Im Einsatz für den Ozean
Forschende des GEOMAR präsentierten und diskutierten zentrale Aspekte der Meereswissenschaften auf der Klimakonferenz der Vereinten Nationen in Dubai
Mit einer Vereinbarung, die als Beginn des Endes der Ära der fossilen Brennstoffe gefeiert wurde, ging diese Woche in Dubai, Vereinigte Arabische Emirate, die Klimakonferenz der Vereinten Nationen (Conference of the Parties 28, COP28) zu Ende. In der ersten als „Global Stocktake“ bezeichneten Bewertung der internationalen Fortschritte bei der Verwirklichung der im Pariser Abkommen festgelegten Ziele beschlossen die Länder, „den Übergang weg von fossilen Brennstoffen in den Energiesystemen auf gerechte, geordnete und ausgewogene Weise zu vollziehen und Maßnahmen in diesem kritischen Jahrzehnt zu beschleunigen, um im Einklang mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen bis 2050 netto null zu erreichen“. Die Bestandsaufnahme erkennt außerdem an, dass die globalen Treibhausgasemissionen bis 2030 um 43 Prozent im Vergleich 2019 gesenkt werden müssen, um die globale Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Es wird auch festgestellt, dass die Länder nicht auf dem richtigen Weg sind, um ihre kommunizierten Ziele für die Reduzierung von Emissionen zu erreichen.
Akteur:innen, die sich mit der Erforschung, Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der Meere befassen, begrüßten die Bezugnahme auf den Ozean in den Abschlussdokumenten der COP28. Unter anderem werden die Länder aufgefordert, „die Ozeane und Küstenökosysteme zu erhalten und wiederherzustellen und gegebenenfalls die meeresbasierten Minderungsmaßnahmen zu verstärken“. Es ist nun an den Regierungen, diese Beschlüsse konkret mit Leben zu füllen und ihre Maßnahmen gegen den Klimawandel gemeinsam mit Gesellschaft und Wirtschaft zu verstärken.
GEOMAR-Forschende diskutierten auf der COP28 mit Delegationen und anderen Stakeholdern wichtige Aspekte ihrer Arbeit, darunter Ozeanbeobachtung, Konzepte für die Kohlendioxid-Aufnahme im Ozean, Sauerstoff im Meer und digitale Ozeanzwillinge als Instrument für wissenschaftsbasierte Entscheidungen. Zum ersten Mal beteiligte sich das GEOMAR am Ozean-Pavillon, einer zentralen Drehscheibe mit mehr als 80 Veranstaltungen, die von der Woods Hole Oceanographic Institution (WHOI) und der Scripps Institution of Oceanography koordiniert wurden. Im Vorfeld der COP28 wurde die Dubai Ocean Declaration von den Pavillonpartnern mit starker Unterstützung des GEOMAR ins Leben gerufen.
„Mit der Dubai Ocean Declaration haben wir die Staats- und Regierungschefs der Welt aufgerufen, den Ozean als entscheidenden Faktor im Kampf gegen den Klimawandel anzuerkennen und entschiedene Maßnahmen zu ergreifen. Zusammen mit den Aktivitäten im Ozeanpavillon, dem Thementag zu Natur, Landnutzung und Ozean sowie vielen anderen Veranstaltungen und dem Einsatz der Community insgesamt hat die Erklärung die Aufmerksamkeit für die unschätzbaren Dienste des Ozeans für die Menschheit gefördert“, sagt GEOMAR-Direktorin Professor Dr. Katja Matthes. „Wir begrüßen daher die Bezüge zum Ozean in den Entscheidungsdokumenten der COP28 und werden auch weiterhin unser Wissen in die Entwicklung effektiver Strategien zur Abschwächung des Klimawandels und zur Anpassung daran einbringen.“
„Der Fokus auf ozeanbasierte Ansätze zur Minderung des Klimawandels macht deutlich, wo wissenschaftlicher Forschungsbedarf besteht", betont Professor Dr. Andreas Oschlies, Erdsystemmodellierer am GEOMAR und Co-Vorsitzender der Forschungsmission Marine Kohlenstoffspeicher als Weg zur Dekarbonisierung (CDRmare) der Deutschen Allianz Meeresforschung. „Es stimmt, dass wir zusätzlich zu einer drastischen Reduzierung der Treibhausgasemissionen eine beträchtliche Menge an Kohlendioxid aus der Atmosphäre entfernen müssen. Die Wirksamkeit, Skalierbarkeit und Nebenwirkungen vieler der derzeit diskutierten Ansätze sind jedoch noch nicht vollständig bekannt. Die Forschung in diesem Kontext muss transparent und sorgfältig koordiniert werden, um potenzielle Risiken zu vermeiden und gleichzeitig den Wissensaufbau zu beschleunigen. Das ist auch der Grund, warum wir in Dubai einen Leitfaden für die Forschung zur Ozean-Alkalinisierung veröffentlicht haben.“
„Die Ozeanbeobachtung bietet eine wichtige Grundlage für Maßnahmen zum Klimaschutz, etwa im Hinblick auf den Austausch von Kohlenstoff zwischen Ozean und Atmosphäre. Bislang findet der Großteil des Kohlenstoff-Monitorings an Land statt – obwohl 80 Prozent des aktiven Kohlenstoffs der Erde im Ozean gespeichert sind. Neben Messungen auf Forschungsexpeditionen nutzen wir eine Vielzahl anderer Plattformen, um diese Prozesse zu beobachten“, erklärt Dr. Toste Tanhua, Meereschemiker am GEOMAR, Koordinator der Projekte EuroSea und Shaping an Ocean Of Possibilities (SOOP) sowie Ko-Vorsitzender des Global Ocean Observing System (GOOS). „Auf der COP28 konnten wir die Bedeutung einer nachhaltigen Ozeanbeobachtung hervorheben.“
„Bei politischen und gesellschaftlichen Entscheidungen fragen wir uns oft, ob die geplanten Maßnahmen zur Abschwächung des Klimawandels oder zur Anpassung an den Klimawandel funktionieren, kosteneffizient und wünschenswert sind. Digitale Zwillinge des Ozeans ermöglichen es uns, den Nutzen und die Nebenwirkungen von Maßnahmen im Ozean zu erforschen – mit dem Ziel, einen gesunden und widerstandsfähigen Ozean zu erhalten, der für unser Leben entscheidend ist. Auf der COP28 herrschte großes Interesse an diesen Anwendungen und dem Programm Digitale Zwillinge des Ozeans der Dekade der Meeresforschung für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen“, berichtet Professor Dr. Martin Visbeck, Leiter der Forschungseinheit Physikalische Ozeanografie am GEOMAR. „Das ist wichtig, um vertretbare Entscheidungen über den Ozean zu treffen, den wir brauchen für die Zukunft, die wir wollen.“