Schiffsemissionen reduzieren – aber wie?
Transdisziplinäres Forschungsprojekt untersucht Auswirkungen der Schifffahrt
Der Computer auf dem Schreibtisch, die Jacke an der Garderobe und wahrscheinlich sogar der Kaffeebecher im Küchenschrank – die meisten Gegenstände in unserem Alltag sind per Schiff um die halbe Welt gereist, bevor wir sie nutzen können. Die Schifffahrt ist das wichtigste Transportmedium im internationalen Handel. Rund 90.000 Handelsschiffe haben 2018 etwa 11 Milliarden Tonnen Fracht über die Ozeane und Randmeere bewegt. Tendenz: steigend.
Obwohl Schiffe im Vergleich zum Transport per LKW oder Güterzügen pro transportierter Tonne Fracht emissionsärmer sind, hat der umfangreiche Warentransport zur See weitreichende Umweltfolgen. Schon heute arbeiten einzelne Staaten, die Europäische Union sowie die Vereinten Nationen daran, Regularien für einen umweltfreundlicheren, emissionsarmen Schiffsverkehr und damit eine nachhaltigere und gerechtere Nutzung der Weltmeere zu aufzustellen und umzusetzen. Bisher ist allerdings noch wenig über die Wirkung einzelner Maßnahmen und die Auswirkungen auf die Meeresumwelt bekannt.
Vor diesem Hintergrund wollen Forscherinnen und Forscher aus Schweden, Deutschland und Frankreich jetzt im Rahmen des Projekts ShipTRASE die ökologischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Aspekte sowohl kurz- als auch langfristiger Maßnahmen zur Reduzierung von Schiffsemissionen und entsprechende Kontrollmechanismen analysieren. Das Belmont Forum, das internationale Nachhaltigkeitsnetzwerk Future Earth und die EU-Programminitiative „Gesunde und Produktive Meere und Ozeane“ (JPI Oceans) haben das Projekt als eines unter 13 förderwürdigen inter- und transdisziplinären Nachhaltigkeitsprojekten ausgewählt.
Insgesamt drei Jahre werden die deutschen Projektpartner, das Walther-Schücking-Institut für Internationales Recht an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU), das GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel sowie die Geschäftsstelle Schleswig-Holstein des Maritimen Clusters Norddeutschland , nun Handlungsoptionen für eine nachhaltigere Schifffahrt entwickeln und dabei naturwissenschaftliche und rechtliche Perspektiven miteinander verknüpfen.
„Um alle Aspekte des Themas abdecken zu können, benötigen wir Expertinnen und Experten aus sehr unterschiedlichen Bereichen. In Kiel verfügen wir zum Glück über diesen breiten Zugang zu maritimen Themen und haben dank des Future Ocean Netzwerkes Erfahrung in der Zusammenarbeit über Fachgrenzen hinweg“, betont Prof. Dr. Nele Matz-Lück vom Walther-Schücking-Institut. „Für die anstehenden Aufgaben können wir auf die Expertise in den Bereichen chemischer Ozeanographie, internationales Recht, Umweltökonomie und Ingenieurwissenschaften zurückgreifen. Auch die Schifffahrtsindustrie wollen wir aktiv mit einbinden“, ergänzt Prof. Dr. Christa Marandino vom GEOMAR.
Ein Aspekt, der in Kiel untersucht wird, sind sogenannte Emissionskontrollgebiete (Emission Control Areas, ECAs). Zu diesen ECAs gehören auch Nord- und Ostsee. „In diesen Gebieten ist zum Beispiel der Ausstoß von Schwefeloxiden aus Schiffschornsteinen streng limitiert“, erklärt Prof. Dr. Nele Matz-Lück. Allerdings fehle es teilweise an Vorschriften zur genauen Umsetzung und auch die Überwachung der Vorschriften sei oft unklar geregelt, so Matz-Lück.
Darüber hinaus ist in einigen Fällen offen, welche Folgen Maßnahmen haben werden, die dazu beitragen sollen, die neuen Emissions-Regularien einzuhalten. In ShipTRASE werden die Auswirkungen von Gaswaschanlagen, sogenannten Scrubbern, sowie langfristig als alternativer Treibstoff der Einsatz von Flüssiggas (LNG) untersucht.
Mit Hilfe von Laborexperimenten werden Forscherinnen und Forscher am GEOMAR unter Leitung von Professorin Marandino untersuchen, welche Auswirkungen diese Technologien auf die obersten Wasserschichten haben, ob sie gegenüber herkömmlichen Antrieben und Schiffsemissionen eine Entlastung bringen oder möglicherweise sogar neue, bisher noch unbekannte Schadstoffe in die Meere einbringen. „Unser Ziel ist es zu verstehen, ob sich verschiedene Typen von Schiffsemissionen unterschiedlich auf die Chemie des Oberflächenwassers auswirken“, fasst Christa Marandino zusammen.
Mit den naturwissenschaftlichen und rechtlichen Grundlagen werden dann sowohl in Deutschland als auch international Vertreterinnen und Vertreter aus Industrie, Politik und Wirtschaft einbezogen, um diese Themen zu diskutieren, Informationen und Ergebnisse zu teilen und die weitere wissenschaftliche Forschung mitzugestalten.
„ShipTRASE liefert damit eine Analyse der wirtschaftlichen und ökologischen Konsequenzen der Umsetzung von Kontrollgebieten auf See, verschiedener Optionen alternativer Treibstoffe und der Auswirkungen von weiterer rechtlicher Regulierung sowie einer Methodik zur Durchführung einer solchen Analyse“, fasst Professorin Matz-Lück die Ziele des Projekts zusammen.
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