Lachgas-Emissionen auf historischem Höchststand
GEOMAR-Datenbank liefert wichtige ozeanische Daten zum globalen N2O-Budget
Distickstoffmonoxid (N2O), umgangssprachlich als Lachgas bekannt, ist ein farbloses Gas aus der Gruppe der Stickoxide und ein extrem wirksames Treibhausgas mit einem etwa 300-mal größeren globalen Erwärmungspotenzial als Kohlendioxid (CO2). Eine aktuelle Studie für den Forschungsverbund Global Carbon Project unter Leitung des Boston College in Chestnut Hill, Massachusetts, Vereinigte Staaten von Amerika, zeigt einen globalen Anstieg der N2O- Emissionen um 40 Prozent in den vier Jahrzehnten von 1980 bis 2020. Diese Entwicklung hat schwerwiegende Konsequenzen für den Planeten.
Die Landwirtschaft war in den 2010er Jahren für 74 Prozent der vom Menschen verursachten Lachgasemissionen verantwortlich, hauptsächlich durch den Einsatz von Kunstdünger und Tierdung auf Ackerland, so der Bericht Global Nitrous Oxide Budget 2024, der jetzt in der Fachzeitschrift Earth System Science Data veröffentlicht wurde.
Die umfassende Studie über Lachgasemissionen und -senken basiert auf Millionen Messungen, durchgeführt an Land, in der Atmosphäre, in Süßwassersystemen und im Ozean. Ein internationales Team von 58 Forschenden aus 15 Ländern erstellte daraus die bisher umfangreichste Bewertung des globalen N2O-Budgets.
In einer Zeit, in der der Ausstoß von Treibhausgasen drastisch und rapide reduziert werden muss, um die globale Erwärmung zu verringern, wurde laut der Studie in den Jahren 2020 und 2021 mehr Lachgas emittiert als jemals zuvor in der Geschichte. Überschüssiger Stickstoff belastet Böden, Wasser und Luft. In der Atmosphäre zerstört N2O die Ozonschicht und verschärft den Klimawandel durch seinen starken Treibhauseffekt. Neben den Emissionen aus den Böden stellen der Ozean und die angrenzenden Küstengebiete die Hauptquelle von N2O in der Atmosphäre dar.
Für die Abschätzung der ozeanischen Lachgasemissionen der Studie dienten Daten des GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel als Grundlage. Das GEOMAR betreibt die weltweit größte Datenbank für N2O-Messungen aus dem Ozean und den angrenzenden Küstengebieten. Ihr Name MEMENTO (lateinisch: erinnere!) steht für MarinE MethanE and NiTrous Oxide (Methan und Distickstoffoxid aus dem Meer).
„Die Distickstoffmonoxid-Emissionen aus menschlichen Aktivitäten müssen reduziert werden, um die globale Erwärmung unter der Zwei-Grad-Marke des Pariser Klimaschutzabkommens zu halten“, betont der Hauptautor des Berichts, Dr. Hanqin Tian, Professor für globale Nachhaltigkeit und Direktor des Center for Earth System Science and Global Sustainability am Schiller Institute for Integrated Science and Society des Boston College. „Derzeit gibt es keine Technologien zur Entfernung von Distickstoffmonoxid aus der Atmosphäre.“
Für Dr. Hermann Bange, Professor für Marine Biogeochemie am GEOMAR und Leiter der Arbeitsgruppe Biogeochemie von Spurengasen, ist die internationale Studie ein Meilenstein, da sie die globalen Quellen und Senken von Lachgas in bisher nicht gekannter Detailfülle beschreibt. Um wirksame Maßnahmen zur Reduzierung der Emissionen zu ergreifen, sei deren genaue Kenntnis unabdingbar.
Die Forschenden fordern daher häufigere Abschätzungen des N2O-Budgets und empfehlen den Aufbau eines globalen N2O-Messnetzes. „Dieses müsste dringend auch den Ozean als eine der größten Lachgasquellen mit einbeziehen“, betont Professor Dr. Bange.
Original-Publikation:
Tian, H. et al (2023): Global Nitrous Oxide Budget 1980-2020, Earth Syst. Sci. Data Discuss. Global Carbon Project.
Artikel DOI: 10.5194/essd-2023-401, https://doi.org/10.5194/essd-2023-401
Zusätzliche Daten DOI: 10.18160/RQ8P-2Z4R, https://doi.org/10.18160/RQ8P-2Z4R
Hintergrund Global Carbon Project:
Das 2001 gegründete Global Carbon Project ist ein internationales Forschungsprojekt, das eine gemeinsame Wissensbasis zu Treibhausgasemissionen schafft, indem es unter anderem globale Budgets für die drei wichtigsten Treibhausgase Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4) und Lachgas (N2O) erstellt. Die Budgets bewerten Emissionen und Senken, um weitere Forschung, Politik und internationale Maßnahmen zu beraten und zu unterstützen.