Meeresforscher 2.0
Schüler-Workshop "Das Meer vor unserer Tür" am GEOMAR
Vorträge und Fachgespräche über marine Ökosysteme und menschliche Einflüsse auf das Meer, Diskussionen über Datengrundlage und Messmethoden, Gastvorträge von Experten - der Workshop, der diese Woche am GEOMAR | Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung abgehalten wurde, schien auf den ersten Blick eines der üblichen Arbeitstreffen von Meeresforschern zu sein. Auch die Sprache war – wie in der internationalen Meeresforschung üblich - Englisch.
Und doch: Diese Veranstaltung war etwas Besonderes. Denn die etwa 30 Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren keine fertig ausgebildeten Wissenschaftler, sondern Schülerinnen und Schüler im Alter von 12 bis 17 Jahren von der Heinrich-Heine Schule Heikendorf, vom Gymnasium Wellingdorf, von der dänisch-sprachigen A. P. Møller Skolen in Schleswig und von der portugiesisch-sprachigen Escola Salesiana in Mindelo auf den Kapverdischen Inseln. „Alle arbeiten schon länger in meereskundlichen Arbeitsgemeinschaften an ihren Schulen mit, und sie könnten durchaus die nächste Forschergeneration sein, Meeresforscher 2.0 sozusagen“, erklärt Dr. Joachim Dengg, Koordinator der Schülerprojekte am GEOMAR.
Während des Workshops verglichen die Schülerinnen und Schüler Messergebnisse, die sie jeweils im Meer „vor ihrer Tür“ in den vergangenen Wochen und Monaten gewonnen haben. Ziel der Experimente ist zunächst, die jahreszeitlichen Änderungen in so unterschiedlichen Ökosystemen wie der Kieler Förde, der Schlei und des tropischen Atlantik zu beschreiben und im Internet einander gegenüber zu stellen. Wichtige Nebeneffekte sind dabei, wissenschaftliches Arbeiten zu üben, Gleichgesinnte kennen zu lernen, mit denen man an ganz unterschiedlichen Orten das Interesse am Ozean teilt, und sich mit Englisch als Arbeitssprache für derartige internationale Vorhaben anzufreunden.
Neben den Gemeinsamkeiten waren dann auch schnell die Unterschiede gefunden. Den Schülern von den Kapverden fielen zunächst einmal die Temperaturunterschiede ins Auge: „Es ist so kalt hier bei euch, ich habe gar nicht genug warme Pullover mit“, stellte Yaniveis (15 Jahre) fest. Und dass das Wasser in der Ostsee im Januar noch viel kälter war, als es jetzt im Mai ist, schien ihr trotz der Messdaten kaum vorstellbar. Für die deutschen Schüler ist es dagegen völlig neu, dass im offenen Atlantik nahe den Kapverden Zonen existieren, wo der Sauerstoffgehalt ähnlich niedrig werden kann wie im Sommer in der Ostsee oder in der Schlei.
Koordiniert wird die Zusammenarbeit der Schülergruppen im Auftrag des Kieler Sonderforschungsbereichs SFB 754 der Deutschen Forschungsgemeinschaft am GEOMAR in Kiel, das ebenso wie das Institut für Fischereiforschung der Kapverden (INDP) dafür professionelle Unterstützung anbietet. Gestartet wurde das Projekt im Oktober vergangenen Jahres, und schon jetzt haben weitere Schulen Interesse an einer Kooperation angemeldet. Auch neue Experimente, zum Beispiel über die Auswirkungen von Müll im Meer, sollen das Projekt in Zukunft erweitern.
Und in Einem waren sich am Schluss alle Beteiligten einig: „In sechs Monaten, wenn wir noch mehr Messdaten haben, müssen wir unbedingt wieder zusammen kommen und sie vergleichen!“