Das Zusammenspiel von magmatischen, tektonischen und hydrothermalen Prozessen
26. Marie-Tharp-Lecture mit Dr. Susan Humphris von der Woods Hole Oceanographic Institution
25.04.2019/Kiel. Vor allem in der Nähe der Ränder von Erdplatten treten an Ozeanböden heiße Quellen auf. Diese sogenannten hydrothermalen Systeme sind erst in den 1970er Jahren entdeckt worden. Seitdem faszinieren sie die Wissenschaft, denn sie sind Heimat einzigartiger Ökosysteme, sie bilden Minerallagerstätten und sie ermöglichen Erkenntnisse über den Aufbau des Meeresbodens und über Prozesse, die in seinem Inneren ablaufen. Seit der Entdeckung der heißen Hydrothermalquellen auf dem Meeresboden vor vierzig Jahren wurden große Fortschritte im Verständnis der Salzwasser-Stein-Reaktionen im Untergrund sowie der mit hydrothermalen Prozessen assoziierten Bildung von Meeresbodenerzen erzielt.
Im Rahmen der 26. Marie-Tharp-Lecture stellte Dr. Susan Humphris von der Woods Hole Oceanographic Institution gestern eine Zusammenfassung der neuesten Forschungsergebnisse über das Zusammenspiel von magmatischen, tektonischen und hydrothermalen Prozessen dem Fachpublikum am GEOMAR Helmholtz Zentrum für Ozeanforschung Kiel vor. Dr. Humphris war im Laufe ihrer Karriere selbst maßgeblich an der Erforschung der heißen Quellen der Tiefsee beteiligt.
Anhand von Beispielen verschiedener hydrothermaler Systeme an schnellen und langsamen Spreizungszonen sowie an konvergenten Plattenrändern illustriert sie weshalb und wie das Zusammenspiel der magmatischen, geochemischen und hydrothermalen Prozesse variiert und die Interaktion von Wärme- und Stoffaustausch zwischen Erde und Ozean beeinflusst. An schnell spreizenden Ozeanrücken, wie dem East Pacific Rise, wird die tektonische Spreizung hauptsächlich durch magmatische Prozesse kompensiert und hydrothermale Prozesse durch eine flache, axiale Magmakammer angetrieben, wodurch die Eindringtiefe der hydrothermalen Zirkulation beschränkt wird.
Bei langsameren Spreizungsrücken mit ihren typischen, nur periodisch auftretenden magmatischen Aktivitäten, wird die Spreizung durch oft tiefreichende Verwerfungen kompensiert. Diese erlauben nun eine höhere Wegsamkeit von Flüssigkeiten in größere Tiefen. An konvergenten Plattenrändern wiederum reagieren die hydrothermalen Flüssigkeiten mit felsischem Gestein und Magmaausgasungen haben hier eine starke Wirkung auf die Chemie der zirkulierenden Flüssigkeiten und die Zusammensetzung der sich bildenden Meeresbodenerze.
Dr. Susan Humphris studierte Umweltwissenschaft an der University of Lancaster und promovierte 1977 in chemischer Ozeanographie im Joint-Programm vom Massachusetts Institute of Technology (MIT)/Woodshole Oceanographic Institution. Nach einem kurzen Forschungsaufenthalt als PostDoc am Imperial College London kehrte sie 1978 an das WHOI zurück, wo sie seit 1998 die Stelle eines Senior Scientist innehat und wo sie zwischen 2004 und 2008 die Leitung der Bereiche Geologie und Geophysik übernahm. Dr. Humphris ist ein Fellow der American Geophysical Union und hat in ihrer Karriere in zahlreichen wissenschaftlichen Gremien gewirkt, wie z.B im External Advisory Board des NSF Science and Technology Centre, der University of Southern California, im JOIDES Resolution Facility Board, im Maurice Ewing Medal Committee oder im ODP Performance Evaluation Committee. Aktuell ist Dr. Humphries Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats des GEOMAR.
Die „Marie Tharp Lecture Series“ (MTLS) wird vom Women's Executive Board (WEB) des GEOMAR veranstaltet. Dazu lädt das WEB international renommierte Wissenschaftlerinnen ein, die einerseits ihre wissenschaftlichen Arbeiten in Kiel präsentieren, gleichzeitig aber auch als Vorbild für Nachwuchswissenschaftlerinnen dienen. Wie auch bei den vergangenen Vorträgen fand neben dem öffentlichen Fachvortrag ein Get-Together nur für Wissenschaftlerinnen statt. Dort können sich junge Forscherinnen mit den erfahreneren Kolleginnen austauschen und mögliche Karrierepfade diskutieren.