Gashydrate jünger als bisher gedacht
GEOMAR-Forscherin für komplexe Computermodelle des Meeresbodens ausgezeichnet
Vor 50 Jahren galten sie noch als Kuriosität der Natur und als ein Ärgernis in Gasleitungen in der Arktis. Mittlerweile wissen wir, dass große Mengen an Gashydraten in den Kontinentalhängen aller Ozeane vorkommen. Die eisartigen Verbindungen aus Wasser und Gasen bilden sich bei niedrigen Temperaturen und hohen Drücken. Da sie häufig das brennbare Gas Methan enthalten, werden sie auch als „brennendes Eis“ bezeichnet und sind als potenzielle Energiequelle im Gespräch.
Doch Gashydrate werden als Rohstoff erst seit 20 Jahren intensiv erforscht, viele Details zu ihrer Entstehung und zu ihrem Vorkommen sind noch unklar. Dr. Ewa Burwicz-Galerne vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel hat im Rahmen ihrer Promotion versucht, einige offene Fragen zu klären. Dafür nutzte sie Computermodelle, die Prozesse im Meeresboden bei der Bildung der Hydrate nachvollziehen. Für ihre Arbeit erhielt sie gestern auf der 9. Internationalen Gashydratkonferenz (ICGH9) in Denver (Colorado, USA) eine Auszeichnung für die beste Promotion im Forschungsgebiet der natürlichen Gashydrate. „Das ist schon eine besondere Auszeichnung, da sie direkt aus der internationalen Gashydrat-Forschungsgemeinde kommt und nur alle drei Jahre vergeben wird“, sagte die glückliche Preisträgerin nach der Verleihung.
In ihrer jüngsten Publikation, die kürzlich in der internationalen Fachzeitschrift Geochemistry, Geophysics, Geosystems erschienen ist, beschäftigte sich Dr. Burwicz-Galerne mit den gegenwärtigen und vergangenen Gashydraten im Green Canyon im Golf von Mexiko. Auf Grundlage eines Modells, das im Projekt SUGAR (Submarine Gas Hydrate Reservoirs) entwickelt worden war, rekonstruierte sie die gesamte Entwicklung des Meeresbodens im Green Canyon bis in 15 Kilometer Tiefe unterhalb des Meeresbodens während der vergangenen 210 Millionen Jahre. „Das ist wohl das komplexeste numerische Modell von natürlichen Gashydratsystemen, das es aktuell gibt“, sagt ihr Betreuer und Koautor der Studie, Prof. Dr. Klaus Wallmann vom GEOMAR.
Rund einen Monat Rechenzeit benötigte das Modell, um die Entwicklung der Gashydratvorkommen von der Entstehung des Golfs von Mexiko bis heute zu simulieren. „Zunächst einmal berechnen wir diese Entwicklung allein aufgrund physikalischer Regeln. Dabei nutzen wir auch Paläoklima- und Ozeandaten. Am Ende haben wir die Ergebnisse mit den wenigen existierenden Bohrungen im Green Canyon abgeglichen und festgestellt, dass das Modell sehr gut mit ihnen übereinstimmt“, erklärt Dr. Burwicz-Galerne.
Ein überraschendes Ergebnis war, dass die Gashydratvorkommen deutlich jünger sind als bisher angenommen. „Offenbar findet am unteren Rand der Gashydratschichten ein ständiges Methangas-Recycling statt. Die heutigen Hydratvorkommen haben sich so erst in den vergangenen 500.000 Jahren gebildet“, so die Geologin. Diese Erkenntnis lasse sich auch auf andere Vorkommen weltweit übertragen und erweitere so das Wissen über deren Dynamik, erklärt sie weiter.
Die Resultate der aktuellen Studie und von Dr. Burwicz-Galernes gesamter Promotion dienen jetzt unter anderem dazu, in den kommenden Jahren die Gashydrate im Golf von Mexiko genauer zu untersuchen. „Es sind mehrere wissenschaftliche Bohrkampagnen geplant. Dank der neuen Modelle können diese viel präziser vorbereitet werden“, sagt Professor Lars Rüpke vom GEOMAR, Betreuer der Doktorarbeit.
Originalarbeit:
Burwicz, E., T. Reichel, K. Wallmann, W. Rottke, M. Haeckel, and C. Hensen (2017): 3-D basin-scale reconstruction of natural gas hydrate system of the Green Canyon, Gulf of Mexico, Geochem. Geophys. Geosyst., 18, 1959–1985, http://dx.doi.org/10.1002/2017GC006876.
Hinweis:
Die Green-Canyon-Studie wurde durch das Projekt PetroHydrate finanziert, an dem Partner aus Industrie und Wissenschaft beteiligt sind. Es wird von Dr. Christian Hensen am GEOMAR koordiniert.
Kontakt:
Jan Steffen (GEOMAR, Kommunikation & Medien), Tel.: 0431 600-2811, presse(at)geomar.de