Forschung zur Anpassung von Kabeljau an Umweltstress
Neue Emmy-Noether-Gruppe am GEOMAR untersucht Sauerstofftransport bei Fischen
Dr. Till Harter ist seit Mitte Dezember am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, um eine neue Emmy-Noether-Forschungsgruppe aufzubauen. Zuvor war er Postdoktorand an der McMaster University in Hamilton, Kanada, wo er sich mit der Funktion roter Blutkörperchen und mit den physiologischen Zusammenhängen zwischen Herz-, Kreislauf- und Atemfunktion von Wirbeltieren beschäftigte. „Viele haben die vereinfachte Vorstellung, dass rote Blutkörperchen lediglich eine Tüte voll mit Hämoglobin sind, die Sauerstoff transportieren. Für Menschen und Säugetiere trifft das in gewissem Maße zu, da die roten Blutkörperchen im Laufe ihres Reifungsprozesses ihren Zellkern und ihre Zellorganellen verlieren. Die roten Blutkörperchen der meisten anderen Wirbeltiere, einschließlich der Fische, haben hingegen einen Zellkern. Sie können weiterhin neue Proteine produzieren und so auf veränderte Bedingungen reagieren – darüber wissen wir bislang noch sehr wenig“, erklärt Till Harter.
Rote Blutkörperchen von Kabeljau im Fokus
Ziel der Forschungsgruppe ist es daher herauszufinden, wie sich die roten Blutkörperchen von Fischen im Zuge des Klimawandels und der steigenden Temperaturen verändern. Untersucht werden insbesondere Kabeljau (Gadus morhua) – zuerst in der Ostsee, wo der Fisch den Namen Dorsch trägt, später auch im Atlantik entlang der norwegischen Küste bis nach Spitzbergen und in der Arktis. Dort ist er unter dem Namen Kabeljau bekannt. Es soll analysiert werden, ob sich die roten Blutkörperchen so verändern, dass es für die Fische von Vorteil ist und sie sich an die neuen Bedingungen anpassen können. Dazu wird unter anderem die Leistungsfähigkeit der Fische untersucht. Im Verlauf des Projekts können auch Vergleiche zwischen den verschiedenen Regionen gezogen werden.
„Wir interessieren uns besonders für den Kabeljau, da er ein wichtiger Fisch für die Fischerei ist, kulturell eine wichtige Rolle spielt und auch aus ökologischer Sicht sehr weit oben in der Nahrungskette angesiedelt ist. Wird der Kabeljau aus einigen Regionen verdrängt, weil es ihm zu heiß wird, könnte das die gesamte Nahrungskette beeinflussen. Der Fokus auf den Dorsch hat zusätzlich auch einen ganz praktischen Grund: Er ist groß genug, um ihm Blut abnehmen zu können“, sagt Till Harter.
Grenzen der Anpassungsfähigkeit bereits bekannt
Aus bisherigen Forschungsarbeiten geht hervor, dass es Grenzen in der Anpassungsfähigkeit gibt. So wurden Kabeljaupopulationen vor der Küste Frankreichs nach Norden verdrängt und leben heute nicht mehr so weit südlich wie noch vor einigen Jahren. Die Forschungsgruppe um Till Harter interessiert sich auf physiologischer Ebene für diese Grenzen. „Mich interessiert, warum es diese Grenzen gibt und warum manche Kabeljaupopulationen Hitzewellen von 20 Grad überleben können, aber bei höheren Temperaturen zugrunde gehen“, sagt Till Harter, „hier gilt es, die feinen zellulären Mechanismen in roten Blutkörperchen zu studieren“.
Hintergrund Emmy-Noether-Programm
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert mit dem Emmy-Noether-Programm hervorragend qualifizierte Postdocs sowie befristet beschäftigte Juniorprofessor:innen in einer frühen Phase ihrer wissenschaftlichen Karriere. Es ermöglicht ihnen, sich durch die eigenverantwortliche Leitung einer Emmy Noether-Gruppe über einen Zeitraum von sechs Jahren für eine Hochschulprofessur zu qualifizieren.
Weitere Emmy-Noether-Gruppen am GEOMAR
Dr. Nadine Mengis: „FOOTPRINTS“ zum Thema Klimastabilisierung (FB2)