„Guter Fisch“ zum Weihnachtsfest
Forschungseinrichtungen, Umweltverbände und die Verbraucherzentralen aktualisieren die gemeinsame Liste „Guter Fisch“ für bewussten Einkauf von Meeresfisch
– Gemeinsame Pressemitteilung der Verbraucherzentralen, des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel, der Deutschen Umwelthilfe, des Naturschutzbunds Deutschland und des World Wide Fund For Nature –
Die Liste „Guter Fisch” ist abermals kürzer geworden: Nur noch neun Arten sind uneingeschränkt, drei weitere bedingt empfehlenswert. Auf der Liste finden sich allerdings weiterhin regionale Plattfische wie Scholle, Kliesche und Flunder aus der Ostsee, dazu ausgewählte Bestände von Thunfisch, Seelachs, Stöcker und Miesmuscheln sowie erstmals Schellfisch. Anlass zur Sorge geben Wildlachs und Hering, so dass nur noch je ein Bestand bedingt empfohlen werden kann. Für alle Empfehlungen gilt, dass die Fische mit den in der Liste beschriebenen Fangmethoden gefangen worden sein müssen.
Zustand der Heringsbestände deutlich verschlechtert
Nachdem im letzten Jahr schon Makrele und Sprotte von der Liste gestrichen werden mussten, hat sich nun der Zustand der Heringsbestände deutlich verschlechtert. Heringe aus der Nordsee und der nördlichen Irischen See sollten überhaupt nicht mehr verzehrt werden, Ostseeheringe aus dem Golf von Riga sind nur noch bedingt empfehlenswert. Auch die einst empfehlenswerten Lachsbestände in Alaska geben Anlass zur Sorge, so dass Rotlachs gar nicht mehr und Ketalachs nur noch bedingt empfehlenswert ist.
Dr. Rainer Froese, Meeresökologe und Fischereiwissenschaftler am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, erklärt: „Leider wird es immer schwieriger, nachhaltige Bestände für die ,Guter Fisch‘-Liste zu finden, denn die Überfischung unserer Meere hält an. Ein trauriges Beispiel ist der Nordseehering: Schon im letzten Jahr stand er nur als ,bedingt empfehlenswert‘ auf der Liste, und trotzdem sind die Fänge erneut viel zu hoch. Der Bestand schrumpfte weiter und musste folglich komplett von der Liste gestrichen werden.“
Isabel Seeger, Fachreferentin Meeresschutz bei der Deutschen Umwelthilfe, erläutert: „Zusätzlich zu der anhaltenden Überfischung setzen Sauerstoffmangel und die Klimakrise den Fischbeständen zu. Der schlechte Umweltzustand der Meere behindert auch die Erholung von schon überfischten Beständen, wie zum Beispiel dem dezimierten Ostseedorsch, einem der einstigen ,Brotfische‘ unserer Ostseefischerei.“
Dr. Kim Detloff, NABU-Leiter Meeresschutz, sagt: „Fischpopulationen kollabieren, Fischereibetriebe geben auf. Die Fischereipolitik der letzten Jahre ist gescheitert. Wir brauchen endlich ein ökosystembasiertes Fischereimanagement, ausgerichtet auf Nachhaltigkeit und Qualität statt auf kurzfristige wirtschaftliche Interessen. Wenn ,Guter Fisch‘ auf den Tellern landet, dann leisten Verbraucher:innen hierzu einen wichtigen Beitrag.“
Dr. Philipp Kanstinger, WWF-Fischereiexperte, fügt hinzu: „Es ist besorgniserregend, dass keine Heringe, Sprotten oder Makrelen mehr uneingeschränkt zu empfehlen sind. In einem gesunden Ökosystem wären diese kleinen Schwarmfische reichlich vorhanden und damit sowohl eine nachhaltige Wahl für Verbraucher:innen, als auch Nahrungsgrundlage für Seevögel, Schweinswale, Robben und größere Fische, die auf sie als Nahrung angewiesen sind. Stattdessen werden diese Arten weiter überfischt, wobei die Fänge oftmals als Fischmehl an Nutztiere verfüttert werden.“
Die Nachfrage entscheidet mit, was der Markt liefert. Nachhaltige Kaufentscheidungen können deshalb helfen, die Umweltverträglichkeit der Fischerei zu beeinflussen. Auf Anfrage bei den wichtigsten Händlern und Anbietern von Fischprodukten antworteten Rewe und Edeka, dass sie einige Thunfisch-Konserven im Sortiment haben, die die Kriterien der Liste „Guter Fisch“ erfüllen. Netto führt in einem Tiefkühlprodukt den bedingt empfehlenswerten Keta-Lachs, Frosta verweist auf einige Alaska Seelachs-Angebote, die die Vorgaben zum allergrößten Teil einhalten.
Dr. Britta Schautz, Expertin für Lebensmittel und Ernährung der Verbraucherzentrale Berlin: „Viele Verbraucher:innen essen gerne Fisch und kennen auch allgemein das Problem der Überfischung. Aber es fehlt ihnen an konkreten Hinweisen, welche Bestände davon betroffen sind. Mit Hilfe dieser Liste kann jeder einfach selbst entscheiden, welcher Fisch noch zu Weihnachten auf dem Tisch landen kann.“
So funktioniert die Liste
Für unverarbeiteten Fisch und Tiefkühlprodukte sind Angaben zu Fischart, Fangmethode und Fanggebiet verpflichtend. Diese sollten genau mit der Liste verglichen werden, damit am Ende kein Fisch aus einem stark bedrohten Bestand im Einkaufswagen landet. Allerdings ist die gesetzlich vorgeschriebene Kennzeichnung nicht immer ausreichend detailliert, um bewerten zu können, ob ein Produkt „guter Fisch“ ist. Im Zweifel ist eine gezielte Nachfrage zu empfehlen.
Neben der Herkunft ist die Fangmethode ein wichtiges Kriterium. Verschiedene Geräte wirken sich unterschiedlich auf die Bestände, den Meeresboden und die anderen Tiere im Ökosystem aus. Besonders schädlich sind Grundschleppnetze, da sie viel Beifang haben und den Meeresboden zerstören. Trotzdem werden sie vielerorts sogar noch in Meeresschutzgebieten eingesetzt.