Im September 2014 liefert das Kieler Forschungsschiff POSEIDON Meerwasser für das Heidelberger Aeolotron. Foto: M. Sperling, GEOMAR
Mit Blick auf die winderzeugten Wellen am Aeolotron diskutieren (von links nach rechts) Dr. Mariana Ribas Ribas (Universität Oldenburg), Dr. Anke Nölscher (Max-Planck-Institut für Chemie, Mainz) und Jakob Kunz (Universität Heidelberg). Foto: Kerstin Krall, Institut für Umweltphysik, Universität Heidelberg

20.000 Liter aus dem Meer

Erstes Gasaustausch-Experiment mit Meerwasser im Heidelberger Aeolotron

27.11.2014/Kiel. Mehr als zwei Drittel der Oberfläche unseres Planeten sind mit Ozeanen bedeckt. Die Fläche, an der Meerwasser und Atmosphäre aufeinander treffen ist also gewaltig. An der Grenzfläche zwischen diesen beiden wichtigen Teilen des Systems Erde spielen sich Austauschprozesse ab, die bestimmen, wie viel Wärme, Gase und flüchtige Stoffe durch die Ozeanoberfläche transportiert werden, und wie stark der Wind die Ozeanströmungen anschiebt. Doch trotz ihrer Bedeutung für das Klima oder die Ozeanströmungen sind diese Austauschprozesse bisher nur bruchstückhaft verstanden. Um sie besser zu kennen zu lernen, führt das vom Bundesforschungsministerium geförderte Verbundprojekt SOPRAN („Surface Ocean Processes in the Anthropocene“) derzeit am Institut für Umweltphysik der Ruprecht-Karl-Universität Heidelberg einen einmonatigen Großversuch durch. Dort steht mit dem Heidelberger Aeolotron einer der größten und modernsten ringförmigen Wind-Wellen-Versuchkanäle weltweit. Für den aktuellen Versuch wurde der Versuchskanal, der einen Durchmesser von zehn Metern hat, erstmals mit 20.000 Litern Meerwasser befüllt. Dieses Wasser hatte das Forschungsschiff POSEIDON des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel im September in 50 Meter Tiefe in der Nordsee  gesammelt. „In einen Tanklastzug haben wir es dann nach Heidelberg transportieren lassen, um im Aeolotron erstmalig Studien mit natürlichem Meerwasser zu ermöglichen“, erklärt Prof. Dr. Anja Engel vom GEOMAR, die im Rahmen von SOPRAN an dem Versuch beteiligt ist.

Bei den Untersuchungen in Heidelberg geht es vor allem um die weniger als einen Millimeter dicken viskosen Grenzschichten auf beiden Seiten der Wasseroberfläche. In ihnen dominieren langsame molekulare Transportprozesse. Die Dicke dieser Grenzschichten, und damit die Schnelligkeit des Transports von Gasen, Wärme und Impuls, wird durch diejenigen Umweltparameter beeinflusst, die oberflächennahe Turbulenz generieren oder unterdrücken. Diese Parameter sind unter anderem der Wind, das Wellenfeld und Anreicherung von oberflächenaktiven Substanzen an der Wasseroberfläche. „Die genauen Zusammenhänge zwischen diesen Parametern und der Geschwindigkeit des Transports sind bis heute unklar“, betont Professorin Engel.

Die beteiligten Wissenschaftler wollen verstehen, in welchem Ausmaß natürliche Oberflächenfilme - und damit die biologische Aktivität - den Austausch von Wärme, Gasen und flüchtigen Stoffen zwischen der Atmosphäre und dem Meer beeinflussen und wie sich diese Effekte quantifizieren lassen. Weiterhin wird erforscht, in welchem Ausmaß sich organische Substanzen, die sich an der Wasseroberfläche anreichern, in dem durch brechende Wellen und an der Wasseroberfläche platzende Blasen erzeugten Aerosol wiederfinden lassen. „Dank der kontrollierten Bedingungen im Aeolotron können wir Daten gewinnen, die auf offener See so nicht möglich sind“, sagt Anja Engel.

An dem interdisziplinären Experiment sind Umweltphysiker, Bildverarbeiter, Chemiker, Meeresbiologen und Ozeanographen beteiligt, darunter Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Chemie in Mainz,  des GEOMAR Helmholtz Zentrum für Ozeanforschung Kiel, des Instituts für Chemie und Biologie des Meeres der Universität Oldenburg, des Instituts für Ostseeforschung Warnemünde, des Leibniz-Institut für Troposphärenforschung in Leipzig, der Universität Manchester, des französischen CRNS, sowie des Instituts für Umweltphysik der Universität Heidelberg.



Kontakt:
Prof. Dr. Anja Engel (GEOMAR, FB2 – Biologische Ozeanographie) aengel(at)geomar.de

Jan Steffen (GEOMAR, Kommunikation und Medien), 0431 600 2811, jsteffen(at)geomar.de

Im September 2014 liefert das Kieler Forschungsschiff POSEIDON Meerwasser für das Heidelberger Aeolotron. Foto: M. Sperling, GEOMAR
Im September 2014 liefert das Kieler Forschungsschiff POSEIDON Meerwasser für das Heidelberger Aeolotron. Foto: M. Sperling, GEOMAR
Mit Blick auf die winderzeugten Wellen am Aeolotron diskutieren (von links nach rechts) Dr. Mariana Ribas Ribas (Universität Oldenburg), Dr. Anke Nölscher (Max-Planck-Institut für Chemie, Mainz) und Jakob Kunz (Universität Heidelberg). Foto: Kerstin Krall, Institut für Umweltphysik, Universität Heidelberg
Mit Blick auf die winderzeugten Wellen am Aeolotron diskutieren (von links nach rechts) Dr. Mariana Ribas Ribas (Universität Oldenburg), Dr. Anke Nölscher (Max-Planck-Institut für Chemie, Mainz) und Jakob Kunz (Universität Heidelberg). Foto: Kerstin Krall, Institut für Umweltphysik, Universität Heidelberg