Mehr als nur Rohstoff: Eisen-Mangan Krusten als Klimarekorder
Meeresforscher rekonstruieren Klimaschwankungen in der kanadischen Arktis
Eisen-Mangan-Krusten wurden in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder als potentielle Quelle seltener Rohstoffe wie zum Beispiel von Kobalt, Nickel oder den „Selten Erden“ diskutiert, die in den Krusten hochangereichert sind. Aufgrund der niedrigen Rohstoffpreise überwiegen die Kosten des aufwändigen Abbaus allerdings derzeit den wirtschaftlichen Nutzen, was sich allerdings bei steigenden Metallpreisen in der Zukunft ändern könnte. In der neuen Studie zeigen die Kieler Meereswissenschaftler, dass die Rohstoffe nicht der einzige Nutzen der wertvollen Krusten ist. Aus den Ablagerungen lassen sich auch Klimaschwankungen vergangener Zeiten rekonstruieren.
Eisen-Mangan-Krusten können bis zu 20 Zentimeter mächtig werden und zeigen Wachstumsstreifen ähnlich Baumringen, wobei die Wachstumsraten der Krusten nur wenige Millimeter pro Million Jahre betragen. Die zumeist auf steilen Hängen von Unterseebergen wachsenden Ablagerungen zeichnen die chemische Zusammensetzung des Meerwassers über Jahrmillionen hinweg auf und geben so Hinweise über die Entwicklung von Meeresströmungen und das Klima auf den Kontinenten.
Wie kommen die Informationen in die Krusten? Der Ursprung der im Meerwasser gelösten Stoffe sind hauptsächlich die Gesteine der Kontinente. Sie werden durch Erosion und Verwitterung abgetragen, aufgelöst und in die Meere transportiert. Einige dieser Stoffe enthalten „geochemische Fingerabdrücke“ ihrer Liefergebiete und werden mit den Meeresströmungen bei ihrer Reise um den Globus transportiert. Änderungen der klimatischen Bedingungen, wie zum Beispiel das Auftreten großer Vergletscherungen auf den Kontinenten während der Eiszeiten, verändern die chemische Zusammensetzung des Meerwassers. So werden durch die Eismassen die Gesteine kleingemahlen und deren chemische Bausteine verstärkt freigesetzt. „Auf diese Weise konnten wir nachvollziehen, wie sich die Bedingungen in der arktischen Region Nordamerikas veränderten, als die Region zunehmend vergletscherte“, erläutert Veit Dausmann, Hauptautor der Studie vom GEOMAR.
Für die Studie wurden drei Eisen-Mangan-Krusten aus Wassertiefen zwischen 2200 und 3600 Metern Wassertiefe aus dem kanadischen Becken des arktischen Ozeans analysiert, die im Rahmen der Erkundung der ökonomischen Wirtschaftszone der USA vom Eisbrecher USCGC Healy gewonnen wurden. Bis zu sieben Millionen Jahre Ozeangeschichte sind in den wenige Zentimeter dicken Krusten enthalten sagt Dr. James R. Hein co-autor der Studie vom USGS. Dies zeigte die Altersbestimmung mit Hilfe des natürlichen radioaktiven Isotops 10Beryllium an der ETH Zürich.
Die aus den geochemischen Fingerabdrücken abgeleiteten Zeitserien zeigen, dass aufgrund der langsamen Mischung des Tiefenwassers im tiefen arktischen Ozean die Veränderungen der klimatischen Bedingungen an Land besonders deutliche Signale hinterließen.
„Die neuen Daten zeigen, dass vor etwa vier Millionen Jahren größere klimatische Veränderungen begannen, die eine verstärkte Vergletscherung Nordamerikas und Grönlands nach sich zogen“, erklärt Veit Dausmann. „Vor etwa einer Million Jahren verstärkte sich dieser Effekt im Zusammenhang mit drastischeren Wechseln zwischen Warmzeiten und Eiszeiten nochmals“, so Dausmann weiter. „Durch die jetzt vorgelegten Klima-Analysen aus den Eisen-Mangan-Krusten konnten wir eine große Wissenslücke schließen“, erläutert Co-Autor Prof. Martin Frank vom GEOMAR. „Aufgrund der Unzugänglichkeit des kanadischen Beckens stehen bisher keine langen Sedimentkerne zur Verfügung, aus denen wir normalerweise Informationen über die langfristige Klimageschichte erhalten“, so der Kieler Geochemiker.
Originalarbeit:
Dausmann, V. M. Frank, C. Siebert, M. Christl, and J. R. Hein, 2015: The evolution of climatically driven weathering inputs into the western Arctic Ocean since the late Miocene: Radiogenic isotope evidence, Earth and Planetary Science Letters, 419, 111-124, ISSN 0012-821X, http://dx.doi.org/10.1016/j.epsl.2015.03.007.
Ansprechpartner:
Dr. Andreas Villwock (GEOMAR, Kommunikation & Medien),
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