Schematisches Diagram eines ENSO Events. Grafik: C. Kersten, GEOMAR
Screenshot mit einigen Teilnehmer*innen des Meetings.

Mehr Forschung über das „Christkind“

Digitale, internationale Wissenschaftskonferenz zu „El Niño“ am Kieler GEOMAR

17.02.2021/Kiel. Die stärkste natürliche Klimaschwankung auf Zeitskalen von zwei bis sieben Jahren ist das sogenannte „El Niño“-Phänomen, abgeleitet vom spanischen Wort für „das Christkind“, weil sie oft um die Weihnachtszeit vor der südamerikanischen Westküste ihre stärksten Auswirkungen zeigt. Darüber wurde in den vergangenen Jahrzehnten schon viel geforscht, und doch gibt es immer noch offene Fragen dieses sowohl Atmosphäre wie Ozean beeinflussenden Phänomens. Zum Auftakt eines neuen Forschungsprojektes fand dazu heute am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel eine internationale Konferenz statt, an der, virtuell, fast 40 Wissenschaftler*innen teilnahmen.

Wenn zu Weihnachten das Wasser vor der peruanischen Küste plötzlich sehr warm wird und die Fischschwärme deshalb in andere Meeresgebiete ausweichen, sprechen die Fischer von „El Niño“, dem Christkind. Dies ist aber bei weitem nicht die einzige Auswirkung, dieser oft die gesamten Tropen beeinflussenden Klimaschwankung, die korrekt mit El Niño/Southern Oscillation (ENSO) bezeichnet wird. Dürren im indonesischen Raum oder in Ostbasilien, heftige Regenfälle in Südamerika und Fernwirkungen, die sogar bis nach Europa reichen können, kennzeichnen diese natürliche Klimaschwankung, die eine typische Frequenz von einigen Jahren hat. Obwohl schon sehr viele Forschungsarbeiten zu diesem Thema existieren, sind einige Aspekte immer noch ungeklärt. Dazu gehören unter anderem auch die Veränderungen, die das ENSO Phänomen durch die Klimaerwärmung erfahren wird.

„Wir wollen uns in einem neuen Forschungsvorhaben, das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanziert wird, insbesondere anschauen, welche Rolle der atmosphärische Teil von ENSO, also der mit „Southern Oscillation“ betitelte Part, spielt“, erläutert Dr. Tobias Bayr, wissenschaftlicher Leiter des Projektes und Gastgeber der internationalen Tagung, die heute virtuell am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel stattfand.

Bis zu 40 Expert*innen aus mehreren Ländern hatten sich heute zu dem Thema „Die Rolle der Atmosphäre in El Niño/Southern Oscillation (ENSO)“ zusammengeschaltet und tauschten sich über mehrere Stunden zu dem Thema aus. „Wenn man dieses sehr produktive Treffen kurz zusammenfassen will, gibt es drei Kernaussagen“, so Tobias Bayr. Zum einen komme der Atmosphäre mehr Bedeutung an der Klimaschwankung zu, als man in der bisherigen ENSO Theorie dachte. Zweites würden die Vorhersagen, wie sich ENSO im Klimawandel verändern wird, durch eine überlagerte große dekadische Variabilität im Bereich des Pazifiks erschwert. Drittens sei der kalte Gegenpol von El Niño, der mit „La Niña“ bezeichnet wird, deutlich anders. „Das ist nicht eine einfache Spiegelung der Verhältnisse, wir sprechen deshalb von Nichtlinearität“, erläutert Dr. Bayr. Und diese werde von vielen Klimamodellen unterschätzt, so der Kieler Klimaforscher. Wegen der weitreichenden Auswirkungen von ENSO könne ein besseres Verständnis der Klimaschwankung, auch die Vorhersagen verbessern, was wiederum vielen Menschen in den am stärksten von El Niño betroffenen Regionen, sehr helfen könne, so Bayr weiter.

Trotz Corona das beste aus der Situation gemacht: "Es war super, dass wir diese Konferenz unter den gegebenen Umständen als internationale Online-Konferenz durchführen konnten, und das fast CO2-neutral (abgesehen vom Strom für die Server). So konnten wir die internationale Zusammenarbeit trotz der aktuellen Reisebeschränkungen ausbauen und uns über den aktuellen Stand der Forschung austauschen", so Tobias Bayr abschließend.

Hinweis:

Das Projekt The Influence of model bias on ENSO projections of the 21st Century (IMBE21C) unter dem Föderkennzeichen BA 6212/2-1 gefördert.

 

Schematisches Diagram eines ENSO Events. Grafik: C. Kersten, GEOMAR
Schematisches Diagram eines ENSO Events. Grafik: C. Kersten, GEOMAR
Screenshot mit einigen Teilnehmer*innen des Meetings.
Screenshot mit einigen Teilnehmer*innen des Meetings.