SO208 Plumeflux

Einleitung und Zielsetzung

Das Projekt PLUMEFLUX- Ausbreitung von Galápagosplumematerial im äquatorialen Ostpazifik begann mit einer Expeditionsreise auf dem deutschen Forschungsschiff SONNE (http://www.rf-bremen.de/sonne.htmlhttp://www.bgr.de/fs_sonne/). Vom 15. Juli bis 29. August 2010 wurden in zwei Fahrtabschnitten Seamounts vor Costa Rica und Nicaragua (Abb. 1, Leg 1, blauer Bereich) beprobt und Flachbohrungen im östlichen Bereich des Cocos-Nazca-Spreizungszetrums (CNS) (Abb. 1, Leg 2, roter Bereich) durchgeführt. Das multidisziplinäre Forschungsprojekt (Vulkanologie, Petrologie, Geochemie, Biologie, Sedimentologie) zielte dabei schwerpunktmäßig:

     
  1. auf ein besseres Verständnis der Transportprozesse und Ausbreitung von Plumematerial im oberen Mantel,
  2.  
  3. auf eine bessere Charakterisierung der Variationen der Zusammensetzung des Materialeintrages in der Mittelamerikanischen Subduktionszone
  4.  
  5. auf eine Rekonstruktion der geodynamischen Entwicklung des zentralen Ostpazifiks
  6.  
  7. sowie auf eine genaue Aufnahme der Biodiversität und Zoogeographie in diesem Gebiet ab.

Die Ausfahrt war in zwei Fahrtabschnitte (Leg 1 und Leg 2) unterteilt. Vom 15. bis 27. Juli 2010 wurden im Gebiet 250 – 500 km nordwestlich des Cocosrückens auf der am Ostpazifischen Rücken (East Pacific Rise – EPR) gebildeten Cocosplatte Kartierungen und Hartgesteinsproben mit Kettensackdredgen an Seamounts und Störungsflächen, sogenannte „Bend Faults“ (= Extensionsverwerfungen, die entstehen, wenn die Platte sich vor einer Subduktionszone biegt) durchgeführt. Ziel war es zu klären, ob die Seamounts als „off-axis“ Seamounts am EPR oder als jüngere Intraplattenvulkane (Vulkanismus innerhalb von Erdplatten) entstanden sind. 

Auf dem zweiten Fahrtabschnitt vom 30. Juli bis 29. August 2010 standen die detaillierte Kartierung und Beprobung mehrerer Querprofile zum Cocos-Nazca-Spreizungszentrum im Bereich zwischen 86°W und 92°W im Mittelpunkt. Der Fokus der Untersuchungen lag dabei auf der genaueren Erforschung der Interaktion des Galápagosplumes mit dem CNS. Das durch die Bohrungen gewonnene Material wurde geochemisch analysiert, um zeitliche Variationen bei der Migration von Plumematerial zu erfassen. In diesem Zusammenhang waren folgende Fragestellungen von Interesse: 

     
  1. inwieweit der Transport von Plumematerial in Pulsen verläuft und ob diese Pulse systematische Frequenzen und Amplituden aufweisen 

    und
  2.  
  3. in welchem Maß sich die zeitlichen Variationen an der heutigen Rückenachse mit den (vertikalen) zeitlichen Unterschieden der Bohrung 504, ODP Leg 111 bei ca. 6 Ma vergleichen lassen.

Die Profilbohrungen erfolgten mit dem „Rockdrill 2" System des British Geological Survey (BGS), welches bis zu 15 m tief bohren kann und bis zu einer Wassertiefe von 3000 m einsetzbar ist.

 

Geologischer Hintergrund

Das Galápagosarchipel wird als das Ergebnis der Aktivität eines so genannten Mantelplumes angesehen. Dabei steigt heißes Material, vermutlich von einer Grenzfläche wie der Kern-Mantel-Grenze, bis zur Erdkruste auf, woraus eine Aufwölbung der Kruste und starker Vulkanismus resultieren. Tritt der Vulkanismus im Ozean auf, können sich Vulkaninseln bilden wie z.B. Galápagos, Hawaii oder die Kanarischen Inseln. Da ein Mantelplume, auch Hotspot genannt, als relativ stationär angesehen wird und sich die ozeanische Platte darüber bewegt, wandern die Vulkaninseln über Jahrtausende bis Jahrmillionen von diesem weg, was bedingt, dass die vulkanische Aktivität abnimmt und der Vulkan langsam erlischt (Abb. 2). 

Im Gegenzug entsteht über dem Hotspot ein neuer Vulkan. Auf diese Art und Weise bilden sich Ketten von Vulkanen, die als Hotspotspur bezeichnet werden. Im Fall von Galápagos gibt es eine Interaktion des Hotspots mit einem Spreizungszentrum. Nördlich der Galápagos-Inselgruppe befindet sich das Cocos-Nazca-Spreizungszentrum (CNS), an welchem sich die zwei tektonischen Platten Cocos und Nazca auseinander bewegen. Seit mindestens 20 Ma beeinflusst der Galápagoshotspot nachweislich das CNS. Das Resultat sind zwei Hotspotspuren, die sich entsprechend der Lage des Spreizungszentrums zum Hotspot entwickelten. Auf der Cocosplatte bildete sich der Cocosrücken, auf der Nazcaplatte der Carnegierücken (Abb. 3).

Diese beiden Spuren weisen sowohl in ihrer Morphologie als auch in der geochemischen Zusammensetzung Unterschiede auf, was als das Resultat eben dieser Positionierung des Spreizungszentrums zum Hotspot gesehen wird und nicht eine Variation der geochemischen Zusammensetzung des Galápagoshotspots widerspiegelt. Das Galápagosplumematerial ist durch eine asymmetrische, langzeitige geochemische Zonierung (Abb. 4) gekennzeichnet (Hoernle et al., 2000; Werner et al., 2003; Geldmacher et al., 2003).

Drei geochemisch angereicherte Provinzen (nördliche, zentrale und südliche Provinz) umschließen hufeisenartig eine verarmte MORB-ähnliche „östliche Provinz“ (MORB = MittelOzeanische RückenBasalte) (z.B. White et al., 1993; Hoernle et al., 2000). Aufgrund der systematischen räumlichen Anordnung der inkompatiblen Spurenelement- und Sr-Nd-Pb-Hf-Isotopen–Korrelation können sowohl das Material des Galápagoshotspots eindeutig identifiziert, als auch Transportmechanismen rekonstruiert werden. 

Ähnlich wie in anderen Hotspot-Systemen unserer Erde (Hawaii, Kanaren) wird auch beim Galápagoshotspot davon ausgegangen, dass sich Plumematerial über größere Bereiche im Mantel ausbreitet. Vorangegangene Arbeiten (u.a. SO144-3 Paganini; SO 158 MEGAPRINT) geben verschiedene Hinweise, dass weite Teile des äquatorialen Ostpazifiks durch Material des Galápagoshotspots beeinflusst werden. Welche Prozesse dabei eine Rolle spielen, ist aber bisher noch ungeklärt. Sowohl an der Küste Costa Ricas und Panamas als auch bei Bohrungen südlich des Costa-Rica-Rift treten Gesteine auf, die Galápagossignaturen in ihrer chemischen Zusammensetzung aufzeigen. Zusätzlich kommen innerhalb der Cocos- und Carnegierücken-Hotspotspuren anomal junge Laven vor, welche ebenfalls die geochemischen Charakteristika der Galápagosmagmen präsentieren (O´Connor et al., 2007). Bemerkenswert ist, dass diese Laven nicht die geochemische Elementverteilung der Zonierung der Hotspotspuren aufweisen. Dies deutet darauf hin, dass es sich nicht um an der Basis der Platte mitgeschlepptes Material handelt, sondern andere Mechanismen für einen nachträglichen Transport in die jeweiligen Bereiche verantwortlich sind.

 

Biologie

Ziel der vom Naturkundemuseum Berlin durchgeführten biologischen Arbeiten ist eine möglichst umfassende Erhebung bestimmter Schlüsselgruppen der ostpazifischen Benthosfauna, um Hypothesen zur Evolution, Funktion/Interaktion und Ausbreitung dieser Tiere zu überprüfen. Die biologischen Untersuchungen konzentrieren sich auf zwei Hauptaspekte:

     
  1. Biodiversität: Vertreter von Schlüsselgruppen wie Kinorhyncha, Loricifera und Brachiopoda werden identifiziert bzw. als neue Arten beschrieben. Es werden morphologische Merkmale herausgearbeitet, die für die Verwandtschaftsanalyse und damit für die Aufdeckung potentieller Radiationen von Bedeutung sind.
  2.  
  3. Zoogeographie: Ein Vergleich der Artenspektren im Flachwasser, auf Seamounts und in der Tiefsee unter Berücksichtigung abiotischer Parameter sollte ein Verteilungsmuster erkennen lassen, welches zusammen mit phylogenetischen Analysen geeignet ist, Radiationsereignisse (= Aufspaltung von Arten in neue Arten) oder wiederholte Besiedlung der Tiefsee und deren mögliche Ursachen aufzudecken.

 

Den Fahrtbericht der Forschungsfahrt SO-208 finden Sie hier (10.6 MB in Englischer Sprache).

 

Verantwortlich: Prof. Kaj Hoernle (Projektkoordinator), Dr. Reinhard Werner und Dr. Folkmar Hauff

wissenschaftliche Bearbeitung: M.Sc. Antje Herbrich

gefördert durch: BMBF

Förderzeitraum: 06.2010 - 08.2012

Kooperationspartner:

Dr. Carsten Lüter, Dr. Birger Neuhaus; Museum für Naturkunde der Humboldt-Universität zu Berlin, Invalidenstr. 43, D-10115 Berlin (http://www.naturkundemuseum-berlin.de/).
Dr. Craig Lundstrom; Department of Geology, University of Illinois, Urbana, IL  61801, U.S.A. (http://www.geology.uiuc.edu/).
Dr. Scott White; Dept. of Earth and Ocean Sciences, University of South Carolina, 701 Sumter Street, EWS 617, Columbia, SC 29208, U.S.A. (http://www.cas.sc.edu/geol/index.htm).
Dr. John Sinton; Department of Geology and Geophysics, University of Hawai‘i at Mānoa, 1680 East-West Road, Honolulu, HI  96822, U.S.A. (http://www.soest.hawaii.edu/).
Dr. Dennis Geist; Department of Geological Sciences, University of Idaho, 825 West 7th Street, Moscow, ID 83844-3022, U.S.A. (http://www.geology.uidaho.edu).
Dr. Karen Harpp; Department of Geology, Colgate University, 13 Oak Drive, Hamilton, NY 13346, U.S.A. (http://departments.colgate.edu/geology/).
Dr. Paul van den Bogaard; FB4 – Dynamik des Ozeanbodens, Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung, Wischhofstr. 1-3, 24148 Kiel, (http://www.geomar.de).
Dr. Dieter Garbe-Schönberg; Institut für Geowissenschaften, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Ludewig-Meyn-Straße 10, 24118 Kiel, (http://www.ifg.uni-kiel.de).

 

Referenzen

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Vorangegangene Veröffentlichungen resultierend aus den FS Sonne Ausfahrten SO107, 144-3, and 158

Christie D, Werner R, Hauff F, Hoernle K, Hanan B (2005) Morphological and geochemical variations along the eastern Galápagos Spreading Center, Geochem. Geophys. Geosyst., 6, no , Q01006, doi:10.1029/2004GC000714.

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