Licht in der Tiefsee – eine ausgezeichnete Idee
GEOMAR-Team gewinnt 1. Preis beim achten Ideenwettbewerb Schleswig-Holstein
Die Tiefsee bedeckt mehr als die Hälfte der Erdoberfläche. Hoher Druck, tiefe Temperaturen und absolute Dunkelheit erschweren ihre Erkundung. Dabei spielen sich dort auch für uns Menschen wichtige Prozesse ab. Viele Naturkatastrophen wie Erdbeben oder Tsunamis haben dort ihren Ursprung. Die Tiefsee ist ein wichtiger Kohlenstoffspeicher und beeinflusst so das Klima. In den Meeresböden der Tiefsee existieren verschiedenste Rohstoffvorkommen und außerdem gilt die Tiefsee als möglicher Ursprungsort des Lebens. Grund genug, sie genauer anzusehen.
Damit das in Zukunft einfacher wird, haben der Diplom-Ingenieur Jan Sticklus und der Geologe Dr. Tom Kwasnitschka vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel ein neues Lichtsystem für Unterwassergeräte entwickelt, das leicht, druckfest, korrosionsbeständig und kostengünstig ist. Gleichzeitig erbringt es eine große Lichtleistung. Diese Entwicklung wurde heute im Rahmen eines Festaktes in der Fachhochschule Kiel mit dem ersten Preis des Ideenwettbewerbs Schleswig Holstein der Wirtschaftsförderung und Technologietransfer Schleswig-Holstein GmbH (WTSH) und der FH Kiel ausgezeichnet. Die Auszeichnung ist mit 5000 Euro dotiert.
Als Schirmherr des Wettbewerbs gratulierte Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Reinhard Meyer den Preisträgern: „Diese Idee sollte ursprünglich helfen, grundlegende Fragen zu den Meeren zu beantworten. Sie hat aber auch viele Anwendungsmöglichkeiten für die maritime Wirtschaft. Damit zeigt sie, dass hochkarätige Grundlagenforschung und alltagsnahe Entwicklungen in Schleswig-Holstein Hand in Hand gehen“.
Grundlage der Entwicklung war der Wunsch mehrerer Arbeitsgruppen am GEOMAR, größere Bereiche des Meeresbodens auch optisch zu erfassen. „Bisher übliche Lichtanlagen für die Tiefsee sind wegen des hohen Drucks dort unten auf massive Gehäuse angewiesen. Außerdem benötigen sie viel Energie. Mit diesen herkömmlichen Leuchten konnte man meist nur wenige Quadratmeter Meeresboden ausleuchten“, erklärt Dr. Kwasnitschka.
Im Rahmen der Helmholtz-Allianz ROBEX (Robotische Exploration unter Extrembedingungen) überlegte er gemeinsam mit Jan Sticklus, wie man leistungsstarke und effiziente LED-Lichtquellen ohne Druckgehäuse an Robotern oder autonomen Tauchgeräten einsetzen kann. „Wir haben mit flüssigkeitsgefüllten Varianten angefangen, aber diesen Ansatz wieder verworfen und sind dann auf die vergossene Bauweise gekommen“, sagt der Ingenieur. Die Besonderheit: Mit einem speziellen patentierten Verfahren werden diese LEDs samt Reflektor in hochtransparentem Kunstharz eingebettet. „Die blasenfreie dünnwandige Kunststoffkapselung erlaubt den Einsatz in praktisch jeder Wassertiefe. Es kommt kein Salzwasser an die Elektronik und eine gute Wärmeabfuhr ist gewährleistet“, beschreibt Sticklus die Entwicklung weiter.
Aus 24 dieser eingegossenen LEDs bauten die Beiden ein extrem lichtstarkes, aber gleichzeitig leichtes Blitzsystem für das Autonome Unterwasserfahrzeug (AUV) ABYSS des GEOMAR. Dank der neuen Lichttechnik konnte das AUV beispielsweise im Sommer 2015 mehrere hunderttausend Fotos vom Meeresboden in den Manganknollenfeldern des zentralen Pazifiks erstellen. „Daraus haben die Kollegen ein hochaufgelöstes Fotomosaik erstellt, das mehrere Quadratkilometer Meeresboden abbildet. Auf diesem Mosaik können sie jetzt präzise die Verteilung der Knollen, aber auch der dort lebenden Organismen untersuchen“, sagt Dr. Kwasnitschka. Die Studien sollen klären, welche ökologischen Folgen der Abbau von Manganknollen in der Tiefsee hätte.
Schon jetzt haben wissenschaftliche Partnereinrichtungen des GEOMAR aus dem In- und Ausland Interesse an dem System bekundet. „Darüber hinaus hat das Thema Unterwasserbeleuchtung natürlich auch eine wirtschaftliche Bedeutung. Das reicht von Aquarien bis hin zu Hafen- und Offshoreanlagen. Wir sind gerade dabei, das System für weitere Anwendungen auszubauen“, betont Sticklus, „der Preis im Ideenwettbewerb ist dafür natürlich eine große Motivation. Deshalb freuen wir uns sehr darüber.“
Bildmaterial in höherer Auflösung:
Dr. Tom Kwasnitschka (li.) und Dipl.-Ing. Jan Sticklus bringen mit ihrer Idee Licht in die Tiefsee. Foto: Jan Steffen, GEOMAR
Das AUV ABYSS des GEOMAR ausgestattet mit 24 der neuartigen LED-Leuchten. Foto: Emanuel Wenzlaff, GEOMAR
Eine Einzelaufnahme des Meeresbodens im Ostpazifik in 4000 Metern Wassertiefe. Dank der neuen LED-Technik konnten die GEOMAR-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler hunderttausende solcher Bilder erstellen und zu einem riesigen Fotomosaik zusammengesetzen. Foto: AUV ABYSS, GEOMAR
Kontakt:
Jan Steffen (GEOMAR, Kommunikation & Medien), Tel.: 0431 600-2811, presse(at)geomar.de