfläche aus großen Wassertiefen an Deck zu bekommen. Foraminiferenproben werden direkt von den Multicorer-Kernen genommen, oder wir verwenden Stechzylinder aus Edelstahl oder Polykarbonat mit 36 mm oder 54 mm Innendurchmesser. Nach der Entnahme wird das Sediment soweit aus dem Multicorer- oder Stechrohr herausgedrückt, bis es 1 cm übersteht. Das überstehende Sediment wird mit einem Polykarbonatring stabilisiert. Mit einem Schaufelspatel, Pulverspatel oder Küchenmesser trennen wir den obersten Zentimeter ab.
Die so gewonnene Probe hat ein Volumen von 10 oder 23 cm3, bei Multicorer-Rohren 78,5 cm3. Das tatsächliche Probenvolumen kann vom geometrischen Volumen abweichen. Deshalb ist es notwendig, den Füllstand der Probe auf dem Probengefäß mit einem wasserfesten Markierstift anzuzeichnen, bevor die Probe konserviert wird. Das Volumen wird nach der Probenaufbereitung im Labor bestimmt. Untersuchungen an lebenden Foraminiferen beziehen sich immer auf das Probenvolumen. Die Populationsdichten werden in Individuen pro 10 cm3 Oberflächensediment angegeben. Bei fossilen Foraminiferenfaunen beziehen sich Häufigkeiten auf das Trockengewicht der Proben. Die Häufigkeit wird in Exemplaren pro Gramm Sediment angegeben.
Mit Äthanol konservierte und eingefärbte Proben werden mindestens zwei Wochen gelagert, um eine vollständige Färbung der vormals lebenden Individuen zu erreichen. Bei der anschließenden Aufbereitung geben wir die Proben zuerst durch ein 2000 µm Sieb. Damit sollen Kiesel und andere große Partikel entfernt werden, die beim weiteren Schlämmen zerbrechliche Foraminiferengehäuse zermahlen würden. Die Fraktion >2000 µm wird auf dem Sieb mit einer Brause und Leitungswasser abgespült, bei 60°C getrocknet und aufbewahrt. Dann werden die Proben in ein 63 µm Sieb gegeben und mit einer Brause und Leitungswasser vorsichtig gespült. Unter einem Mikroskop wird von Zeit zu Zeit geprüft, ob die Foraminiferen ausreichend gereinigt sind. Der Siebrückstand wird nach dem Schlämmen unter Äthanol (mind. 70 %) aufbewahrt, wenn zerbrechliche Sandschaler-Arten untersucht werden sollen. Sonst wird die Fraktion 63 – 2000 µm bei 60°C getrocknet, gewogen und für weitere Untersuchungen aufbewahrt.
Für taxonomische Untersuchungen oder Verbreitungsstudien wird die Fraktion 63 – 2000 µm analysiert. Bei ökologischen Untersuchungen oder für die Proxy-Entwicklung werden die Fraktionen 125 – 2000 µm, 150 – 2000 µm, in Gebieten mit starken Bodenströmungen auch die Fraktion 250 – 2000 µm benutzt. Diese Fraktionen werden aus der Fraktion 63 – 2000 µm trocken abgesiebt. Zum Auslesen wird ein Teil des Probenrückstands gleichmäßig in eine gelochte Ausleseschale gestreut. Die Körner sollen nur so dicht liegen, dass sie sich nicht berühren. Die Ausleseschale wird auf eine Auszählschale gleicher Größe aufgesetzt und unter dem Stereomikroskop bei 20 bis 40-facher Vergrößerung durchgesehen. Die Foraminiferen werden mit einer leicht angefetteten Präpariernadel aufgenommen, zu einem Loch bewegt und dort abgestreift. Sie fallen dann in die darunter liegende Auszählschale. Nach dem Auslesen können sie von dort in Mikrozellen für weitere Untersuchungen überführt werden.
Bei quantitativem Arbeiten wird immer die gesamte Probe bzw. eine repräsentative Teilmenge vollständig ausgelesen. Für nachfolgende, statistische Analysen soll die untersuchte Fauna ca. 200 – 300 Individuen umfassen. Falls deutlich mehr Exemplare in einer Probe enthalten sind, wird die Probe entsprechend geteilt, um auf die gewünschte Anzahl von 200 – 300 Foraminiferen zu kommen. Für trockene Rückstände wird ein kleiner Riffelteiler verwendet. Die Teilmengen werden gewogen. Proben aus dem Watt und aus Salzwiesen dürfen zum Splitten nicht getrocknet werden. Wenn die Rückstände eintrocknen, kollabieren die dünnen Gehäusewände von Sandschalern. Die Arten lassen sich dann nicht mehr bestimmen. Zum Teilen von nassen Proben werden Sedimentations-Probenteiler nach Scott bzw. nach Charrieau, Motodo- oder Folsom-Splitter benutzt.
Zum Auslesen von nassen Proben wird der Rückstand in Petrischalen mit Gittermuster überführt. Vormals lebende Foraminiferen werden unter Wasserbedeckung ausgelesen. Nur leuchtend himbeerrot gefärbte Individuen haben zur Zeit der Probennahme gelebt. Die gefärbten Exemplare werden mit einer dünnen, ausgezogenen Pasteurpipette entnommen und in einer kleinen Petrischale gesammelt. Von dort können sie mit einem feinen Pinsel (Marderhaar, Stärke 000) in Mikrozellen oder kleine Glasgefäße zur langfristigen Aufbewahrung unter Äthanol oder Glyzerin überführt werden.
Foraminiferen werden in Mikrozellen aus Kunststoff oder Pappe aufbewahrt. Die Zellen haben ein transparentes Deckglas, so dass die Foraminiferen mit einem Auflicht-Stereomikroskop betrachtet werden können. In Sammelpräparaten sind alle aus einer Probe ausgelesenen Individuen enthalten. Sie sind regellos angeordnet und nicht fixiert. In Einzelpräparaten sind nur Individuen einer bestimmten Art enthalten. Sie sind in der Regel mit Leim fixiert, in Reihen oder Sektoren angeordnet, so dass verschiedene Größen oder Ansichten verglichen werden können. In Plummerzellen sind alle ausgelesenen Individuen einer Probe enthalten. Sie sind nach Arten sortiert und mit Leim fixiert. Dadurch ist sowohl die Artbestimmung bzw. deren Abgrenzung zu ähnlichen Arten, als auch die Anzahl der Individuen einer Art dokumentiert.
Der Boden einer Mikro- oder Plummerzelle wird vor der Präparation mit einem schwer wasserlöslichen Leim sehr dünn bestrichen. Meist wird Tapetenkleister, Methylhydroxyethylcellulose oder Traganth verwendet. Wenn der Leim eingetrocknet ist, bildet er einen unsichtbaren Film. Foraminiferen werden auf diesem Film mit einem sehr feinen, feuchten Pinsel abgelegt und arrangiert (Marderhaar, Stärke 000). Dadurch quillt der Leimfilm etwas auf. Die Foraminiferen sinken in die Gelschicht ein. Wenn die Feuchtigkeit verdunstet ist, sind die Foraminiferen fixiert. Sie lassen sich mit einem feuchten Pinsel wieder rückstandsfrei ablösen, um sie z.B. an einer anderen Stelle in der Zelle zu platzieren, oder für chemische Analysen oder Aufnahmen mit dem Rasterelektronenmikroskop zu entnehmen.
In der Plummerzelle werden alle Exemplare einer Art in einem oder mehreren angrenzenden Feldern in Reihen angeordnet, mit der jüngsten Kammer nach oben ausgerichtet und anschließend fixiert. Wir beginnen mit den größten Exemplaren der Art und legen die jeweils kleineren Individuen dazu. So fällt die Artunterscheidung leichter. Selbst die kleinsten Individuen kann man zum Schluss noch sicher zuordnen. Anschließend werden die Arten bestimmt und die Individuen gezählt.
Stationsprotokoll für die Probennahme auf Schiffsausfahrten
Beispiel ausgefülltes Stationsprotokoll
(Daten publiziert im Fahrbericht ALKOR 438 [AL438] - Foraminiferal biomonitoring in the North Sea, May 29 - May 31, 2014, Kiel (Germany) - Kiel (Germany). -- GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung, Kiel, 54 pp., doi 10.3289/CR_AL438.)
Beispiel ausgefülltes Laborprotokoll
Beispiel ausgefüllter Zählbogen
(Daten publiziert in: Schönfeld, J. & Mendes, I., 2021.Environmental triggers of faunal changes revealed by benthic foraminiferal monitoring. -- Estuarine, Coastal and Shelf Science, 253, 107313, 16 pp., doi: 10.1016/j.ecss.2021.107313.)