Dr. Florian Scholz. Foto: IFM-GEOMAR.
Dr. Ilse van Opzeeland erprobt in der Antarktis nahe der Neumayer-Station einen Rekorder zur Aufzeichnung von Unterwassergeräuschen. Foto: Cornelia Preiß, Alfred-Wegener-Institut.
Prof. Dr. Wolff-Christan Dullo (l.) und Prof. Dr. Martin Visbeck (r.) gratulierten Dr. Florian Scholz zum Annette Barthelt-Preis. Die zweite Preisträgerin, Dr. Ilse van Opzeeland, konnte aus privaten Gründen nicht zur Preisverleihung nach Kiel kommen. Foto: J. Steffen, IFM-GEOMAR.

Kommunikation unter Wasser und kalte Quellen im Ozean

Annette-Barthelt-Stiftung zeichnet junge Meeresforscher aus

27.05.2011/Kiel. Zum 22. Mal wird in diesem Jahr der „Annette Barthelt-Preis“ für herausragende Arbeiten auf dem Gebiet der Meeresforschung vergeben. Der Preis ist mit einem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Forschungsstipendium in Höhe von 6.000 Euro verbunden. In diesem Jahr werden die Dissertationen von Frau Dr. Ilse Van Opzeeland (AWI, Bremerhaven) über Kommunikation von Meeressäugern im Südpolarmeer und von Herrn Dr. Florian Scholz (IFM-GEOMAR, Kiel) über die Freisetzung von Porenwässern am Meeresboden durch kalte Quellen prämiert.

Der „Annette Barthelt-Preis“ wird nunmehr seit mehr als 20 Jahren im Gedenken an den Terroranschlag von Dschibuti am 18. März 1987 vergeben. Bei dem Anschlag kamen insgesamt 13 Menschen ums Leben, darunter vier junge Wissenschaftler des damaligen Kieler Instituts für Meereskunde: Annette Barthelt, Marco Buchalla, Hans-Wilhelm Halbeisen und Daniel Reinschmidt. Vier weitere Wissenschaftler des Kieler Instituts erlitten schwere Verletzungen. Die jungen Wissenschaftler waren nach Dschibuti gereist, um an einer meereskundlichen Expedition des Forschungsschiffes METEOR im Indischen Ozean teilzunehmen. 
Die von den Hinterbliebenen gegründete Annette Barthelt-Stiftung vergibt einmal jährlich einen Preis für herausragende Arbeiten an junge Meereswissenschaftler. Bei der diesjährigen Preisverleihung, die am 27. Mai 2011 im Leibniz-Institut für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR) in Kiel stattfindet, werden Frau Dr. Ilse Van Opzeeland (AWI, Bremerhaven) und Herr Dr. Florian Scholz (IFM-GEOMAR, Kiel) für ihre ausgezeichneten Dissertationen geehrt.

Frau Dr. Ilse Van Opzeeland (31) hat an der Universität Bremen im Fachbereich Biologie ihre Dissertation „Acoustic ecology of marine mammals in polar oceans” promoviert. In ihrer Dissertation hat Frau Dr. Opzeeland mit Hilfe der Unterwasser-Horchstation PALAOA mehrere Jahre die Rufe von Meeressäugern, wie Blau- und Buckelwalen und unterschiedlichen Robbenarten unter dem Eis kontinuierlich aufgezeichnet und ausgewertet. Ihre Langzeitmessungen im Weddellmeer in der Antarktis ermöglichten zum Beispiel erstmals, die Anwesenheit von Blauwalen und Buckelwalen während des antarktischen Winters nachzuweisen. Die Tiere können dort trotz Eisbedeckung überleben. Frau Opzeeland ist jetzt als Bioakustikerin am Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven beschäftigt.

Herr Dr. Florian Scholz (31) hat am IFM-GEOMAR in Kiel seine Dissertation mit dem Titel „ Pore water expulsion at submarine cold seeps: geochemical evidence for shortcuts between crust, sediments and ocean“ angefertigt und mit summa cum laude abgeschlossen. Dr. Scholz hat sich in dieser Arbeit mit der chemischen und isotopischen Zusammensetzung von Fluiden an submarinen, kalten Quellen, in Abhängigkeit des tektonischen Kontexts, der Sedimentmächtigkeit und anderer relevanter geologischer Faktoren beschäftigt. Die Freisetzung von Porenwässern am Meeresboden durch kalte Quellen ist ein weltweit an Kontinentalrändern beobachtetes Phänomen und muss folglich als potentiell wichtiges Bindeglied in globalen geochemischen Stoffkreisläufen betrachtet werden. Ein globales Verständnis der Rückführung von Elementen durch submarine Fluidfreisetzung erfordert detaillierte Kenntnisse über die Herkunft der Fluide und die ihre Zusammensetzung bestimmenden Prozesse. Herr Dr. Scholz setzt seine wissenschaftlichen Studien derzeit als PostDoc am IFM-GEOMAR fort.

Im Anschluss an die Preisverleihung und die Vorstellung der prämierten Arbeiten hält Professorin Dr. Tina Treude (IFM-GEOMAR) den Festvortrag mit dem Thema: „Mikrobiologische Untersuchungen auf See: Großer Einsatz für kleine Lebewesen“.

Hintergrundinformationen:
Der Terroranschlag
Am frühen Morgen des 18. März 1987 traf eine Gruppe junger deutscher Meeresbiologen der Universität Kiel in Dschibuti, der Hauptstadt des gleichnamigen Landes am Golf von Aden ein. Sie wollten an einer dreimonatigen Expedition des deutschen Forschungsschiffs METEOR im Indischen Ozean teilnehmen. Nachdem sie sich an Bord schon etwas eingerichtet und ihre Kammern bezogen hatten, blieb noch etwas Zeit für einen Landgang. Weder der Kapitän der METEOR noch die jungen Wissenschaftler wussten, dass an jenem Tag in Dschibuti hohe Sicherheitsvorkehrungen getroffen worden waren, weil Anlass zur Sorge bestand, dass wegen der in der Stadt abgehaltenen ersten internationalen Konferenz der IGADD-Staaten Terroranschläge zu befürchten waren. Während sich acht deutsche Meeresbiologen im Terassencafe "Historil" aufhielten, detonierte dort um 19.13 Uhr eine Sprengladung mit grauenvoller Wirkung. Sie war unmittelbar vorher von einem palästinensischen Terroristen in der Nähe des Tisches der jungen Deutschen in einem unauffälligen Koffer deponiert worden.
Drei Studenten: Annette Barthelt, Marco Buchalla und Daniel Reinschmidt wurden auf der Stelle Opfer des Anschlags. Der Diplombiologe Hans-Wilhelm Halbeisen erlag wenige Wochen später seinen schweren Verletzungen. Der heimtückische Terroranschlag forderte insgesamt 13 Menschenleben und 41 Verletzte. Der 27-jährige Täter wurde gefasst und zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Vier junge Kieler Meeresforscher überlebten schwerverletzt, konnten aber letztendlich wieder voll in den wissenschaftlichen Arbeitsprozess des Instituts integriert werden.

Die Annette Barthelt-Stiftung:

Der Tod der Wissenschaftler in Dschibuti war Anlass für die Gründung der Annette Barthelt-Stiftung im Mai 1988. Die Stiftung widmet sich zwei ständigen Aufgaben:
1. Sie bemüht sich darum, die Problematik des Terrorismus sowie seine Folgen für die Betroffenen und für die Gesellschaft öffentlich darzustellen, indem sie bedeutende Beiträge, die die Auseinandersetzung mit dem Terrorismus zum Gegenstand haben, durch Zuwendungen auszeichnet. Herausragendes Engagement zu dieser Thematik wird mit dem Annette Barthelt-Preis für die Auseinandersetzung mit Terror und Gewalt ausgezeichnet. Über die Preisvergabe befindet der Vorstand der Stiftung gemeinsam mit einem Staatsbürgerlichen Beirat.
2. Sie zeichnet herausragende wissenschaftliche Arbeiten junger Meereskundler, die im Anschluss an eine in der Regel seegehende Forschungstätigkeit vorgelegt werden, jährlich mit dem "Annette Barthelt-Preis für Meeresforschung" aus. Über die Preiswürdigkeit der auf Grund einer Ausschreibung eingereichten Arbeiten entscheidet ein Wissenschaftlicher Beirat der Stiftung.

Kontakt:
Dr. Andreas Villwock (Kommunikation & Medien), Tel. 0431/600-2802,
avillwock(at)geomar.de avillwock(at)ifm-geomar.de

Prof. Dr. Wolff-Christan Dullo (l.) und Prof. Dr. Martin Visbeck (r.) gratulierten Dr. Florian Scholz zum Annette Barthelt-Preis. Die zweite Preisträgerin, Dr. Ilse van Opzeeland, konnte aus privaten Gründen nicht zur Preisverleihung nach Kiel kommen. Foto: J. Steffen, IFM-GEOMAR
Dr. Florian Scholz. Foto: IFM-GEOMAR.
Dr. Ilse van Opzeeland erprobt in der Antarktis nahe der Neumayer-Station einen Rekorder zur Aufzeichnung von Unterwassergeräuschen. Foto: Cornelia Preiß, Alfred-Wegener-Institut.
Dr. Ilse van Opzeeland erprobt in der Antarktis nahe der Neumayer-Station einen Rekorder zur Aufzeichnung von Unterwassergeräuschen. Foto: Cornelia Preiß, Alfred-Wegener-Institut.
Dr. Florian Scholz. Foto: IFM-GEOMAR.
Prof. Dr. Wolff-Christan Dullo (l.) und Prof. Dr. Martin Visbeck (r.) gratulierten Dr. Florian Scholz zum Annette Barthelt-Preis. Die zweite Preisträgerin, Dr. Ilse van Opzeeland, konnte aus privaten Gründen nicht zur Preisverleihung nach Kiel kommen. Foto: J. Steffen, IFM-GEOMAR.