Der Mensch verursacht Massenaussterben in Australien
Internationales Forschungsteam veröffentlicht neue Erkenntnisse zu Umweltveränderungen am Ende des Pleistozäns
Gigantische Laufvögel, meterlange Warane, Riesenkängurus – in der erdgeschichtlichen Zeit des Pleistozäns bevölkerte eine vielfältige und häufig großgewachsene Tierwelt den australischen Kontinent. Doch vor rund 45.000 Jahren verschwand diese sogenannte Megafauna in sehr kurzer Zeit. Die Gründe für dieses Massenaussterben und auch deren zeitliche Einordnung waren in der Forschung lange umstritten. „Sowohl der Mensch, der etwa gleichzeitig den Kontinent erreichte, als auch klimatische Veränderungen wurden als Ursachen diskutiert“, sagt der Paläoozeanograph Prof. Dr. Dirk Nürnberg vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel.
Jetzt veröffentlicht ein internationales Forschungsteam in der Fachzeitschrift Nature Communications eine Studie, die zeigt, dass der Mensch beim Massenaussterben auf dem australischen Kontinent am Ende des Pleistozäns eine maßgebliche Rolle gespielt hat. „Unsere Untersuchungen zeigen präzise, dass sich das Verschwinden der Megafauna in Südwest-Australien zwischen 45.000 und 43.100 Jahren vor heute abgespielt hat. Dieses Zeitintervall war weder mit größeren Veränderung des Klimas noch der Vegetation verbunden. Aber sie passt mit der Ausbreitung des Menschen in Australien und der damit einhergehenden massiven Bejagung der Megafauna zusammen“, erklärt Professor Nürnberg, der Koautor der Studie ist.
Forscherinnen und Forscher aus Australien, den USA, Deutschland und den Niederlanden haben einen Sedimentkern untersucht, der aus der Tiefsee vor der Küste Südwestaustraliens stammt. Dr. Joachim Schönfeld vom GEOMAR, ebenfalls Koautor der neuen Studie, und Professor Nürnberg haben ihn 2003 mit dem französischen Forschungsschiff MARION DUFRESNE im Rahmen des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekts IMAGES gewonnen. Der Kern liegt seitdem im Zentralen Probenlager des GEOMAR in Kiel und wurde hier auch weiter analysiert.
„Der Meeresboden ist wie ein riesiges Archiv, in dem Informationen über vergangene Umweltbedingungen gespeichert sind. Mit aufwändigen Untersuchungen kann man diese Informationen lesen und die vergangenen Ozean- und Klimazustände rekonstruieren“, erklärt Dr. Joachim Schönfeld. So fanden sich in dem Tiefseeboden auch Spuren des Pilzes Sporormiella, der auf dem Kot von Pflanzenfressern lebt und als sicheres Indiz für das Vorkommen der Megafauna gilt. Insgesamt ließen die aus dem südwestaustralischen Tiefseekern gewonnen Daten Rückschlüssen auf Umweltänderungen in der Region für die vergangenen 150.000 Jahre in bisher nie gesehener Auflösung zu.
Daraus ergab sich, dass die Megafauna innerhalb von 2000 Jahren nach dem Auftauchen des Menschen auf dem australischen Kontinent ausstarb. Das sei für Umweltprozesse ein sehr kurzer Zeitraum und lässt auf einen direkten Zusammenhang schließen“, so die Wissenschaftler.
„Unsere Ergebnisse sind auch mit Blick auf die Gegenwart interessant“, betont Dr. Schönfeld. „Denn die nachhaltige Nutzung vorhandener Ressourcen sowie der Schutz von Ökosystemen sind bei einer dramatisch wachsenden Weltbevölkerung aktueller denn je“.
Originalarbeit:
van der Kaars, S., G. Miller, C. Turney, E. J. Cook, D. Nürnberg, J. Schönfeld, A. P. Kershaw, S. Lehman, (2017): Megafaunal Population Collapse within 2,000 years of Human Dispersal across Pleistocene Australia. Nature Communications, doi:10.1038/ncomms14142
Hinweis:
An der Studie waren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Monash University (Melbourne, Australien), der University of New South Wales (Sydney, Australien), der University of Colorado (USA), des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel und der Vrije Universiteit Amsterdam (Niederlande) beteiligt.
Kontakt:
Jan Steffen (GEOMAR, Kommunikation & Medien), Tel.: 0431 600-2811, presse(at)geomar.de