Den Ozean begrünen gegen den Klimawandel
Wellengetriebene Auftriebspumpe südlich der Kanarischen Inseln ausgesetzt
Im Pariser Klimaabkommen hat die Weltgemeinschaft beschlossen, die globale Erwärmung auf deutlich unter 2° Celsius zu begrenzen und Anstrengungen zu unternehmen, sie unter 1,5° Celsius zu halten. Dies ist nur zu erreichen, wenn zusätzlich zu einer drastischen Reduktion der Treibhausgas-Emissionen Maßnahmen ergriffen werden, um Kohlendioxid (CO2) aktiv wieder aus der Atmosphäre zu entfernen.
Aufgrund seines großen Potenzials zur Kohlenstoffaufnahme kann der Ozean eine wichtige Rolle bei der aktiven Entnahme von Kohlendioxid (Carbon Dioxide Removal, CDR) spielen. Eine meeresbasierte CDR-Maßnahme ist die Anregung des biologischen Kohlenstofftransports in die Tiefe des Ozeans. Dieser wird von mikroskopisch kleinen Algen angetrieben, die im Wasser verfügbare Nährstoffe zur Bildung von Biomasse nutzen. Dabei wird auch CO2 aufgenommen und in organisches Material umgewandelt. Ein Teil der Algenbiomasse sinkt direkt in die Tiefe, ein Teil fließt in das Nahrungsnetz ein und gelangt über die Ausscheidungen der Tiere ebenfalls in tiefere Wasserschichten. Begrenzt wird der Prozess durch die Verfügbarkeit von Nährstoffen in der lichtdurchfluteten Oberflächenschicht. In 50 Prozent des Weltozeans sind Nährstoffe ganzjährig Mangelware und der biologische Kohlenstofftransport in die Tiefe entsprechend träge. Diese Regionen, vornehmlich in den Tropen und Subtropen, werden oft auch als ozeanische Wüsten bezeichnet.
Künstlicher Auftrieb fördert nährstoffreiches Tiefenwasser an die Oberfläche und begrünt ozeanische Wüsten. Der Forschungsverbund Test-ArtUp hat nun eine wellengetriebene Tiefenwasserpumpe im nährstoffarmen subtropischen Atlantik südlich der Kanarischen Inseln getestet. Für den Wellenpumpentest kooperierte das GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel mit der Universität Las Palmas Gran Canaria und der US-amerikanischen Firma Ocean-based Climate Solutions Inc., welche die wellengetriebene Auftriebspumpe entwickelt und gebaut hat. Die Universität Las Palmas Gran Canaria koordiniert das Projekt e-IMPACT, das die Auswirkungen von Wirbeln auf den biologischen Kohlenstoffkreislauf untersucht. Sie leitet eine Expedition mit dem spanischen Forschungsschiff Sarmiento de Gamboa, um einen ozeanischen Wirbel südlich der Kanaren in einem umfangreichen Messprogramm zu untersuchen. Als Teil dieser Expedition wurde die Wellenpumpe innerhalb des Wirbels ausgesetzt und in das Messprogramm integriert. Forschende vom GEOMAR haben darüber hinaus im direkten Umfeld der Wellenpumpe vom Segelboot Pandora V Messungen zur Ausbreitung des aufgetriebenen Wassers durchgeführt.
Nach der Vermessung des ozeanischen Wirbels wurde eine geeignete Position für den Einsatz der Wellenpumpe identifiziert. „Wichtige Kriterien waren für uns hierbei hinreichend hohe Nährstoffkonzentrationen auf 200 Metern Wassertiefe und eine Position, die sicher stellt, dass die Wellenpumpe in den drei Wochen ihres Testlaufs im Wirbel verbleibt“, erläutert Professor Dr. Ulf Riebesell, Koordinator des Forschungsverbundes Test-ArtUp und Leiter des GEOMAR-Forscher:innenteams. Nach dem Aussetzen der Wellenpumpe 140 Seemeilen südlich der kanarischen Insel El Hierro entrollte das absinkende Grundgewicht den 200 Meter langen Pumpenschlauch von der Treibboje und füllte den 1,9 Meter weiten Schlauch. Voll entfaltet fing die Wellenpumpe sogleich an, durch das Auf und Ab der Treibboje mit jeder Welle Tiefenwasser an die Oberfläche zu pumpen. „In der Pumpe installierte Durchflussmesser zeigten ein Pumpvolumen von 3.000 Kubikmetern pro Stunde an. Damit war es sogar 50% höher, als aus Wellenhöhe und -periode vorhergesagt“, erklärt Philip Kithil, Geschäftsführer der Firma Ocean-based Climate Solutions, der das Aussetzen der Wellenpumpe an Bord der Sarmiento de Gamboa angeleitet hat.
Um die Ausbreitung des Tiefenwassers in der Oberflächenschicht zu verfolgen, haben Taucher des GEOMAR am Tag nach dem Aussetzen den für die Umwelt unbedenklichen Fluoreszenzfarbstoff Uranin zehn Meter unterhalb des Pumpenauslasses eingeleitet. Mit Videoaufzeichnungen der Taucher und Messsonden von Bord der Segelyacht Pandora V sollte versucht werden, das durch den Farbstoff markierte ausströmende Wasser nachzuverfolgen. Zur Überraschung des GEOMAR-Teams war zu dem Zeitpunkt keine Pumpaktivität nachzuweisen. Wie sich später aus Daten eines Dehnungsmessers an der Pumpe herausstellte, trieb die Wellenpumpe zu diesem Zeitpunkt bereits ohne Grundgewicht durchs Wasser. Die Ursache, warum sich das Grundgewicht vom Pumpschlauch gelöst haben könnte, ist aktuell unklar und wird vermutlich erst beim Einholen der Wellenpumpe durch die Sarmiento de Gamboa zum Ende der noch laufende Forschungsexpedition geklärt werden können.
„Trotz des frühen Abbruchs der Pumpaktivität haben wir viel über die grundsätzliche Eignung von Wellenpumpen zur Erzeugung von künstlichem Auftrieb gelernt“, resümiert Philip Kithil. Erst nach Auswertung aller Daten kann abschließend bewertet werden, welche neuen Erkenntnisse daraus gewonnen werden können und was dies für die weiterführende Forschung in diesem Bereich bedeutet. „Ob künstlicher Auftrieb als Maßnahme zur Erhöhung der Aufnahme von Kohlendioxid im Ozean geeignet ist, lässt sich erst auf Basis weiterer Informationen beurteilen. Dazu gehören Fragen im Zusammenhang mit der ökologischen Nachhaltigkeit, der Skalierbarkeit, der Wirtschaftlichkeit sowie den rechtlichen Rahmenbedingungen. Der Forschungsverbund Test-ArtUp soll die Wissensbasis für diese Fragen schaffen“, fasst Ulf Riebesell die laufenden Forschungen zusammen. Ob dieser CDR-Ansatz jemals zur Anwendung kommen wird, muss letztlich in einem Prozess entschieden werden, an dem alle gesellschaftlichen Akteure beteiligt sind.
Projektförderung und -koordination:
Test-ArtUp ist ein Forschungsverbund innerhalb der Mission Marine Kohlenstoffspeicher als Weg zur Dekarbonisierung (CDRmare) der Allianz Deutsche Meeresforschung (DAM). Er wird gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und wird am GEOMAR von Professor Dr. Ulf Riebesell koordiniert.