Klimaarchive aus dem Meer
Erst wenn wir die Ozean- und Klimaprozesse der Vergangenheit nachvollziehen können, sind auch begründete Aussagen für die Zukunft möglich. Kontinuierliche und verlässliche instrumentelle Messreihen, selbst von so einfachen Parametern wie Luft- und Wassertemperaturen, gibt es maximal für die letzten 150 Jahre. Viel zu kurz, um Auskunft über langfristige Klimaentwicklungen geben zu können, denn diese spielen sich über Jahrhunderte, Jahrtausende oder gar Jahrmillionen ab. Um an die Daten der Vergangenheit zu gelangen, entnehmen Klimaforscher:innen Proben aus verschiedenen Klimaarchiven der Natur, aus denen die Umweltbedingungen vergangener Zeiten wie Temperatur, Schwankungen des Meeresspiegels oder die Zusammensetzung der Luft und des Ozeans abgeleitet werden können.
Was sind natürliche Klimaarchive?
Je nach verwendeter Probenart sind Information über unterschiedliche Klimaelemente möglich, dabei liefern Baumringe und Korallen Werte über relativ kurze Zeiträume, dafür aber in hoher zeitlicher Auflösung. Eisbohrkerne von Eisschilden oder Gletschern können jährliche Unterschiede bis in die Zeit vor 1 Millonen Jahre wiederspiegeln. Marine Sedimente hingegen zeigen eine sehr grobe zeitliche Auflösung, enthalten aber Klimadaten bis weit in die erdgeschichtliche Vergangenheit zurückreichend.
Am GEOMAR werden sowohl Sedimentkerne wie auch Korallenproben untersucht. Ozeanische Umweltbedingungen werden dabei nicht direkt in Sedimenten oder Korallen gespeichert, sondern müssen aufwändig indirekt über sogenannte Proxies bestimmt werden.
Korallenriffe
kommen nahezu überall in den Flachwasserbereichen der tropischen Ozeane vor. Es sind komplexe Lebensgemeinschaften die hervorragende Archive zur Rekonstruktion vergangener Umweltbedingungen darstellen. Sie erreichen oft ein Alter von mehreren hundert Jahren. Ihr jährliches Wachstum wird in den Dichtebändern dokumentiert und ermöglicht so die Untersuchung geochemischer Parameter in saisonaler Auflösung, die in Zeiten vor der industriellen Entwicklung des 19. Jahrhunderts zurückreichen. Foto: Anna Roik / GEOMAR
Kaltwasserkorallen
Die Verbreitung der Korallenriffe ist nicht nur auf die warmen Tropen beschränkt. Kaltwasserkorallen der höheren Breiten leben nicht wie ihre tropischen Verwandten in Symbiose mit Grünalgen und sind damit licht- und insbesondere weitestgehend tiefenunabhängig. Seit zwei Dekaden weiß man erst, dass Kaltwasserkorallen ebenfalls mächtige Riffkörper bilden und sich an fast allen Kontinentalrändern der Weltmeere in Wassertiefen zwischen 1000 und 40 Metern finden. Kaltwasserkorallen sind ebenfalls ausgezeichnete Umweltarchive. Foto: JAGO-Team/GEOMAR
Eisbohrkerne
von den mächtigen Eisschilden in Grönland und der Antarktis sind exzellente Klimaarchive. Je tiefer eine Jahresschicht im Eis liegt, desto älter und dünner ist sie, da das Gewicht der darüber liegenden Schichten sie zusammendrückt. Bisher sind die längsten Bohrungen im Eis etwas über drei Kilometer tief. Durch Abzählen der Eislagen wurde deutlich, dass die Eisbohrkerne in Grönland 123.000 Jahre und in der Antarktis sogar über 800.000 Jahre in die Erdgeschichte zurückreichen. Foto: Eli Duke, WAIS Divide Field Camp, CC-BY 2.0
Eisbohrkerne
Bei der Analyse der Eisschichten interessieren sich die Wissenschaftler*innen insbesondere für im Eis eingeschlossene kleine Luftblasen. Diese „fossilen“ Luftbläschen sind zuverlässige Archive, die die Zusammensetzung der Atmosphäre vergangener Zeiten wiedergeben. Zusätzlich sind im Eis eingeschlossene Staubpartikel wertvolle Indikatoren, um Veränderungen der atmosphärischen Zirkulation und deren Einfluss auf den Ozean zu rekonstruieren. Foto: CSIRO, CC BY 3.0
Sedimentkerne
Der Meeresboden stellt das größte und am weitesten zurückreichende Klimaarchiv der Erde dar, da sich dort Sedimente langsam, dafür aber kontinuierlich über viele Millionen von Jahren am Meeresboden ablagern. In Bohrkernen können die einzelnen Sedimentschichten wie Blätter eines Buches gelesen werden, das die Klimageschichte der Erde aufzeichnet. Die darin enthaltenen Schalen von Mikrofossilien liefern wichtige Information zu den Ozean- und Klimazuständen vergangener Zeiten. Foto: Jan Steffen/GEOMAR
Video: Die Geschichte des Pazifiks
Die Expedition SO264 Emperor mit dem deutschen Forschungsschiff SONNE hatte das Ziel, die klimatischen und ozeanographischen Verhältnisse des Nordpazifiks in der Vergangenheit zu rekonstruieren. Dafür sammelte das Team mit 38 Forschenden aus elf Nationen unter der Leitung von Prof. Dr. Dirk Nürnberg aus der Forschungseinheit Paläo-Ozeanographie des GEOMAR erstmals durchgängig Sedimentproben in weitgehend unerforschten küstenfernen Regionen entlang der Linie der Emperor-Vulkankette.
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