Jüngster Temperaturanstieg in der Framstraße einmalig in den letzten 2000 Jahren
Anhand von Meeressedimenten konnte nachgewiesen werden, dass die Wassertemperaturen des einströmenden Atlantikwassers in der östlichen Framstraße im Verlauf der vergangenen 2000 Jahre immer wieder um mehrere Zehntel Grad Celsius schwankten. Der jüngste Temperaturanstieg um etwa 2 Grad Celsius in den vergangenen 100 Jahren ist jedoch beispiellos im untersuchten Zeitraum (Abb. 3). Eine solche Erwärmung von Atlantikwasser in der Framstraße hebt sich wesentlich von den Klimaschwankungen der vergangenen 2000 Jahre ab.
Da kontinuierliche meteorologische und ozeanographische Messdaten nur etwa 150 Jahre zurückreichen, werden für die Untersuchung des Klimas der Vergangenheit indirekte Klimaarchive wie zum Beispiel Eisbohrkerne oder Sedimentkerne verwendet. Für die Rekonstruktion der Wassertemperaturen in der Framstraße wurden spezielle Arten von Foraminiferen untersucht. Diese tierischen Einzeller leben in Wassertiefen von 50 bis 200 Metern und bilden während ihres Lebenszyklus Kalkschalen aus. Sterben sie ab, sinken die Schalen auf den Meeresboden, wo sie im Laufe der Zeit von Sediment bedeckt werden (Abb. 2). So bleiben die Schalen als Fossilien im Meeresboden über lange Zeiträume gut erhalten. Da bestimmte Foraminiferen-Arten ganz spezielle Wassertemperaturen bevorzugen, können anhand der im Meeresboden gefundenen Arten und ihres Alters die ozeanischen und klimatischen Bedingungen der Vergangenheit rekonstruiert werden.
Gleichzeitig wurde die chemische Zusammensetzung der fossilen Kalkschalen untersucht, die ebenfalls Rückschlüsse auf Temperaturen in der Vergangenheit zulässt. So konnte anhand zweier unabhängiger Untersuchungsmethoden festgestellt werden, dass es während der jüngsten 2000 Jahre der Erdgeschichte immer wieder deutliche Schwankungen zwischen wärmeren und kühleren Phasen gab (Abb. 3). Besonders kalt war es während der ,Kleinen Eiszeit’, von etwa Mitte des 15. bis ins späte 19. Jahrhundert. Ungewöhnlich viele wärmeliebende Foraminiferenarten, die mit dem Atlantischen Wasser in die Arktis transportiert werden, wurden dagegen in den allerjüngsten Ablagerungen gefunden. Beide Untersuchungsmethoden zeigten übereinstimmend einen Temperaturanstieg von etwa 2 Grad Celsius in den letzten 100 Jahren (Abb 3). Die heutigen Temperaturen des Atlantikwassers in der Framstraße liegen ca. 1,5 Grad Celsius höher als etwa im klimatisch warmen Hochmittelalter. Vieles spricht dafür, dass der beschleunigte Rückgang des Meereises und die in den letzten Jahrzehnten gemessene Erwärmung von Ozean und Atmosphäre in der Arktis unter anderem eine Folge des verstärkten Wärmetransports aus dem Atlantik sind.
Weitere Informationen zum Projekt HOVAG (pdf-Datei)
Literatur
Spielhagen, R.F., K. Werner, S. Aagaard Sørensen, K. Zamelczyk, E. Kandiano, G. Budeus, K. Husum, T. M. Marchitto, M. Hald, 2011: Enhanced Modern Heat Transfer to the Arctic by Warm Atlantic Water. Science, 331, 450-453.
Werner, K., R.F. Spielhagen, D. Bauch, H.C. Hass, E. Kandiano, K. Zamelczyk, 2011: Atlantic Water advection to the eastern Fram Strait - Multiproxy evidence for late Holocene variability. Palaeo3, 308, 264 -276.