Themenfeld 3: Marine Biodiversität und Ökosystemevolution
Sprecher: Prof. Dr. Thorsten Reusch
(Vertreter: Prof. Dr. Ulrich Sommer)
Mission:
Die biologische Vielfalt der Ozeane reguliert die marinen Ökosysteme und steuert biogeochemische Stoffkreisläufe. Ein tieferes Verständnis der bestehenden Biodiversität und der mit ihr verbundenen Prozesse sowie Reaktionen auf Umweltstörungen ist notwendig, um zukünftige Veränderungen vorherzusagen und Leitfäden zu einer nachhaltigen Nutzung biologischer Ressourcen zu liefern.
Motivation und Herausforderungen
Die biologische Vielfalt in den Weltmeeren ist immer noch wenig bekannt, vor allem in kaum erforschten Gebieten wie den tropischen Ozeanen und der Tiefsee. Die Ökosysteme der Ozeane stehen dabei unter vielfältigen Belastungen, die gemeinhin unter dem Begriff "Globaler Wandel" zusammengefasst werden. Dazu gehören globale (z.B. Erwärmung, Versauerung der Ozeane, Überfischung) und weitverbreitete regionale (Eutrophierung, toxische Verschmutzung, invasive Arten, Hypoxie) anthropogene Belastungen, die mit den Belastungen aus natürlichen Veränderungen zusammenwirken. Gleichzeitig wächst unser Bedarf an biologischen Ressourcen. Fische und andere Lebewesen werden zunehmend auch aus bisher nicht zugänglichen Bereichen der Meere erbeutet, während eine Vielzahl von Genen, molekularen Strukturen und Substanzen in marinen Organismen für medizinische und technische Anwendungen erkundet wird.
Die verschiedenen Belastungen für die Ozeanökosysteme wirken nicht isoliert sondern synergetisch. Daher kann die kombinierte Wirkung mehrerer Faktoren nicht aus Studien zu einzelnen Faktoren vorhergesagt werden. Die Auswirkungen auf einzelne Arten erlauben somit auch nicht, Effekte auf ganze Lebensgemeinschaftenzu projizieren. Ebenso ist Vorhersage zukünftiger Zustände von Ökosystemen nicht möglich, ohne die möglichen evolutionären Veränderung bei Umwelttoleranzen und spezifischen Anforderungen einzelner Arten zu berücksichtigen. Die derzeitigen Bemühungen der Forschung zum globalen Wandel müssen daher eine größere Zeitspanne (zur Berücksichtigung der Evolution) und die kombinatorische Wirkung von mehreren Belastungen berücksichtigen.
Marine Ökosysteme liefern viele Funktionen wie primäre Produktivität, Bereitstellung von dreidimensionalen physischen Strukturen (z.B. Riffe), Kohlenstofffixierung und Nährstoffspeicherung, jeweils abhängig von der Genom-, Arten- und Funktionsgruppenvielfalt, die auch die Grundlage für biogeochemische Stoffkreisläufe bilden [Verbindung zu Themenfeld 2]. Reaktionen von Ökosystemfunktionen auf Belastungen können schrittweise und / oder reversibel sein oder aus nur schwer rückgängig zu machenden Regimeveränderungen bestehen. Themenfeld 3 wird die biologische Vielfalt der Meere daher von zwei Seiten beleuchten – auf der einen Seite die Bedeutung der Artenvielfalt für die Ökosystemfunktionen, auf der anderen Seite die Betrachtung der Folgen von anhaltenden Störungen auf ebendiese Vielfalt.
Übergeordnete Forschungsthemen sind:
- Welche Mechanismen steuern die Artenvielfalt und die Zusammensetzung der Artengemeinschaften und wie werden diese durch den anhaltenden globalen Wandel in Zeit und Raum beeinflusst?
- Wie wirken sich Veränderungen in der marinen Artenvielfalt auf die Ökosystemfunktionen aus?
- Wie werden spezielle physiologische Reaktionen, evolutionäre Anpassung und Änderung der Artenzusammensetzung mit der grundsätzlichen Reaktion der Ökosysteme auf den globalen Wandel interagieren?
Als übergreifendes Forschungsthema wird die künftige Nutzung der biologischen Meeresressourcen einschließlich der genetischen / genomischen Ressourcen und natürlichen Substanzen angesehen. Wie können wir diese Ressourcen durch ein verbessertes Verständnis der Biologie der jeweiligen Arten nachhaltiger nutzen, und dabei die damit verbundenen Auswirkungen auf Populationsgrößen, biologische Vielfalt und betroffenen Lebensräume minimieren?
Weitere Informationen sind auf der englischsprachigen Seite verfügbar.