Licht in die Dämmerungszone des Ozeans bringen
EU-Twinning-Projekt untersucht Nahrungsnetze der Tiefsee um Madeira
Je tiefer man ins Meer abtaucht, desto weniger Sonnenlicht dringt durch das Wasser. Zwischen 200 und 1.000 Metern Tiefe ist noch ein wenig Restlicht vorhanden, weshalb man diese Zone „Twilight Zone“ nennt. Zum Leben in der Dämmerungszone gehören mikroskopisch kleine Bakterien und winzige Tiere, das sogenannte Zooplankton, viele gallertartige Arten wie Quallen sowie Fische, Tintenfische und tief tauchende Wale. „Das Leben in der Twilight Zone ist noch weitgehend unerforscht, insbesondere die komplexen Nahrungsnetze und die Vielfalt der Arten“, sagt Dr. Jan Dierking, Meeresbiologe am GEOMAR und Spezialist für Marine Nahrungsnetze. Gemeinsam mit seinem Kollegen Dr. Henk-Jan Hoving, Leiter der Gruppe Tiefseebiologie am GEOMAR, wird er im Rahmen von TWILIGHTED dieses Ökosystem genauer untersuchen.
Kick-off für EU-Twinning-Projekt auf Madeira
TWILIGHTED ist ein Twinning-Projekt, das von der Europäischen Union (EU) im Rahmen von Horizont Europa mit 1,5 Millionen Euro gefördert wird. Gestern wurde es mit einem Kick-Off-Meeting in Funchal, Madeira, gestartet. Der Name steht für Twinning Laboratory for an Innovative Global Hub to Explore the Deep (Twinning-Labor für ein innovatives, globales Zentrum zur Erforschung der Tiefe). Bei den Twinning-Projekten habdelt es sich um länderübergreifende Partnerschaftsprojekte, in denen Forschungseinrichtungen aus wirtschaftlich weniger entwickelten Regionen Europas vom Kompetenztransfer führender Forschungsinstitute profitieren. Im Rahmen von TWILIGHTED werden das GEOMAR und die Norges Teknisk-Naturvitenskapelige Universitet (NTNU, Norwegen) eng mit dem Meeresforschungsinstitut MARE Madeira (ARDITI, Portugal) zusammenarbeiten.
Expedition „Jellyweb Madeira“ bietet Datengrundlage
Im Vorfeld des Projekts, im Februar und März 2024, hat die Expedition MSM126 „Jellyweb Madeira“ mit dem großen deutschen Forschungsschiff MARIA S. MERIAN bereits die Unterwasserlebensräume rund um Madeira untersucht. Dabei kamen unter anderem der Unterwasserroboter ROV PHOCA, verschiedene Kamerasysteme und Netze sowie ozeanographische Sensoren zum Einsatz. „Unsere Proben und Datensätze aus der Expedition stehen nun neben der wissenschaftlichen Nutzung auch als Material zur Unterstützung der Ausbildung im Rahmen von TWILIGHTED zur Verfügung“, sagt Dr. Dierking.
Kreative Ideen für kostengünstige Tiefsee-Technologien
Für die Tiefseeforschung auf Madeira wird es insbesondere darum gehen, einfachere und kostengünstige Technologien zu entwickeln, die auch von kleinen Schiffen aus eingesetzt werden können. Daneben ist ein Ziel, die Partner mit der Technologie und den Datenverarbeitungssystemen vertraut zu machen, die am GEOMAR verwendet werden. Dafür wird es einen engen Austausch mit dem Technologie- und Logistikzentrum (TLZ) sowie den GEOMAR-Teams für Daten- und Probenmanagement geben. Im Sommer 2025 werden Forschende von Madeira ans GEOMAR kommen, um in modernen Analysemethoden wie e-DNA-Probenahme und -Analyse, Dateninterpretation und Nahrungsnetzanalyse mit stabilen Isotopen geschult zu werden. Ein weiteres wichtiges Thema ist das Sammeln und Kuratieren von Bildern und Bilddaten.
Madeira als Forschungsstandort stärken
Neben der Beantwortung wissenschaftlicher Fragestellungen zielt das Projekt auch darauf ab, Madeira als Forschungsstandort zu stärken und die Tiefseeforschung in Portugal einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. Dies spiegelt sich in der Vision des Projektkoordinators Dr. João Canning-Clode, MARE-Madeira, wider, der glaubt, dass „das TWILIGHTED-Projekt den Beginn einer transformativen Reise für Portugal markiert, die Kreativität und den Einsatz kostengünstiger Technologien in der Tiefseeforschung fördert und die Rolle des Landes beim Verständnis und Schutz dieser lebenswichtigen Tiefsee-Ökosysteme neu definiert.“
Förderung:
Das Projekt TWILIGHTED (TWinning Laboratory for an Innovative Global Hub To Explore the Deep, Twinning-Labor für ein innovatives, globales Zentrum zur Erforschung der Tiefe) wird im Rahmen des Forschungs- und Innovationsprogramms Horizont Europa der Europäischen Union mit 1,5 Millionen Euro für drei Jahre finanziert (Fördervereinbarung Nr. 101158714).