Dänisches Königspaar besucht GEOMAR
Informationen zu Forschungsprojekten in Nord- und Ostsee
Das dänische Königspaar, S.M. König Frederik X. und I.M. Königin Mary, hat heute das GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel besucht. Auf der Überfahrt mit der Elektrofähre vom Westufer der Kieler Förde zum GEOMAR-Campus auf dem Ostufer gab Direktorin Professorin Dr. Katja Matthes einen Einblick in aktuelle Forschungsprojekte in Nord- und Ostsee.
„Dänemark und Deutschland haben nicht nur eine gemeinsame Grenze, sondern mit Nord- und Ostsee auch zwei Meere, die durch den Klimawandel, aber auch durch andere Faktoren wie Munitionsaltlasten vor großen Herausforderungen stehen. Das GEOMAR sieht sich in der gesellschaftlichen Verantwortung, wissenschaftlich basierte Lösungen für den Schutz und die nachhaltige Nutzung von Nord- und Ostsee zu entwickeln“, erläuterte Katja Matthes.
Am GEOMAR eröffnete S.M. König Frederik X. eine deutsch-dänische Energiekonferenz, zu der die dänische Botschaft eingeladen hatte. In seiner Ansprache hob er die langjährige gute Zusammenarbeit der beiden Länder hervor: „Schleswig-Holstein hat in unserer gemeinsamen Geschichte immer eine wichtige Rolle gespielt. Heute werden wir an die Bedeutung für unsere gemeinsame Zukunft erinnert. Die Partnerschaften und Lösungen, die heute hier vorgestellt werden, leisten mit Sicherheit einen Beitrag zu einem grüneren Morgen.“
Im Anschluss begrüßten der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther und der dänische Außenminister Lars Løkke Rasmussen die Gäste.
Künstliche Intelligenz für den Ostseeschutz
Der Zustand der Ostsee ist besorgniserregend: Erwärmung, Versauerung durch Kohlendioxid (CO2) und eine Überlastung mit Nährstoffen führen zu Sauerstoffmangel, der aufgrund der geringen Wasserzirkulation in der Ostsee kaum ausgeglichen werden kann. Nur bei starken Westwinden kommt frisches, sauerstoffreiches Wasser aus der Nordsee herein. Die Folgen sind gravierend: Häufigeres Fischsterben, Rückgang von Seegraswiesen und sinkende Artenvielfalt. An der Zeitserienstation Boknis Eck werden seit 1957 Umweltparameter gemessen, die wertvolle Einblicke in diese Entwicklungen bieten. Im Projekt INSYST soll künstliche Intelligenz (KI) künftig helfen, die Daten effizienter zu analysieren und digitale Modelle zur besseren Überwachung und zum Schutz der Ostsee zu erstellen.
Fischereiforschung
Die Fischerei ist in den Küstenregionen der Ostsee tief verwurzelt und spielt eine wichtige Rolle für die Ernährung und den Tourismus. Allerdings ist eine wirtschaftlich tragfähige Fischerei derzeit und auch auf lange Sicht kaum möglich. Die Bestände der einstigen Brotfische Dorsch und Hering sind nach intensiver Befischung zusammengebrochen, und eine Erholung ist aufgrund der Erwärmung der Ostsee und des Sauerstoffmangels nur sehr langsam zu erwarten. Am GEOMAR beschäftigen sich Forschende aus unterschiedlichen Blickwinkeln mit der Ressource Fisch und forschen für ein nachhaltiges Fischereimanagement.
Seegraswiesen als natürliche Klimaschützer
Forschende untersuchen in der Ostsee auch marine Ansätze zur Kohlendioxid-Speicherung. Die Renaturierung von Seegraswiesen gilt dabei als eine von mehreren Maßnahmen – verbunden mit vielfältigem Zusatznutzen. Neben ihrer Bedeutung für die Kohlendioxid-Speicherung schützen sie die Küsten, indem sie Wellen ausbremsen und den sandigen Untergrund mit ihren Wurzeln festhalten. Sie bieten vielen Meerestieren Schutz und Nahrung und stärken auf diese Weise die Artenvielfalt des Meeres. Außerdem filtern sie sehr effektiv Krankheitserreger aus dem Wasser. Etwa 60 Prozent der Anfang des 19. Jahrhunderts noch von Seegras bewachsenen Fläche in der Ostsee ist bereits verlorengegangen. Am GEOMAR wird erforscht, wie Seegraswiesen wieder angepflanzt werden können.
Munitionsbergung in Nord- und Ostsee
Schätzungsweise 1,6 Millionen Tonnen Munition, vor allem aus dem Zweiten Weltkrieg, liegen noch vor den Küsten von Nord- und Ostsee. Jahrzehntelang wurde dieser Umweltgefahr wenig Beachtung geschenkt, doch die Zeit drängt: Die Metallhüllen der Munition rosten, und Sprengstoffe wie das krebserregende und erbgutschädigende Trinitrotoluol (TNT) liegen teilweise offen auf dem Meeresboden. Sprengstoffverbindungen und deren Umbauprodukte konnten bereits im Wasser, in Muscheln und Fischen nachgewiesen werden. Die ersten Munitionsteile werden seit Mitte September unter enger wissenschaftlicher Begleitung des GEOMAR aus der Lübecker Bucht geborgen. Deutschland ist damit weltweit Vorreiter. Kein anderes Land hat bisher versucht, Munitionsaltlasten im großen Stil aus dem Meer zu entfernen. Um dem Problem zu begegnen, hat das Bundesumweltministerium (BMUV) im vergangenen Jahr ein Sofortprogramm in Höhe von 100 Millionen Euro aufgelegt. Aus diesem Programm wird die Pilotbergung in der Lübecker Bucht finanziert, bei der seit dem 13. September an mehreren Stellen ganz unterschiedliche Munitionstypen geborgen wurden.
Forschung zu Korrosion von Offshore-Windparks
Mikrobiell beeinflusste Eisenkorrosion im maritimen Industriesektor verursacht nach neuesten Schätzungen allein in Deutschland jährlich Schäden in Milliardenhöhe. Expert:innen erwarten, dass die Zahl solcher Schäden durch die globale Erwärmung noch deutlich zunehmen wird. Besonders betroffen sind Offshore-Windparks, und bislang ist kein wirkungsvoller und zugleich umweltverträglicher Schutz bekannt. Die Fachhochschule (FH) Kiel und das GEOMAR wollen mit Industriepartnern einen wirksamen Schutz gegen mikrobielle Eisenkorrosion im Offshore-Bereich entwickeln.