Eisenmangel hemmt marine Mikroorganismen
GEOMAR Wissenschaftler entdecken wichtigen Prozess für den Nährstoffkreislauf im tropischen Nordatlantik.
Die Wissenschaft beschreibt den tropischen Ozean gerne als „blaue Wüste“. Der Grund dafür ist das geringere Wachstum von Algen im Vergleich zu anderen ozeanischen Regionen. Um zu wachsen, sind Algen auf lebensnotwendige Nährstoffe wie Stickstoff und Phosphor angewiesen. Doch die sind in den tropischen Meeren in geringeren Mengen vorhanden oder schwer zugänglich. Das hat Auswirkungen auf das gesamte Ökosystem, denn diese „Ozeanpflanzen“ stellen die Nahrungsgrundlage für viele andere Meeresbewohner dar.
Grundsätzlich gibt es auch im tropischen Ozean Stickstoff und Phosphor. Beide Nährstoffe sind aber häufig in tote Pflanzen- und Tierteile eingebaut, die zum Meeresboden sinken.
„Mikroorganismen sind in der Lage, an diese versteckten Nährstoffe heranzukommen und totes Material zu zersetzen. Mittels ihrer Enzyme wird zum Beispiel Phosphor aus toten Lebewesen herausgelöst und wieder für Algen verfügbar gemacht. Ein entscheidendes Schlüsselelement für diesen Prozess stellt Eisen dar. Enzyme benötigen dieses Spurenmetall, um richtig arbeiten zu können“, erklärt der Biologe Dr. Thomas Browning vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel. Dies haben der Erstautor Browning und mehrere Kolleginnen und Kollegen vom GEOMAR und von der Universität Southampton jetzt in einer entsprechenden Studie in der internationale Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht.
„Wenn man sich die Verteilung dieser Nährstoffe in den Ozeanen auf einer Weltkarte ansieht, erkennt man eindeutige Unterschiede zwischen einzelnen Regionen“, sagt Dr. Browning. „Interessanterweise haben wir schon früher beobachtet, dass ausgerechnet dort, wo das Wachstum von Algen durch weniger Nährstoffe gehemmt wird, nicht alle Nährstoffe verwertet werden. Wir wollten herausfinden, warum das so ist?“, so Browning weiter.
Während einer Ausfahrt im Rahmen des Sonderforschungsbereichs 754 „Klima-Biogeochemische Wechselwirklungen im Tropischen Ozean“, ging das Forscherteam um Dr. Browning dieser Frage nach. In Feldexperimenten wurde Meerwasserproben Eisen zugegeben und die Enzymaktivität von Mikroorganismen untersucht. „Wir haben festgestellt, dass die Aktivität einer weitverbreiteten Enzymgruppe von Mikroben vom Eisengehalt im Meerwasser abhängig war“, erklärt Dr. Browning.
Mit diesen Ergebnissen konnte das wissenschaftliche Team eine frühere Studie von Kolleginnen und Kollegen der Universität Oxford untermauern. „In Laborexperimenten konnten diese zeigen, dass Enzyme von Mikroben Eisen benötigen, um Phosphor verarbeiten zu können. Wir konnten nun zeigen, dass das auch für die Umsetzung von Phosphor im Ozean zutrifft“, erläutert Dr. Browning.
Innerhalb der Schlüsselnährstoffe Stickstoff und Phosphor ist man bislang davon ausgegangen, dass hauptsächlich der Mangel an Stickstoff zu einem eingeschränkten Wachstum der Algen führt. Indem wir Menschen immer mehr Stickstoff in die Ozeane eintragen, könnte sich dies Verhältnis in Zukunft aber ändern. Die Bedeutung von Phosphor als begrenzender Faktor des Algenwachstums könnte wichtiger werden und das Vorkommen von Eisen würde dabei eine entscheidende Rolle spielen.
Diese Veränderungen für die Algen könnten auch Auswirkungen auf deren Sauerstoffproduktion und Aufnahme von Kohlendioxid aus der Atmosphäre haben.
Originalveröffentlichung:
Browning, T. J., Achterberg, E. A., Yong, J. C., Rapp, I., Utermann, C., Engel, A., Moore, C. M. 2017: Iron limitation of microbial phosphorus acquisition in the tropical North Atlantic. Nature Communications, 8, 15465 http://dx.doi.org/10.1038/ncomms15465
Hinweis:
Diese Studie wurde durch ein Marie Skłodowska-Curie Einzelstipendium und Zuwendungen des Exzellenzclusters „Ozean der Zukunft“ (an Dr. Thomas Browning) gefördert.
Bildmaterial in höherer Auflösung:
Zwei Crewmitglieder der Ausfahrt M116 nehmen Wasserproben mit einem ozeanographischen Meßgerät, einer sogenannten CTD-Rosette. Foto: M. Visbeck, GEOMAR
Die tiefblaue Farbe des tropischen Atlantiks von der METEOR aus gesehen. Sie zeigt, dass hier besonders wenig Nährstoffe im Wasser vorhanden sind. Foto: M. Visbeck, GEOMAR
Kontakt:
Angela Stippkugel (GEOMAR, Kommunikation & Medien), Tel.: 0431 600-2811, presse(at)geomar.de