Die Geburt eines Ozeans
Internationale Forschungsexpedition will neue Erkenntnisse zur Geburtsstunde des Atlantiks finden
Auf Island kann man noch jetzt die letzten Nachwirkungen des Vulkanismus beobachten, der mit der Öffnung des Atlantiks einherging als Grönland und Europa auseinanderbrachen. Wie an einer Perlenschnur ziehen sich aktive Vulkane quer durchs Land. Kilometerlange tiefe Risse mit Dutzende Meter hohen Abbruchkanten lassen sich mit bloßem Auge ausmachen. Jedes Jahr rücken dort die eurasische und die amerikanische Platte ein wenig weiter auseinander. Dieser Prozess begann im Nordatlantik vor mehr als 56 Millionen Jahren. Es kam dabei über etwa eine Million Jahre zu mit den gewaltigsten Vulkanausbrüchen der Erdgeschichte. Nach heutigen Erkenntnissen hat dieser Vulkanismus das Weltklima um etwa fünf Grad erwärmt. Viele Details des Aufbrechens des Atlantiks zwischen Grönland und Norwegen liegen aber noch im Dunkeln. Als Zeitzeugen können Ablagerungen am Meeresboden dienen, die aber oft nur schwer zugänglich sind. Um einen besseren Einblick in die Entstehungsgeschichte des Atlantiks zu erhalten, will deshalb ein internationales Team von Wissenschaftler*innen im Sommer dieses Jahres mit dem Forschungsschiff Joides Resolution vor der Küste Norwegens mit Hilfe von Bohrungen umfangreiches Probenmaterial gewinnen.
„Die IODP-Expedition bietet die einmalige Gelegenheit, wirklich zu verstehen, wie sich die gewaltigen Vulkanausbrüche während der Öffnung des Nordatlantiks auf das damalige Klima ausgewirkt haben und welche Lehren wir für zukünftige Klimaveränderungen ziehen können.“, sagt Christian Berndt, Co-Fahrtleiter der Expedition vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel.
„Unsere Hypothese ist, dass die vulkanische und magmatische Aktivität maßgeblich dazu beitrug, ein 150.000 Jahre langes extremes globales Erwärmungsereignis auszulösen, das als Paläozän-Eozän-Thermalmaximum bekannt ist. Diese globale Erwärmung von 4-5 °C könnte durch die Freisetzung von Treibhausgasen aus erhitzten Sedimenten vor der Küste Mittelnorwegens verursacht worden sein“, erklärt Dr. Morgan Jones von der Universität Oslo.
Und genau in diese Gesteinsschichten wollen die Wissenschaftler*innen hineinbohren und Probenmaterial gewinnen. Insgesamt sind neun Bohrungen in Tiefen von bis zu 800 Metern geplant. Das erbohrte Material wird anschließend geochemisch analysiert und datiert. In Verbindung mit der Fülle von reflexionsseismischen Daten, die von der Erdölindustrie in den letzten 40 Jahren gesammelt wurden, werden die Bohrlochinformationen ein noch nie dagewesenes Bild der Bildung einer großen Eruptionsprovinz während der Öffnung eines Ozeanbeckens liefern, ist sich Christian Berndt sicher. Ein Nebenaspekt, der hierbei untersucht werden soll, ist die Frage, wie gut sich diese Gesteinsschichten zur Speicherung von Kohlendioxid nutzen lassen. Falls dies kostengünstig möglich ist, könnte dies dazu beitragen, die heutige Klimaerwärmung zu verlangsamen.
Die Dimensionen der damaligen Eruption waren gewaltig. „Wir schätzen diese auf mehrere Millionen Kubikkilometer Lava, genug um ganz Deutschland mit fünf Kilometern Lava zu bedecken“, sagt Sverre Planke von der Universität Oslo, Co-Fahrtleiter der Expedition. „Wir wollen im Rahmen dieser IODP-Expedition herausfinden, warum dieser Vulkanismus so außergewönlich ergiebig war. Es ist für uns die einmalige Gelegenheit, die Entstehung solcher Vulkanausbrüche aus dem Erdmantel zu verstehen und er globale Erwärmung und Massenaussterben ausgelöst haben könnte“, so der norwegische Wissenschaftler.
Information zur Expedition:
- IODP 396 - Mid-Norwegian Continental Margin Magmatism
- Joides Resolution
- Co-chief Prof. Dr. Christian Berndt und Dr. Sverre Planke
- 6. August – 6. Oktober 2021
- Reykjavík, Iceland to Kristiansand, Norway
- Expeditionsseite IODP: https://iodp.tamu.edu/scienceops/expeditions/norwegian_continental_margin_magmatism.html
Kontakt:
Dr. Andreas Villwock (GEOMAR, Kommunikation & Medien), Tel.: 0431 600-2802, presse(at)geomar.de