Neue Daten für die Risikobewertung von Hangrutschungen im Meer
Expedition SO310 untersucht Canyon-Systeme an Kontinentalrändern vor Neuseeland
Heute bricht das deutsche Forschungsschiff SONNE von Wellington aus zu einer Expedition vor die Küste Neuseelands auf. Unter Fahrtleitung der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) untersuchen Forschende der CAU und des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel in Kooperation mit neuseeländischen Partnern bis zum 22. März Canyons an einem aktiven und passiven Kontinentalhang im Südwest-Pazifik. Ziel des übergeordneten und vom BMBF geförderten Projekts MAWACAAP ist es, gemeinsam mit den Partnerinstituten GNS Science und NIWA (beide Neuseeland), die Faktoren zu identifizieren, die Häufigkeit, Größe und Ort von Hangrutschungen bestimmen. Die gesammelten Daten sollen dazu beitragen, die Risikoabschätzung für submarine Hangrutschungen in der Region und weltweit zu verbessern, um bewohnte Küstenregionen und Unterwasser-Infrastrukturen wie beispielsweise Kabel zu schützen. Auf dem Programm der Expedition SO310 stehen umfangreiche seismische Untersuchungen und geologische Beprobungen.
Untersuchung aktiver und passiver Kontinentalhänge
Die Untersuchungsgebiete, der Palliser und der Pegasus Canyon, vor der neuseeländischen Küste liegen zwar nur 190 Kilometer voneinander entfernt, aber dennoch an gegensätzlichen Kontinentalhängen. Während sich der Palliser an einer aktiven kontinentalen Plattengrenze befindet, wo Erdbeben häufig Hangrutschungen auslösen können, wird der Pegasus Canyon geologisch als vergleichsweise ruhig eingestuft. Passive Ränder zeichnen sich häufig durch den Aufbau dicker ungestörter Sedimentablagerungen aus. Hier können Meeresspiegelveränderungen auch bedingt durch den Klimawandel eine große Rolle für eine mögliche Instabilität spielen. Trotz früherer Untersuchungen von Canyons an aktiven und passiven Kontinentalrändern, sind bisher kaum direkte Vergleiche anhand von Felddaten durchgeführt worden. Diese Lücke wollen die Forschenden nun auf der Expedition schließen.
„Von den neuen Daten, die wir mit umfangreichen seismischen Messungen und aus den auf der Fahrt gewonnenen Sedimentkernen gewinnen wollen, erhoffen wir uns ein besseres Verständnis für das Gefahrenpotenzial, das von großen Unterwassercanyons für die Küsten ausgeht,“ sagt Fahrtleiter Professor Dr. Sebastian Krastel, Leiter der Arbeitsgruppe Marine Geophysik und Hydroakustik an der Universität Kiel. „Wir haben auf der neuen Expedition die einmalige Gelegenheit, unterschiedliche Unterwassercanyons direkt miteinander zu vergleichen.“
Umfangreiches Mess- und Bohrprogramm
Das Programm sieht umfangreiche seismische Messungen und Sedimentbeprobungen am Meeresboden vor, um Gesteinsschichten sowie klimatische und geologische Einflüsse zu analysieren. Dabei sollen die über viele Erdzeitalter abgelagerten Erdschichtungen auf ihre Festigkeit und Durchlässigkeit überprüft und bathymetrische Karten über Größe, Volumen und Alter vergangener Hangrutschungen erstellt werden. Ziel ist es, eine Datenbank für die Häufigkeits-Volumen-Beziehung dieser beiden Canyons zu erstellen und damit wichtige Indikatoren für die Risikobewertung von Hangrutschungen zu ermitteln. „Wenn wir den Einfluss der Gesteinsschichten, die Rolle der Topographie und die Häufigkeit und Größe von submarinen Rutschungen verstehen, können wir auch zukünftige Canyon-Aktivitäten besser vorhersagen“, sagt Co-Fahrtleiterin Dr. Anke Dannowski, Geophysikerin am GEOMAR.
Vor Beginn der Ausfahrt gab es im Hafen an Bord einen Empfang der Deutschen Botschaft gemeinsam mit dem BMBF für 50 geladene Gäste. Im Rahmen eines Climate Talks stellten Wissenschaftler:innen aus Deutschland und Neuseeland ihre Forschungsthemen vor - unter dem Motto „German and New Zealand Research – The Power of Synergies“.
Name: SONNE-Expedition SO310 „MAWACAAP“ (Quantifying the role of MAss WAsting in submarine CAnyons on Active and Passive margins, Quantifizierung der Rolle von Rutschungen in submarinen Canyons an aktiven und passiven Kontinentalrändern)
Fahrtleitung: Prof. Dr. Sebastian Krastel, Institut für Geowissenschaften, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU)
Zeitraum: 20.02.2025 - 22.03.2025
Start und Ende: Wellington (Aotearoa, Neuseeland)
Fahrtgebiet: Südwest-Pazifik

Heute bricht das deutsche Forschungsschiff SONNE von Wellington aus zu einer Expedition vor die Küste Neuseelands auf, um Daten zu Canyons an einem aktiven und einem passiven Kontinentalrand zu sammeln. Foto: Philipp Brandl, GEOMAR

Die SONNE im Hafen von Wellington: Auf der Expedition SO310 sollen gemeinsam mit neuseeländischen Partnerinstituten Faktoren identifiziert werden, die Häufigkeit, Größe und Ort von submarinen Hangrutschungen bestimmen, um die Risikoabschätzung zu verbessern. Foto: Sebastian Krastel, CAU

Die hinter der SONNE geschleppten Airgun-Bündel erzeugen kurze, starke Schallimpulse, die den Meeresboden durchdringen und an geologischen Schichten reflektiert werden. Seismometer am Meeresboden erfassen diese Signale, um die Struktur des Untergrunds zu analysieren. Foto: Philipp Brandl, GEOMAR