Im Rahmen von DynaSym untersuchen Forschende des GEOMAR Symbiosen zwischen Phytoplankton und mit ihm assoziierten Bakterien. Foto: Julia Romberg, GEOMAR

Mal Freund, mal Feind

Forschungsverbund DynaSym untersucht Beziehungen in Plankton-Gemeinschaften

10.07.2024/Kiel/Konstanz. Wie unterschiedliche Arten miteinander interagieren, beispielsweise als Räuber und Beute, ist keinesfalls festgelegt und kann von den vorherrschenden Umweltbedingungen abhängen. Welche Faktoren dabei eine Rolle spielen, untersucht die neue von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte Forschungsgruppe DynaSym. Ein Teilprojekt unter Leitung des GEOMAR untersucht im Rahmen von DynaSym die Beziehungen zwischen den kleinsten Vertretern des Planktons, dem Phytoplankton, und mit ihm assoziierten Bakterien.

Wie starr ist die Beziehung von unterschiedlichen Arten zueinander? Verhält sich beispielsweise ein Räuber gegenüber seiner Beute stets als Räuber? Und bleiben Arten, die um dieselben Nährstoffe konkurrieren, für immer Konkurrenten? In der Ökologie und der Evolutionsforschung wurde lange davon ausgegangen, dass derartige Beziehungen zwischen unterschiedlichen Arten tatsächlich festgelegt sind. Inzwischen ist allerdings bekannt, dass sie sich durchaus verändern können – je nach Umweltbedingungen.

Welche Rolle dabei die Populationsdichten der interagierenden Arten – also die Anzahl an Individuen der einzelnen Arten im betrachteten Lebensraum – spielen, ist eine der zentralen Fragen der neuen von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Forschungsgruppe „Density dependent symbiosis in planktonic systems“ (Dichteabhängige Symbiose in planktonischen Systemen, DynaSym). Die DFG fördert den Verbund ab Oktober 2024 für vier Jahre. Die Forschungsgruppe wird acht Teilprojekte bearbeiten, die an insgesamt sechs deutschen Universitäten und Forschungsinstituten verortet sind. Hinzu kommen Kooperationspartnerinnen aus Frankreich, Israel und den Vereinigten Staaten von Amerika.

„Mit Mikroorganismen als Modellorganismen möchten wir herausfinden, welche dichteabhängigen Veränderungen es in der Interaktion zwischen Arten gibt und was deren Folgen für die Dynamik von Populationen und Gemeinschaften sind“, erklärt Professor Dr. Lutz Becks, Ökologe und Evolutionsbiologe an der Universität Konstanz und Sprecher von DynaSym. „Unter welchen Bedingungen wird beispielsweise aus einer Konkurrenz-Beziehung eine Symbiose, also eine Beziehung, von der beide beteiligten Arten profitieren? Und wirken sich derartige Veränderungen rückwirkend auf die Populationsdichten aus – gibt es also Rückkopplungsmechanismen?“

Dr. Birte Matthiessen, Meeresbiologin am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, leitet ein Unterprojekt zu Verschiebungen in symbiotischen Interaktionen zwischen Bakterien und Algen sowie deren Auswirkungen auf die Dynamik und die Eigenschaften von Planktongemeinschaften („Shifts in bacteria-algae symbiotic interactions - effects on plankton community dynamics and properties“). Es betrachtet die Symbiose zwischen Phytoplankton und mit ihm assoziierten Bakterien sowohl im Labor als auch im Ozean. Experimente sollen weiteren Aufschluss zur Bedeutung der Artzusammensetzung und der Dichte beider Partnergemeinschaften für die Symbiose und die daraus resultierenden Dynamiken der biologischen Gemeinschaften geben. Von besonderem Interesse ist dabei der Mechanismus, der das scheinbar stabile Zusammenspiel der kleinsten Vertreter des Phytoplanktons, des Picoplanktons, und ihren assoziierten Bakterien in besonders nährstoffarmen Gebieten des Ozeans erklärt.

Die Kombination von experimentellen und theoretischen, modellierenden Ansätzen in den Projekten soll neue allgemeine mechanistische Erkenntnisse über die Dynamik von Organismen-Gemeinschaften liefern, um bestehende Theorien in der Ökologie zu überarbeiten und zu erweitern. „Mit unserem interdisziplinären Ansatz, der ExpertInnen für experimentelle Ökologie und Evolution mit ModelliererInnen zusammenbringt, sind wir hervorragend aufgestellt, um die Prozesse, die der komplexen Dynamik von Lebensgemeinschaften zugrunde liegen, umfassend zu ergründen“, so Professor Becks.

Hintergrund: DynaSym

Die Forschungsgruppe „Density dependent symbiosis in planktonic systems“ (Dichteabhängige Symbiose in planktonischen Systemen, DynaSym) untersucht, welchen Einfluss die Populationsdichten auf die Interaktion zwischen unterschiedlichen Arten haben. Sprecher von DynaSym ist Professor Dr. Lutz Becks, Ökologe und Evolutionsbiologe am Fachbereich Biologie der Universität Konstanz. An DynaSym beteiligt sind folgende Forschungseinrichtungen: Universität Konstanz, Universität Potsdam, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Ludwig-Maximilians-Universität München, Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie und das GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel. Internationale Kooperationspartner sind: Universität Tel Aviv, Israel, Universität Michigan, Vereinigte Staaten von Amerika und die Universität Franche-Comté, Frankreich.

Hintergrund: DFG-Forschungsgruppen

Insgesamt richtet die Deutsche Forschungsgemeinschaft neun neue Forschungsgruppen und eine neue Kolleg-Forschungsgruppe ein. Ziel der DFG Forschungsgruppen ist die Förderung einer mittelfristig angelegten, engen Zusammenarbeit von mehreren herausragenden WissenschaftlerInnen an einer besonderen Forschungsaufgabe, die es dem Verbund ermöglichen soll, Ergebnisse zu erreichen, die über die einer Einzelförderung deutlich hinausgehen. Die maximale Förderdauer einer Forschungsgruppe beträgt zweimal vier Jahre. In der ersten Förderperiode erhalten die neuen Forschungsgruppen insgesamt rund 41,3 Millionen Euro.

Plankton

Im Rahmen von DynaSym untersuchen Forschende des GEOMAR Symbiosen zwischen Phytoplankton und mit ihm assoziierten Bakterien. Foto: Julia Romberg, GEOMAR