Chile im Fokus der Geowissenschaften
Partner des chilenischen Plattenrandobservatoriums IPOC treffen sich am GEOMAR
28.06.2017/Kiel. Küstenübergreifende Forschung zu Naturgefahren wie Erdbeben und Vulkanismus in Chile steht im Mittelpunkt des internationalen IPOC-Symposiums. Am 27. und 28. Juni 2017 findet es erstmals am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel statt. Mehr als 30 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler tauschen sich zwei Tage lang zu den Ergebnissen ihrer Arbeiten auf dem südamerikanischen Kontinent und vor dessen Westküste aus.
Hinter IPOC (Integrated Plate Boundary Observatory) verbirgt sich das multidisziplinäre Plattenrandobservatorium in Chile, das von Wissenschaftlern aus Europa und Amerika betrieben wird. Mit einer ganzen Bandbreite von dezentralen Instrumentensystemen sowohl an Land als auch vor der Küste erfassen sie Erdbeben, Krustendeformationen und vulkanische Aktivitäten. „Der Norden Chiles ist die optimale Lokation für solch ein Observatorium. Dort schiebt sich die ozeanische Nazca-Platte unter die südamerikanische Platte. Entlang der chilenischen Plattengrenze wird über ein Viertel der seismischen Energie weltweit freigesetzt“, erklärt Professorin Heidrun Kopp vom GEOMAR, die zusammen mit ihren Kolleginnen und Kollegen den Workshop organisiert, „dies bietet uns die Möglichkeit, die Wechselwirkungen zwischen Prozessen an der Oberfläche, wie z. B. Vulkanismus, und den Vorgängen in der Tiefe zu untersuchen und zu verstehen.“ Hilfreich dabei ist auch, dass Nordchile mit der Atacama-Wüste zu den trockensten Regionen der Erde gehört. Dadurch sind ausgezeichnete geologische Archive in den Gesteinsablagerungen vorhanden, an denen vergangene Prozesse abgelesen werden können.
Die Mitglieder des IPOC-Konsortiums, die das Observatorium betreiben, kommen aus Frankreich, Deutschland und natürlich aus Chile und treffen sich in regelmäßigen Abständen zum Gedankenaustausch und zur Zukunftsplanung. „Dass wir uns diesmal an einem Ozeanforschungszentrum treffen, ist sehr passend, da wir als GEOMAR die marine Komponente des Observatoriums aufgebaut haben“, erläutert Dr. Dietrich Lange, der seit vielen Jahren in Chile aktiv ist, „der Reiz des Observatoriums liegt für uns darin, dass wir die Vorgänge am Meeresboden mit den Beobachtungen an Land koppeln können“.
Seit Ende 2015 misst das geodätische Erdbebenobservatorium GeoSEA den tektonischen Spannungsaufbau vor der Küste Nordchiles in bis zu 5800 Metern Wassertiefe. „Das GeoSEA-Netzwerk steht in einer Region, die wiederholt von Erdbeben und Tsunamis getroffen wird, so dass uns die Daten wichtige Hinweise auf die Prozesse unter dem Meeresboden liefern werden“, sagt Dietrich Lange, „zudem haben wir über zwei Jahre die seismische Aktivität am Meeresboden aufgezeichnet“. Zusätzlich zu Fahrten auf dem deutschen Forschungsschiff SONNE und dem amerikanischen Forschungsschiff LANGSETH konnte das GeoSEA-Projekt auch auf Unterstützung durch die chilenische Marine zurückgreifen, deren Fregatte OVP TORO ebenfalls im Einsatz war, um Geräte auszubringen.
Das zweitägige Treffen in Kiel dient nun dazu, die marinen Ergebnisse vorzustellen und in die schon länger laufenden Aktivitäten an Land zu integrieren. „Der Besuch unser Kolleginnen und Kollegen in Kiel bietet vielen auch die Möglichkeit, sich einen Eindruck von der logistischen Komplexität der Meeresforschung zu machen und unsere Geräte einmal ‚live’ zu erleben. Für Wissenschaftler, die vornehmlich an Land arbeiten, ist es immer wieder überraschend, wie aufwändig ähnliche Arbeiten auf See sind“, sagt Heidrun Kopp.