Messungen am Puls des Auftriebs-Systems
METEOR-Expedition zu Veränderungen in einer der produktivsten Meeresregionen
Ein hochproduktives Ökosystem vor der Küste Westafrikas ist Grundlage der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung angrenzender Länder: In dem Auftriebsgebiet am Kontinentalhang gelangt kaltes und nährstoffreiches Wasser aus der Tiefe an die Oberfläche und treibt die Produktivität entlang des Nahrungsnetzes vom Phytoplankton bis hin zu Populationen von Fischen und anderen Meereslebewesen an. Gleichzeitig ist diese Meeresregion einerseits wichtig für die Regulierung des globalen Klimas und andererseits stark vom Klimawandel betroffen – steigende Temperaturen, Ozeanversauerung und Sauerstoffmangel sind dort schon jetzt zu beobachten. Darüber hinaus ist die Region eine starke Quelle von Treibhausgasen wie Methan und Distickstoffmonoxid, auch bekannt als Lachgas. Auch der saisonale Zyklus des Auftriebs und seine zwischenjährliche Variabilität könnten vom Klimawandel beeinträchtigt werden: In manchen Jahren treten vor Angola und Namibia ozeanische Hitzewellen ähnlich des El Niño-Phänomens im Äquatorialen Pazifik auf. Diese „Benguela Niños“ genannten Phänomene wirken sich stark auf das lokale Klima und das Leben im Meer aus. Seit 2000 scheinen diese Temperaturschwankungen jedoch weniger stark als in den Jahren zuvor ausgeprägt zu sein.
Die Expedition M189 mit dem deutschen Forschungsschiff METEOR soll darum helfen, den Küstenauftrieb und dessen Variabilität besser zu verstehen und Beobachtungssysteme weiter auszubauen. Die Fahrt findet im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Verbundvorhabens „Benguela Niños: Physikalische Prozesse und langperiodische Variabilität“ (BANINO) und des von der Europäischen Union finanzierten Projekts „Süd- und Tropischer Atlantik – klimabasierte Studien mariner Ökosysteme für nachhaltiges Management“ (Tropical and South Atlantic climate-based marine ecosystem predictions for sustainable management, TRIATLAS) statt und steht unter Leitung von Dr. Marcus Dengler, physikalischer Ozeanograph am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel.
„Unsere Messungen sollen Aufschluss über physikalische Prozesse geben, die für den Küstenauftrieb, die Emission von Treibhausgasen und die biologische Produktivität von Bedeutung sind“, erklärt Dr. Dengler. „Dazu zählen sowohl der Wind als auch durch Gezeiten erzeugte interne Wellen und durch sie verursachte Vermischung, Küsten-Kelvinwellen, Frischwasser-Einträge durch Flüsse und Niederschläge und Prozesse an der Grenze zwischen dem kalten und salzarmen Benguela-Strom und dem wärmeren, salzhaltigen und nährstoffreichen Angola-Strom.“
Die biogeochemischen Untersuchungen im Rahmen der Expedition fokussieren auf die Produktion und Emissionen von Treibhausgasen sowie die Wechselwirkungen zwischen Stickstoff- und Schwefelkreisläufe unter sauerstoffarmen Bedingungen. „Im Ozean werden Treibhausgase wie Methan und Lachgas vor allem unter sauerstoffarmen Bedingungen gebildet. Durch die Zusammenarbeit von physikalischer und chemischer Ozeanographie sowie mikrobieller Ökologie, zielen wir auf ein möglichst umfassendes Arbeitsprogramm, welches neue Einblicke zur Variabilität der Produktion von Treibhausgasen in die Region erlaubt“, so Damian L. Arévalo-Martínez von der Radboud Universität in den Niederlanden, Leiter der biogeochemischen Messungen an Bord.
Die einmonatige Schiffsreise findet zu einer Zeit statt, in der der Auftrieb vor allem vor Angola am schwächsten ist, in der aber gleichzeitig die meisten Benguela Niños und die größten zwischenjährlichen Temperaturunterschiede festgestellt wurden. Benguela Niños werden überwiegend durch im Ozean verlaufende Kelvinwellen erzeugt, die durch Windschwankungen im weit entfernten westlichen äquatorialen Atlantik angeregt werden. Zusätzlich tragen lokale Windänderungen und Süßwassereinträge zur Entstehung dieser ozeanischen Hitzewellen bei. Während der Benguela Niños treten starke Niederschläge in dem sonst recht trockenen Südwestafrika auf. Aufgrund der wärmeren Ozeantemperaturen wandern Fische ab, was die Nahrungssicherheit der angrenzenden Länder gefährdet.
Während der Forschungsfahrt werden die Wissenschaftler:innen Verankerungen für Langzeitmessungen auslesen, warten und wieder auslegen. Sie werden hydrographische und biogeochemische Messungen vom Schiff aus und mit Hilfe autonomer Ozeangleiter vornehmen und Strömungen in der Wassersäule, Konzentrationen von Treibhausgasen und die Stärke von Vermischungsprozessen erfassen. Die gewonnenen Daten tragen auch zur Verbesserung von Ozean- und Erdsystemmodellen und damit zur genaueren Vorhersage zukünftiger Veränderungen bei.
In das wissenschaftliche Programm eingebunden sind auch afrikanische Partnerinstitutionen, unter anderem das angolanische Instituto Nacional de Investigação Pesqueira und das namibische National Marine Information and Research Centre, um die Zusammenarbeit in der Region zu stärken und die lokale Expertise in der Ozeanbeobachtung, Modellierung und Datenanalyse auszubauen.
Expedition METEOR 189:
16. April 2023 – 13. Mai 2023
Start- und Zielhafen: Walvis Bay, Namibia