Mikroplastik sogar am Point Nemo
Volvo Ocean Race lieferte wertvolle Daten für die Wissenschaft
Das Ergebnis war denkbar knapp. Acht Monate und 45.000 Seemeilen (ca. 83.000 Kilometer) nach dem Start in Alicante (Spanien) konnte das Team Dongfeng am vergangenen Wochenende das Volvo Ocean Race rund um die Welt für sich entscheiden – nur 100 Seemeilen vor dem Ziel in Den Haag (Niederlande). Doch egal wie die einzelnen Platzierungen am Ende aussehen – für den Meereschemiker Dr. Toste Tanhua vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel war das Rennen auf jeden Fall ein Erfolg.
Mit Unterstützung des Kieler Exzellenzclusters „Ozean der Zukunft“ konnte Dr. Tanhua zwei der beteiligten Yachten, das Boot „Turn the Tide on Plastic“ und das Boot „AkzoNobel“, als Messplattformen gewinnen, die während des Rennens in den entlegensten Winkeln der Ozeane wichtige Umweltdaten erhoben haben. „Wir können jetzt unter anderem entlang der gesamten Regattastrecke die Verteilung von Mikroplastik im Ozean nachvollziehen, also auch in Regionen, in denen danach bisher nicht gesucht wurde“, sagt Dr. Tanhua zum Abschluss des Rennens.
Die vorläufige Auswertung der Daten zeigt, dass selbst an der am weitesten vom nächsten Land entfernten Stelle der Ozeane, dem sogenannten Point Nemo im Südpazifik, mittlerweile Mikroplastik im Meerwasser zu finden ist. „Allerdings muss man sagen, dass die Konzentration der Partikel regional sehr unterschiedlich ist“, betont Dr.-Ing. Sören Gutekunst vom „Ozean der Zukunft“, der das Projekt in den vergangenen Monaten technisch betreut hat. Die höchsten Konzentrationen fanden sich entlang der Regattastrecke im Mittelmeer und im westlichen Pazifik.
Neben der Suche nach Mikroplastikpartikeln stand auch die Erhebung ozeanographischer Daten wie des Salzgehalts, der Wassertemperaturen, des Kohlendioxidgehalts und die Menge des Chlorophylls im Fokus des Projekts. „Trotz aller modernen Messtechniken erhalten wir aus den Ozeanen immer noch viel weniger Umweltdaten als von Messstationen an Land. Deshalb sind wir mit diesem Projekt neue Wege gegangen, um weitere Lücken zu schließen“, sagt Dr. Tanhua.
Damit war das Volvo Ocean Race 2017/2018 auch ein Test. Unterwegs-Messungen sind für die Kieler Ozeanographen eigentlich Routine. Seit etlichen Jahren haben sie beispielsweise ein regelmäßig zwischen Europa und den USA pendelndes Frachtschiff mit Sensoren bestückt. „Doch Hochsee-Rennyachten sind auf maximale Geschwindigkeit getrimmte Sportgeräte. Wir mussten unsere Sensoren für das VOR also deutlich kleiner und leichter bauen, als es bei einem Frachter notwendig ist“, erklärt Dr. Tanhua.
Mit finanzieller Unterstützung von Volvo Cars hat die Kieler Firma SubCtech bestehende Sensoren so umgebaut, dass sie nicht nur den harschen Bedingungen einer Hochsee-Regatta trotzen, sondern auch den ohnehin knappen Platz in einer Rennyacht nicht unnötig einschränken. Als erstes Boot wurde die unter Flagge der Vereinten Nationen segelnde „Turn the Tide on Plastic“ mit der britischen Skipperin Dee Caffari als Messstation ausgerüstet. „Das hat sich so gut bewährt, dass wir nach der sechsten Etappe in Auckland auch das Boot des Teams AkzoNobel nachrüsten durften“, berichtet Sören Gutekunst.
Mit der ebenfalls in Kiel beheimateten Firma bbe Moldaenke holte Dr. Tanhua einen weiteren lokalen Partner ins Projekt, der sich um die genaue Untersuchung der gesammelten Mikroplastikteilchen kümmerte. Die Daten müssen jetzt natürlich noch im Detail ausgewertet und wissenschaftlich publiziert werden, bevor endgültige Aussagen getroffen werden können. „Auf jeden Fall werden sie helfen, Ozeanmodelle zu verbessern und unsere Vorstellungen vom Verbleib des Plastiks in den Meeren zu präzisieren“, resümiert Dr. Tanhua. Nach dem Erfolg beim Volvo Ocean Race plant der Meereschemiker, mehr Segelboote mit Sensoren auszustatten. „Wir führen schon Gespräche mit weiteren Weltumseglern und vielleicht sind wir auch beim nächsten Volvo Ocean Race wieder dabei“, sagt er.
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