Preisverleihung bei der DGG in Hamburg am 5. März 2012. Foto: DGG
Ein seismisches Profil von den 3D Daten im Golf von Cadiz. Die Daten ermöglichen eine 3D-Abbildung der Strukturen eines auseinandergezogenen Bassins. Die eingeklinkte Karte zeigt die Meeresbodentopgraphie im Untersuchungsgebiet. Grafik: G. Crutchley, GEOMAR
Für seine Auswertung der Seismik-Daten aus dem Golf von Cadiz erhielt Dr. Gareth Crutchley den Günter-Bock-Preis der DGG. Foto: J. Steffen, Geomar.

Auszeichnung für Studie zum Lissabon-Beben

- Dr. Gareth Crutchley vom GEOMAR erhält Günter-Bock-Preis der DGG -

14.03.2012/Kiel. Der Geophysiker Dr. Gareth Crutchley vom GEOMAR | Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel erhält für eine Publikation über die Tektonik im Golf von Cadiz den Günter-Bock-Preis der Deutschen Geophysikalischen Gesellschaft.

Am 1. November 1755 bebte in Portugal die Erde. Nur Minuten später verwüstete ein Tsunami das, was von Lissabon noch übrig war. Vermutlich kostete die Naturkatastrophe in ganz Portugal sowie an der spanischen und der nordafrikanischen Küste über 100.000 Menschenleben. Doch obwohl die portugiesische Regierung direkt nach dem Beben Untersuchungen anordnete, die heute als Beginn systematischer seismischer Forschungen gelten, bleibt die genaue Ursache bis heute ein geologisches Rätsel. Einen Beitrag zur möglichen Lösung hat der Geophysiker Dr. Gareth Crutchley vom GEOMAR | Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel zusammen mit seinen Kollegen mit der Auswertung von seismischen und bathymetrischen Daten aus dem Golf von Cadiz geleistet. Für die entsprechende Veröffentlichung in der internationalen Fachzeitschrift „Geochemistry – Geophysics – Geosystems“ erhielt er jetzt den Günter Bock-Preis der Deutschen Geophysikalischen Gesellschaft (DGG). 

Das Epizentrum des verheerenden Bebens von 1755 lag südwestlich von Portugal im Meeresboden des Atlantiks. „Dort treffen die afrikanische und die eurasische Erdplatte aufeinander. Doch die tektonische Situation ist komplex und bis heute nicht ganz verstanden“, erklärt Dr. Crutchley. Eine Theorie geht davon aus, dass sich die zwei Platten in verschiedenen Richtungen aneinander vorbei bewegen. Dieser Theorie widersprechen jedoch Dr. Crutchley und seine Mitautoren in der jetzt ausgezeichneten Publikation: „Wir haben Deformationen am Meeresboden gefunden, die nicht in dieses Bild passen“, sagt er. So schreibt die DGG auch in der Begründung des Preises: „ Diese Publikation ist als besonders wichtig zu werten, da sie die bisher vorherrschenden Vorstellungen des Plattengrenzenverlaufs im Golf von Cadiz und die darauf basierenden Theorien zur Entstehung des katastrophalen Lissabon-Erdbebens von 1755 in Frage stellt“.

Dr. Crutchley hatte für seine Arbeit dreidimensionale seismische Daten sowie hoch-auflösende bathymetrische Daten ausgewertet, die 2006 mit dem britischen Forschungsschiff CHARLES DARWIN gewonnen worden waren. „Nach diesen Daten erscheint es uns plausibler, dass sich die Platten im Golf von Cadiz nicht nebeneinander bewegen, sondern die eine unter der anderen versinkt, es dort also eine sogenannte Subduktionszone gibt“, sagt der Geophysiker, „allerdings haben wir bisher nur Indizien. Bis zum endgültigen Beweis muss noch viel geforscht werden.“

Der 29-jährige Geowissenschaftler stammt ursprünglich aus Neuseeland, wo er bis 2004 an der Universität von Otago studierte. Seine Promotion erarbeitete er ebenfalls in Otago sowie an der Heriot-Watt Universität in Edinburgh (Schottland). Anfang 2009 kam er als post-doc ans IFM-GEOMAR (heute: GEOMAR | Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel). Neben der Plattentektonik im Golf von Cadiz beschäftigt er sich vor allem mit Gashydratsystemen, mit vulkanischen Hangabrutschungen und tektonische Prozessen allgemein.

Hintergrundinformation Günter Bock-Preis:
Die DGG verleiht seit 2006 den Günter-Bock-Preis jährlich an junge Geophysiker/innen für eine hervorragende wissenschaftliche Publikation auf dem Gebiet der Geophysik. Sie erinnert damit an den ehemaligen DGG-Editor des „Geophysical Journal International“ Dr. Günter Bock, der 2002 während einer Dienstreise bei einem Flugzeugabsturz in Luxemburg tödlich verunglückte. Gestiftet wurde der Günter-Bock-Preis durch eine großzügige Spende der Geschwister des Verstorbenen. 

Originalarbeit:
Crutchley, G. J., C. Berndt, D. Klaeschen, and D. G. Masson (2011), Insights into active deformation in the Gulf of Cadiz from new 3-D seismic and high-resolution bathymetry data, Geochem. Geophys. Geosyst., 12, Q07016, http://dx.doi.org/10.1029/2011GC003576 

Preisverleihung bei der DGG in Hamburg am 5. März 2012. Foto: DGG
Preisverleihung bei der DGG in Hamburg am 5. März 2012. Foto: DGG
Ein seismisches Profil von den 3D Daten im Golf von Cadiz. Die Daten ermöglichen eine 3D-Abbildung der Strukturen eines auseinandergezogenen Bassins. Die eingeklinkte Karte zeigt die Meeresbodentopgraphie im Untersuchungsgebiet. Grafik: G. Crutchley, GEOMAR
Ein seismisches Profil von den 3D Daten im Golf von Cadiz. Die Daten ermöglichen eine 3D-Abbildung der Strukturen eines auseinandergezogenen Bassins. Die eingeklinkte Karte zeigt die Meeresbodentopgraphie im Untersuchungsgebiet. Grafik: G. Crutchley, GEOMAR
Für seine Auswertung der Seismik-Daten aus dem Golf von Cadiz erhielt Dr. Gareth Crutchley den Günter-Bock-Preis der DGG. Foto: J. Steffen, Geomar.
Für seine Auswertung der Seismik-Daten aus dem Golf von Cadiz erhielt Dr. Gareth Crutchley den Günter-Bock-Preis der DGG. Foto: J. Steffen, Geomar.