Auf Augenhöhe globale Umweltgerechtigkeit vermitteln
Kieler Humangeographin Silja Klepp lehrte in Cabo Verde im vom GEOMAR koordinierten WASCAL-Programm für westafrikanische Masterstudierende
Ein wesentlicher Bestandteil des Curriculums des WASCAL-Masterstudiengangs sind Lehrmodule mit lokalen sowie internationalen Expert:innen. Sie vermitteln den 13 Studierenden der aktuellen Kohorte verschiedene Lehr- und Forschungsinhalte, darunter auch der dreitägige Kurs zum Thema Umweltgerechtigkeit.
Professorin Klepp gab darin zunächst Einblicke in die sozialen Dimensionen von Umweltkonflikten, in ein besseres Verständnis von Mensch-Umwelt-Beziehungen sowie in sozialwissenschaftliche Forschungsmethoden. Ein weiterer Schwerpunkt lag auf der interdisziplinären Kommunikation und Zusammenarbeit. „Der plurale Ansatz der Umweltgerechtigkeit bezieht unterschiedliche Perspektiven ein. Dies ist entscheidend für die Analyse von Beziehungen und Konflikten zwischen Menschen und ihrer Umwelt, vor allem mit Hinblick auf mögliche postkoloniale Strukturen“, sagt Klepp, die am Geographischen Institut der CAU vor allem zu Klima- und Umweltgerechtigkeit sowie zur Nutzung von Küstenräumen aus gesellschaftlicher Perspektive forscht. „Die Lehrtätigkeit in Cabo Verde ist daher für mich sehr wertvoll. Es ist auch ein Versuch, Bildung zu entkolonialisieren und ein gemeinsames Suchen von Formaten für eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe mit den Studierenden“, so die Humangeographin.
An den folgenden zwei Tagen forschten die Studierenden selbst zum Thema Umweltgerechtigkeit. Sie beschäftigten sich unter anderem mit der Entsalzung von Meerwasser in Cabo Verde und ihren Auswirkungen auf die Umwelt, dem Schutz der marinen und küstennahen Lebensräume von Meeresschildkröten auf Sao Vicente, der wirtschaftlichen Nutzung und Zerstörung von Mangroven in Benin und Guinea sowie der Ölverschmutzung im Golf von Guinea. Zum Abschluss präsentierten sie ihre Ergebnisse, die auch von WASCAL-Studiengangsleiterin Professorin Dr. Corrinne Almeida verfolgt wurden. „Die Studierenden sind erst Ende 2023 gestartet und ich bin schon jetzt beeindruckt, mit welchem Selbstbewusstsein und Engagement die Kohorte die vielfältigen Inhalte verinnerlicht“, so die biologische Ozeanographin von der kapverdischen Partneruniversität UTA.
Masterprogramm in vollem Gange
Auch in Zukunft sehen Professorin Klepp, Professor Körtzinger und Professorin Almeida viel Potenzial für die Zusammenarbeit im marinen WASCAL-Masterprogramm. Bereits die 4. Kohorte durchläuft das im Jahr 2019 gestartete Programm. Bachelorabsolvent:innen aus insgesamt zwölf westafrikanischen Ländern können sich in ihren jeweiligen Ländern um ein Stipendium bewerben und nach erfolgreicher Auswahl und einem gemeinsamen mehrmonatigen Sprachkurs für knapp zwei Jahre in Mindelo leben.
Der Studiengang umfasst neben den Lehrveranstaltungen und praktischen Kursen auch einen wissenschaftlichen Aufenthalt für ihre Masterarbeiten sowie die zweiwöchige, seegehende Ausbildungskomponente „Floating University“, die am GEOMAR koordiniert wird. Seit nahezu 20 Jahren pflegt das GEOMAR eine langjährige, enge und partnerschaftliche Kooperation mit Cabo Verde und betreibt gemeinschaftlich mit dem Instituto do Mar (IMar) seit 2017 das Ocean Science Centre Mindelo (OSCM). Auch im gemeinsamen meereswissenschaftlichen Nachwuchsförderprogramm „Foster Young Ocean Researcher Development“ (FYORD) zwischen Uni Kiel und GEOMAR wird die enge Zusammenarbeit mit dem westafrikanischen Inselstaat gestärkt.
Hintergrundinformationen über das WASCAL-Masterprogramm “Klimawandel und Meereswissenschaften”:
Das „West African Science Service Centre on Climate Change and Adapted Land Use“ (WASCAL), gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) ist ein groß angelegtes, forschungsorientiertes Klimadienstleistungszentrum, das dazu beitragen soll, diese Herausforderung zu bewältigen und dadurch die Widerstandsfähigkeit der menschlichen und ökologischen Systeme gegenüber dem Klimawandel und den zunehmenden Schwankungen zu verbessern. Dies geschieht durch die Stärkung der Forschungsinfrastruktur und -kapazitäten in Westafrika in Bezug auf den Klimawandel und durch die Bündelung des Fachwissens von zwölf westafrikanischen Ländern und Deutschland.
Das WASCAL Programm für Hochschulabsolventinnen und -absolventen unterstützt und fördert die akademische Ausbildung an westafrikanischen Universitäten zum Klimawandel und zum Umgang mit den Auswirkungen auf Land- und Meeresnutzung in Afrika in Zusammenarbeit mit deutschen Partnerinstitutionen. Der Schwerpunkt der Aktivitäten liegt auf der Ausbildung von Promovierenden und Masterstudierenden. Der im Jahr 2019 gestartete zweijährige WASCAL-Masterstudiengang “Klimawandel und Meereswissenschaften” wird an der Partneruniversität Universidade Técnica do Altantico (UTA) im kapverdischen Mindelo von Professorin Corrine Almeida koordiniert. Das GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel hat den Aufbau eng begleitet und bindet das Programm sowie die Studierenden in aktuelle Forschungsvorhaben in der Region mit ein. Dozierende der Kieler Universität mit ihrem Forschungsschwerpunkt Kiel Marine Science (KMS) sind in die Lehre vor Ort involviert.
Im Masterstudiengang erlernen Studierende aus Westafrika wissenschaftliche und akademische Fähigkeiten in den Bereichen Klima, Meereswissenschaften und Management sowohl auf internationaler als auch auf regionaler Ebene. So bereiten sie sich auf ein anschließendes Postgraduiertenstudium oder eine berufliche Laufbahn beispielsweise im Umwelt-Management oder in der Industrie, in Beratungsunternehmen oder Regierungsbehörden vor. 2021 wurde das WASCAL-Masterprogramm auf Cabo Verde als Aktion der Dekade der Ozeanforschung für Nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen ausgewählt. An der Premiere der „Schwimmenden Universität“ an Bord des Forschungsschiffs MARIA S. MERIAN nahmen im Jahr 2022 14 Master-Studierende teil. 2023 fand die „Schwimmende Universität“ während der Reise PS135-2 mit dem Forschungsschiff POLARSTERN statt, das vom Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar und Meeresforschung (AWI) betrieben wird.