Thomas Stocker. Foto: S. Kaehlert, GEOMAR
Bohrkopf und Eisbohrkern aus einer Tiefe von 2874 Metern von Dome Concordia Station (Antarktis). Die Bohrung erfolgte im Rahmen des European Project for Ice Coring in Antarctica (EPICA). Der Eisbohrkern enthält eine kontinuierliche Klimageschichte über die letzten 800.000 Jahre. Foto: L. Augustin, LGGE, Grenoble

Exzellenz-Preis für Schweizer Klimaforscher Thomas Stocker

Professor-Werner-Petersen-Stiftung feiert mit der Verleihung ihren 20. Geburtstag

29.10.2017/Kiel. Ohne Treibhausgase in der Atmosphäre gäbe es auf der Erde kein Leben. Andererseits führt der vom Menschen verursachte schnelle Anstieg der Treibhausgaskonzentrationen zu unabsehbaren Veränderungen unserer Umwelt. Wie genau reagiert das Klimasystem auf derartige Schwankungen? An dieser Frage forscht der renommierte Schweizer Klimawissenschaftler Prof. Dr. Thomas Stocker von der Universität Bern. Für seine Forschungsleistungen erhält er jetzt eine mit 20.000 Euro dotierte Exzellenz-Professur der Prof. Dr. Werner-Petersen-Stiftung. Mit dem damit verbundenen öffentlichen Abendvortrag von Professor Stocker begeht die Stiftung gleichzeitig ihren 20. Geburtstag.

Kohlendioxid (CO2) ist neben Wasserdampf das wichtigste Treibhausgas in der Atmosphäre. Ohne Treibhausgase gibt es kein Leben auf der Erde, denn die mittlere Temperatur an der Oberfläche läge bei minus 18 Grad Celsius statt aktuell etwa plus 15 Grad Celsius. Doch in den vergangenen 150 Jahren ist die CO2-Konzentration in der Atmosphäre durch die Verbrennung von Kohle, Öl und Gas rasant auf Werte angestiegen, die diejenigen der vergangenen 800.000 Jahre um 30 Prozent übertreffen. Klar ist, dass dieser Anstieg zu Veränderungen im Klimasystem führt, die Auswirkungen auf die Umwelt und letztendlich auch auf uns Menschen haben werden. Doch im Detail sind noch viele Fragen zu den Reaktionen des Klimas auf so schnelle, massive Eingriffe offen.

Zu den weltweit anerkanntesten Experten für die Dynamik des Klimasystems gehört der an der Universität Bern (Schweiz) forschende und lehrende Prof. Dr. Thomas Stocker.  Anhand von natürlichen Klimaarchiven wie Sediment- und Eisbohrkernen versucht er und sein Team Schwankungen des Klimas und ihre Auslöser in der Vergangenheit zu verstehen. „Das große Ziel dabei ist letztendlich, bessere Abschätzungen über mögliche Reaktionen des Klimasystems in der Zukunft zu erhalten“, sagt Professor Stocker. Für seine wissenschaftlichen Leistungen erhält er jetzt eine Exzellenzprofessur der Prof. Dr. Werner Petersen-Stiftung. Die mit 20.000 Euro dotierte Auszeichnung ist mit einem Forschungsaufenthalt am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel verbunden. Mit der Verleihung dieser mittlerweile 18. Exzellenzprofessur feiert die Stiftung gleichzeitig ihren 20. Geburtstag. 

Die offizielle Preisverleihung erfolgt im Rahmen eines öffentlichen Abendvortrages, zu dem Interessierte herzlich eingeladen sind.

Titel des Vortrags: „Auf der Suche nach dem ältesten Eis“

Zeit: 02.11.2017, 19 Uhr

Ort: Hörsaal GEOMAR-Standort Ost, Wischhofstraße 1-3, 24148 Kiel

Der Eintritt ist frei! Um Anmeldung wird unter presse(at)geomar.de gebeten.

In dem Vortrag stellt Professor Stocker sein aktuelles Projekt vor, das das Wissen über die Vergangenheit der Klimas noch einmal deutlich erweitern soll. Ein wichtiger Teil dieses Wissens beruht auf polaren Eisbohrkernen. Sie enthalten Lufteinschlüsse, an denen die Konzentrationen der wichtigsten Treibhausgase Kohlendioxid, Methan und Lachgas gemessen werden können. Allerdings kann die Klimageschichte mit Eisbohrkernen derzeit nur rund 800.000 Jahre zurück rekonstruiert werden. Forschungspartner aus der Europäischen Union und der Schweiz sind im Projekt Beyond EPICA – Oldest Ice auf der Suche nach Eis in der Antarktis, das bis zu 1,5 Millionen Jahre alt ist. Dieser Schatz soll gehoben werden, um die Geschichte der Treibhausgase und der Abfolge der Eiszeiten über die letzten 1,5 Millionen Jahre zu entschlüsseln. „Dies ermöglicht, eines der größten Rätsel der Klimadynamik zu lösen: die Verlangsamung und Intensivierung der globalen Eiszeitzyklen vor etwa einer Million Jahren“, erklärt Professor Stocker das ambitionierte Ziel des Projekts.

Hintergrundinformationen: Prof. Dr. Thomas Stocker

Thomas Stocker hat an der ETH Zürich Umweltphysik studiert und 1987 mit dem Doktorat, mit Auszeichnung, abgeschlossen. Nach Forschungsaufenthalten am University College (London), an der McGill University (Montreal), an der Columbia University (New York) wurde er 1993 als Professor an das Physikalische Institut der Universität Bern berufen, wo er seither die Abteilung für Klima- und Umweltphysik leitet. Seine Forschung umfasst die Entwicklung von vereinfachten Klimamodellen zur Simulation vergangener und künftiger Klimaänderungen, sowie die Bestimmung der Treibhausgaskonzentrationen der Atmosphäre anhand von Eisbohrkernen aus der Antarktis. Thomas Stocker ist Autor oder Mitautor von über 200 wissenschaftlichen Artikeln. Nach 10 Jahren Engagement im Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) der UNO wurde er im September 2008 zum Vorsitzenden der Arbeitsgruppe des IPCC für die Periode 2008-2015 gewählt. Für seine Arbeiten erhielt er den Nationalen Latsis Preis, den Schweizer Wissenschaftspreis Marcel Benoist, Ehrendoktorate der Universität Versailles und der ETH Zürich, sowie die Hans Oeschger Medaille der European Geosciences Union. 2012 wurde er Fellow der American Geophysical Union; seit 2015 ist er Auswärtiges Mitglied der Accademia Nazionale die Lincei und der American Academy of Arts and Sciences.

Kontakt:

Jan Steffen (GEOMAR, Kommunikation & Medien), Tel.: 0431 600-2811, presse(at)geomar.de

Thomas Stocker. Foto: S. Kaehlert, GEOMAR
Thomas Stocker. Foto: S. Kaehlert, GEOMAR
Bohrkopf und Eisbohrkern aus einer Tiefe von 2874 Metern von Dome Concordia Station (Antarktis). Die Bohrung erfolgte im Rahmen des European Project for Ice Coring in Antarctica (EPICA). Der Eisbohrkern enthält eine kontinuierliche Klimageschichte über die letzten 800.000 Jahre. Foto: L. Augustin, LGGE, Grenoble
Bohrkopf und Eisbohrkern aus einer Tiefe von 2874 Metern von Dome Concordia Station (Antarktis). Die Bohrung erfolgte im Rahmen des European Project for Ice Coring in Antarctica (EPICA). Der Eisbohrkern enthält eine kontinuierliche Klimageschichte über die letzten 800.000 Jahre. Foto: L. Augustin, LGGE, Grenoble