Multicorer-Einsatz an Bord der SONNE: Auch während der Expedition SO307 werden mit diesem Forschungsgerät kurze Sedimentkerne an Bord geholt, um in und auf dem Sediment lebende Tierarten zu untersuchen. Foto: Oliver Meyer, GEOMAR

25 Forschende brechen heute mit dem Schiff SONNE in den südwestlichen Indischen Ozean auf, um ein geowissenschaftliches Rätsel zu lösen: Während der Expedition SO307 geht es unter anderem um die Frage, wann und wie der Madagaskar-Rücken entstanden ist. Foto: Peter Linke, GEOMAR

Aufgesägtes basaltisches Vulkangestein: Deutlich sind die länglichen Blasenhohlräume zu erkennen, die entstehen, wenn aus dem Magma austretende Gase in der noch flüssigen Lava nach außen streben. Die Gesteinsprobe ist von einer wenigen Millimeter dicken schwarzen Mangankruste bedeckt. Foto: Jörg Geldmacher, GEOMAR  

Nächtlicher Einsatz der CTD-Rosette auf dem Forschungsschiff SONNE: Mit den grauen Flaschen des Kranzwasserschöpfers werden Wasserproben aus verschiedenen Tiefen genommen, während Sensoren im unteren Bereich der Sonde verschiedene ozeanographische Parameter wie Temperatur, Leitfähigkeit und Tiefe messen. Foto: Jörg Geldmacher, GEOMAR

Auf der Suche nach dem Ursprung eines Unterwasser-Plateaus

Expedition SO307 untersucht Geologie und Biologie des Madagaskar-Rückens

12.09.2024/Kiel. Heute startet das Forschungsschiff SONNE zu einer Expedition in den südwestlichen Indischen Ozean. Vom 12. September bis zum 28. Oktober 2024 wird ein Team von 25 Wissenschaftler:innen unter der Leitung von PD Dr. Jörg Geldmacher vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel den Meeresboden südlich von Madagaskar erforschen. Im Mittelpunkt der Expedition SO307 stehen geologische und biologische Untersuchungen, die das Verständnis der Geologie und Biologie des Meeresbodens sowie des Meerwassers südlich von Madagaskar erweitern sollen.

Der Meeresboden ist alles andere als flach – unter der Wasseroberfläche verbergen sich faszinierende Landschaften mit hohen Bergen, tiefen Gräben und ganzen Unterwassergebirgen. Und es gibt auch Hochebenen – ausgedehnte, relativ ebene Flächen, die sich deutlich über den Ozeanboden erheben. Zwischen Madagaskar und der Antarktis liegt ein markantes Beispiel für ein solches ozeanisches Plateau: der Madagaskar-Rücken. Dorthin bricht heute ein Team von 25 Forschenden mit dem Schiff SONNE auf, um ein geowissenschaftliches Rätsel zu lösen: Während der Expedition SO307 MADAGASKAR/INDICOM geht es unter anderem um die Frage, wann und wie der Madagaskar-Rücken entstanden ist.

Die Entstehung des Madagaskar-Rückens: Drei Hypothesen

Lange Zeit galt die Theorie, dass der Rücken vulkanischen Ursprungs ist. Ein so genannter Hotspot (Mantel-Diapir, engl. mantle plume) könnte heißes Gestein aus dem Erdinneren nach oben gedrückt haben, wo es als Schmelze austrat und zu Basalt erstarrte. Es gibt aber auch zwei andere Theorien: Möglicherweise ist die Erhebung – wie die Insel Madagaskar selbst – ein Überbleibsel des urzeitlichen Großkontinents Gondwana. Das würde bedeuten, dass sie aus stark gedehnter kontinentaler Kruste besteht. Eine andere, neuere Theorie geht davon aus, dass der Rücken durch die Aufwölbung von Gestein aus dem Erdmantel entstanden ist, das durch frühere, gewaltige Schmelzereignisse weniger dicht geworden ist.

Um diese Theorien zu überprüfen, wird das Forschungsteam während der Expedition Gesteinsproben direkt vom Madagaskar-Rücken und dem angrenzenden Mittelozeanischen Rücken entnehmen. Diese Proben können Aufschluss über die Zusammensetzung, das Alter und die chemischen Eigenschaften des Rückens geben. „Finden wir Basalt, deutet das auf einen vulkanischen Ursprung hin“, sagt Fahrtleiter Dr. Jörg Geldmacher, Meeresgeologe am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, „finden wir hingegen Mantelgestein, würde das die Theorie vom aufgewölbten Erdmantel bestätigen. Beides wäre spannend.“

Die Fragen, wie alt das Plateau ist und wie es entstanden ist, seien für die Geowissenschaften von grundlegender Bedeutung, betont er: „Es gibt viele solcher großflächigen Hochebenen am Meeresboden und für die meisten ist schon ein vulkanischer Ursprung nachgewiesen. Weiterhin gibt es einen deutlichen Zusammenhang zwischen großflächigem Vulkanismus und globalen Aussterbeereignissen, aber wir wissen noch nicht, warum mariner Vulkanismus so einen tödlichen Effekt hat.“ Auch dazu gibt es verschiedene Theorien. So könnten die Ereignisse zu Sauerstoffmangel im Meerwasser geführt haben, oder es könnten Gashydrate freigesetzt worden sein, die zu extremen Klimaveränderungen geführt haben.

Biologische Vielfalt und Stoffumsätze in der Tiefsee

Neben der geologischen Forschung wird auch die Biologie des Meeresbodens untersucht. Unter der Leitung von Professor Dr. Carsten Lüter vom Museum für Naturkunde Berlin konzentriert sich das Projekt MADAGASCAR-BIO auf die Erforschung der Artenvielfalt im und auf dem Boden der Tiefsee. Dabei geht es vor allem darum, bisher unbekannte Arten zu identifizieren und ihre Verbreitung zu untersuchen. Diese Untersuchungen tragen zu einem langfristigen Monitoring der Tiefsee-Biodiversität bei und liefern wichtige Erkenntnisse darüber, wie ozeanische Erhebungen, wie der Madagaskar-Rücken die Verbreitung von Arten beeinflussen.

Ein weiteres Ziel der Expedition ist es, den Kreislauf von organischem Material im tiefen Ozean besser zu verstehen. Das Projekt INDICOM, am GEOMAR angesiedelt im Forschungsbereich Marine Biogeochemie von Professorin Dr. Anja Engel, untersucht so genannte Gelpartikel, die reich an Kohlenhydraten und Proteinen sind und eine wichtige Rolle beim mikrobiellen Abbau von Kohlenstoff spielen könnten. Dafür werden Wasserproben mit Hilfe eines Kranzwasserschöpfers aus unterschiedlichen Tiefen des Indischen Ozeans genommen, um biogeochemische und biologische Parameter wie etwa die Bakterienaktivität zu bestimmen. Diese Forschung ist entscheidend für das Verständnis der Kohlenstoffflüsse im Ozean und kann zur Verbesserung von Klimamodellen beitragen.

Expedition auf einen Blick:

Name: SONNE-Expedition SO307 MADAGASCAR/INDICOM

Leitung: PD Dr. Jörg Geldmacher

Zeitraum: 12.09.2024 - 28.10.2024

Start und Ende: Durban (Südafrika)

Fahrtgebiet: Südwestlicher Indischer Ozean

 

Förderung:

Die Expedition ist eingebettet in drei Forschungsprojekte, die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert werden.

Zwei Arbeiter mit roten Schutzhelmen stehen an Bord eines Forschungsschiffes, während ein Forschungsgerät an Bord gehievt wird

Multicorer-Einsatz an Bord der SONNE: Auch während der Expedition SO307 werden mit diesem Forschungsgerät kurze Sedimentkerne an Bord geholt, um in und auf dem Sediment lebende Tierarten zu untersuchen. Foto: Oliver Meyer, GEOMAR

Ein großes Forschungsschiff fährt auf den Betrachter zu

25 Forschende brechen heute mit dem Schiff SONNE in den südwestlichen Indischen Ozean auf, um ein geowissenschaftliches Rätsel zu lösen: Während der Expedition SO307 geht es unter anderem um die Frage, wann und wie der Madagaskar-Rücken entstanden ist. Foto: Peter Linke, GEOMAR

Eine aufgeschnittene Gesteinsknolle, auf die ein Zeigefinger zeigt

Aufgesägtes basaltisches Vulkangestein: Deutlich sind die länglichen Blasenhohlräume zu erkennen, die entstehen, wenn aus dem Magma austretende Gase in der noch flüssigen Lava nach außen streben. Die Gesteinsprobe ist von einer wenigen Millimeter dicken schwarzen Mangankruste bedeckt. Foto: Jörg Geldmacher, GEOMAR  

Ein Arbeiter mit einem blauen Schutzhelm holt mit einem Haken ein Forschungsgerät zurück an Bord

Nächtlicher Einsatz der CTD-Rosette auf dem Forschungsschiff SONNE: Mit den grauen Flaschen des Kranzwasserschöpfers werden Wasserproben aus verschiedenen Tiefen genommen, während Sensoren im unteren Bereich der Sonde verschiedene ozeanographische Parameter wie Temperatur, Leitfähigkeit und Tiefe messen. Foto: Jörg Geldmacher, GEOMAR