Annette Barthelt-Stiftung setzt Zeichen für die Meeresforschung
Wissenschaftliche Preise 2023 ehren Meereswissenschaftlerinnen für Forschung zu Ökosystemgrenzen sowie Wechselwirkungen von Ozean und Atmosphäre
Bei der Explosion eines Sprengsatzes in einem Café kamen am 18. März 1987 in der afrikanischen Hafenstadt Dschibuti 13 Menschen ums Leben, darunter vier junge Meeresforschende vom damaligen Kieler Institut für Meereskunde (IfM). Annette Barthelt, Daniel Reinschmidt, Marco Buchalla und Hans-Wilhelm Halbeisen überlebten den Anschlag nicht, weitere Wissenschaftler:innen wurden schwer verletzt. Zum Zeitpunkt des Attentats wartete die Gruppe auf den Start ihrer Expedition – am nächsten Morgen wollten sie mit dem Forschungsschiff METEOR in den Indischen Ozean auslaufen.
„Bis heute sind die verstorbenen Meeresforschenden unvergessen“, betont Professor Dr. Arne Körtzinger, Professor für Marine Biogeochemie am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel und 1. Vorsitzender der Annette Barthelt-Stiftung. „Nur in internationalem Zusammenwirken kann es gelingen, einen gesunden und funktionalen Ozean zu erhalten. Mit unserer Stiftung halten wir das Gedenken an die Wissenschaftler:innen hoch und setzen gleichzeitig ein starkes Zeichen für eine offene und kollaborative Meeresforschung in friedlicher Zusammenarbeit.“
In Erinnerung an die Opfer des Anschlags gründeten Überlebende und Angehörige die Annette Barthelt-Stiftung e.V. Sie prämiert seit 1990 jährlich herausragende Master- und Doktorarbeiten im Bereich schiffsgestützter Meeresforschung. „Mit dem Annette-Barthelt-Preis zeigen wir jungen Talenten: Eure Forschung leistet einen bedeutenden Beitrag, um das System Ozean in Zukunft noch besser zu verstehen“, so Professor Körtzinger.
„Den Ozean vom Meeresboden bis in die Atmosphäre zu erforschen ist eine große Aufgabe – und die beiden Preisträgerinnen haben dazu hervorragende Beiträge geleistet. Zur Auszeichnung mit dem Annette-Barthelt-Preis gratuliere ich den Forscherinnen herzlich. Ein großer Dank geht auch an die Stiftung, die erneut verdeutlicht, wie sehr Wissenschaft Kooperation und globalen Zusammenhalt benötigt, um exzellente Fortschritte erzielen zu können“, betont GEOMAR-Direktorin Professorin Dr. Katja Matthes.
Die Preisträgerinnen des Annette-Barthelt-Preis 2023:
Dr. Cora Hörstmann hat in ihrer Doktorarbeit die mikrobielle Aktivität und Artenvielfalt in verschiedenen Meeresgebieten untersucht. Der Titel ihrer Arbeit lautet „Marine microbes on the map: Defining spatial scales of functional microbial biogeography in the ocean“ (Marine Mikroorganismen auf der Landkarte: Räumliche Skalen funktioneller mikrobieller Biogeographie im Ozean). Dazu hat sie genetische Untersuchungen im Oberflächenwasser des Atlantischen und Indischen Ozeans sowie in arktischen und subarktischen Fjorden durchgeführt. Dr. Cora Hörstmann konnte durch ihre Forschung marine Ökosystemgrenzen besser auflösen oder teilweise anhand von Veränderungen der mikrobiellen Artenzusammensetzung überhaupt erst sichtbar machen. Betreut wurde sie von Professorin Dr. Anya Waite an der Dalhousie University, Kanada, und Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar und Meeresforschung (AWI), Dr. Uwe John vom AWI und Professor Dr. Matthias Ullrich von der Jacobs Universität Bremen. Die Meeresforscherin engagiert sich ehrenamtlich für internationale und interdisziplinäre Zusammenarbeit im Rahmen der Dekade der Meeresforschung für Nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen und arbeitet zurzeit als Post-Doktorandin am Mediterranean Institute of Oceanography (MIO) in Frankreich.
Anna Christina Hans beschäftigte sich in ihrer Masterarbeit mit den Wechselwirkungen von Ozean und Atmosphäre und deren Auswirkungen auf den Tagesgang in den oberen 15 Metern des Ozeans. Die Arbeit mit dem Titel „Diurnal cycle of near-surface shear, stratification and mixing in the equatorial Atlantic“ (Tagesgang der oberflächennahen Scherung, Schichtung und Durchmischung im äquatorialen Atlantik) wurde am GEOMAR von Professor Dr. Peter Brandt und Professor Dr. Martin Claus betreut. Ihre Daten gewann Anna Christina Hans im Rahmen einer Forschungsfahrt in den äquatorialen Atlantik. Dort setzte sie verschiedene Drifter aus, die Meeresströmungen vermessen. Zusammen mit Winddaten und weiteren Unterwegsmessungen, die während der Forschungsfahrt gewonnen wurden, konnte sie den Tagesgang von Temperatur, Schichtung, Stromscherung und Vermischung am Äquator entschlüsseln. So konnte sie zeigen: Der Tagesgang im obersten Meter des Ozeans und die dadurch verursachte Wechselwirkung zwischen Strömung und Wind haben einen großen Einfluss auf den Eintrag von Windenergie in den Ozean. Anna Christina Hans war nach ihrer Masterarbeit für mehrere Monate zu einem Gastforscheraufenthalt am Laboratory for Studies in Geophysics and Spatial Oceanography, (LEGOS IRD), Toulouse in Frankreich und plant die Aufnahme einer Doktorarbeit am GEOMAR.