Fahrtleiter:
Dr. Birgit Quack
Tel. 0431-600-4206
bquack (a) geomar.de
Geomar
Düsternbrooker Weg 20
24105 Kiel
- Kurzlebige Bromverbindungen im Ozean und ihre Transportwege bis in die Stratosphäre -
Vom Ozean bis in die Stratosphäre ist der Arbeitstitel der Expedition TransBrom-Sonne, die von einem Team aus Meeres- und Atmosphärenchemikern, Biologen und Meteorologen im Oktober 2009 im tropischen Westpazifik durchgeführt wurde. Auf der vom BMBF geförderten Schiffsexpedition, wurde ein aktueller Schwerpunkt der Ozonforschung untersucht, der im letzten Ozongutachten der Weltorganisation für Meteorologie aus dem Jahr 2007 hohe Priorität erhalten hat. Die Expedition war Teil des seit Januar 2009 am IFM-GEOMAR geförderten Projektes „TransBrom“ der Wissenschafts Gemeinschaft Leibniz (WGL) unter Leitung von Prof. Dr. Kirstin Krüger.
Forschung:
Neuen Erkenntnissen zur Folge spielen neben anthropogen emittierten, langlebigen Chlor- und Bromfluorkohlenwasserstoffen (FHKWs), die hauptverantwortlich für den chemischen Ozonabbau in der Stratosphäre sind (z.B. das Ozonloch über der Antarktis) auch natürliche, kurzlebige Halogenkohlenwasserstoffe (Very Short Lived Substances: VSLS) eine Rolle im stratosphärischen Ozonhaushalt. Zum Beispiel wurden in der unteren Stratosphäre höhere Konzentrationen reaktiven Broms gefunden, als durch die Emissionen der langlebigen FHKWs erklärt werden können. Als Hauptverdächtige für dieses Brom gelten insbesondere kurzlebige Bromverbindungen mariner Quellen, allen voran Emissionen von Bromoform (CHBr3) und Dibrommethan (CH2Br2). Stark lokalisierte Quellregionen dieser Verbindungen wurden in Küstennähe und in Auftriebsgebieten des Ozeans identifiziert, wobei die Entstehung dieser Verbindungen im Ozean weitgehend unerforscht ist. Simultane Messungen von VSLS in Atmosphäre und Ozean sind rar, auf wenige Schiffskampagnen beschränkt und werden auf dieser Expedition zum ersten Mal im tropischen Westpazifik durchgeführt. Der tropische Westpazifik ist von besonderer Bedeutung, da dort starke marine Quellen vermutet werden und gleichzeitig der globale Haupteintragsort für Spurengase in die Stratosphäre ist. Damit stellt diese Ozeanregion vermutlich einen bedeutenden Eintragsort für ozeanische Bromverbindungen in die Stratosphäre dar.
Die tropische Tropopausenschicht (Tropical Tropopause Layer: TTL) in ca. 14 -18 km Höhe ist das Eintrittstor für Spurengase in die Stratosphäre, wobei die vorhandenen Studien zur Verweildauer der Spurengase in der TTL große Unsicherheiten zeigen. Mit einem neuartigen konsistenten Transportmodell in der TTL konnte Kirstin Krüger kürzlich eine genauere Aussage über die Verweildauer und die Eintragsorte von Luftmassen in die Stratosphäre machen, wodurch der tat¬säch¬liche Beitrag der Ozeanemissionen verschiedener Quellregionen zum stratosphärischen Brom besser bestimmt werden kann. Dieses Transportmodell wird nach der Expedition auch für die Auswertung der Kampagnendaten genutzt.
Arbeiten während der Reise:
Während des Transits der FS Sonne durch den westlichen Pazifik von Tomakomai auf Hokkaido (Japan: 42°38’ N / 141°37’ E) nach Townsville in Queensland (Australien: 19°11’ S /146°50’ E) wurden eine Vielzahl chemischer und physikalischer Parameter im Oberflächenwasser, sowie in der atmosphärischen Grenzschicht bis hinauf zur Stratosphäre untersucht. Die Fahrt führte durch verschiedene Ozeanregionen der Nord- und der Südhemisphäre, die sich in den Seewassereigenschaften, den Strömungsrichtungen, der Phytoplanktonproduktivität und der atmosphärischen Dynamik unterscheiden (z.B. Kuroshio Front, Nordpazifikwirbel, Warmwasser Becken, Korallenmeer). Das an Bord durchgeführte Arbeitsprogramm umfasste kontinuierliche Meerwasserbeprobungen, die Sammlung diskreter Luftproben, die Aufstiege von Ballonen, die mit verschiedenen Messsonden ausgestattet waren, sowie optische Messmethoden. Die vierundzwanzig Wissenschaftler des IFM-GEOMAR, AWI Bremerhaven/Potsdam, Deutschen Wetterdienstes, der Universität Bremen und Heidelberg nahmen zusätzlich zu ihrem eigenen Messprogramm Proben, die von Partnern der Universitäten Hamburg, Frankfurt, Norwich und Utrecht, sowie für die „Rosenstiel School of Marine and Atmospheric Sciences“ in Miami nach der Reise analysiert werden.
Zehn hochsensible VSLS wurden an Bord mit einem Gaschromatographie/ Massenspektrometriesystem direkt gemessen. Auch Dimethylsulfid, Lachgas, Kohlendioxid und Sauerstoff wurden aus dem Oberflächenwasser sofort bestimmt. Als biologische Parameter wurden organischer Kohlenstoff -und Stickstoff sowie Pigmente, die Zellgröße und Anzahl kleiner Zellen und die Zusammen¬setzung und die Aktivität des Phytoplankton untersucht. Die optischen Eigenschaften des Meerwassers und seiner Inhaltsstoffe wurden als Referenzspektren und für die Validation von Satellitendatenauswertung und Modellen zur Zusammensetzung, Verteilung und Produktivität von Phytoplankton gemessen. In diskreten Luftproben werden mehr als fünfzig anthropogene und natürliche Spurengase, Isotope, Aerosole, Wasserstoff aus der marinen Grenzschicht analysiert. Atmosphärische Profile von Temperatur, Feuchte und verschiedenen Spurengasen (z.B. Ozon, Wasserdampf, Stickoxide, Bromoxid, Kohlenmonoxid und organische Photooxidationsprodukte) wurden mit optischen Methoden und durch Ballonaufstiege untersucht.
Ziele:
Die Ergebnisse der Expedition werden das Verständnis der gegenwärtigen und zukünftigen stratosphärischen Halogenbelastung und Ozonabnahme verbessern. Neben den Emissions- und Transportbestimmungen erwarten wir durch die gemeinsame Erfassung und Auswertung der Vielzahl an Parametern neue Erkenntnisse über die ozeanischen (z.B. bestimmte Gruppen von Pytoplankton als Spurengasproduzenten) und atmosphärischen Quellen der VSLS Verbindungen. Hierbei werden insbesondere die physikalischen Rückkopplungen zwischen den chemischen Emissionen der marinen VSLS und den Transportprozessen in der Atmosphäre untersucht. Damit trägt die Schiffsexpedition auch zu den Zielen des neuen EU-Projektes SHIVA (Stratospheric ozone: Halogen Impacts in a Varying Atmosphere) bei, dass unter Beteiligung des IFM-GEOMAR im 7. Rahmenprogramm der Europäischen Union gefördert wird.
Fahrtleiterin:
Dr. Birgit Quack
Leibniz-Institut für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR)
Marine Biogeochemie
Chemische Ozeanographie
Düsternbrooker Weg 20
24105 Kiel
Die Kurzfassung der Expedition als pdf
Links:
EU-Projekt SHIVA: http://shiva.iup.uni-heidelberg.de/
FS Sonne: www.rf-bremen.de/sonne.php
Phytooptics: http://www.awi.de/en/go/phytooptics/