Schwankungen der Meeresströmungen modulieren Sauerstoffgehalt am Äquator
Langzeitbeobachtungen zeigen komplexe Zusammenhänge auf
Durch die Klimaerwärmung steigen nicht nur die Temperaturen in der Atmosphäre und im Ozean, auch Winde und Meeresströmungen sowie die Sauerstoffverteilung im Ozean ändern sich. So hat der Sauerstoffgehalt im Ozean in den letzten 60 Jahren global um etwa 2% abgenommen, mit Schwerpunkt in den tropischen Ozeanen. Hier finden sich aber auch komplexe und stark schwankende Meeresströmungen. Entlang des Äquators befindet sich eine der stärksten Strömungen, der Äquatoriale Unterstrom (EUC), der Wassermassen ostwärts quer über den Atlantik transportiert. Wissenschaftler*innen des GEOMAR untersuchen schon seit Jahren in Zusammenarbeit mit dem internationalen PIRATA Programm Schwankungen dieser Strömung mit Hilfe von ortsfest verankerten Beobachtungsplattformen, sogenannten Verankerungen. Basierend auf den Messdaten dieser Verankerungen konnten sie nachweisen, dass sich der EUC zwischen 2008-2018 um mehr als 20% verstärkt hat. Die Verstärkung dieser Meeresströmung ist auch mit steigenden Sauerstoffkonzentrationen im äquatorialen Atlantik und einem Anwachsen der sauerstoffreichen Schicht in Oberflächennähe verbunden. Dies bedeutet auch eine Vergrößerung des Habitats für tropische pelagische Fische. Die Ergebnisse der Studie wurden jetzt in der internationalen Fachzeitschrift Nature Geoscience veröffentlicht.
„Diese Aussage klingt zunächst ermutigend, beschreibt aber nicht die gesamte Komplexität des Systems.“, sagt Projektleiter und Erstautor Prof. Dr. Peter Brandt vom GEOMAR. „Wir haben festgestellt, dass die Verstärkung des Äquatorialen Unterstroms hauptsächlich durch eine Verstärkung der Passatwinde im westlichen tropischen Nordatlantik verursacht wird“, erläutert Peter Brandt weiter. Die Analyse eines 60 Jahre umfassenden Datensatzes habe gezeigt, dass der jüngste Sauerstoffanstieg im oberen äquatorialen Atlantik mit einer multidekadischen Variabilität verbunden ist, die durch niedrige Sauerstoffkonzentrationen in den 1990er und frühen 2000er Jahren und hohe Konzentrationen in den 1960er und 1970er Jahren gekennzeichnet ist. „Insofern widersprechen unsere Ergebnisse nicht dem globalen Trend, sondern zeigen die Notwendigkeit von Langzeitbeobachtungen, um natürliche Schwankungen des Klimasystems von Trends wie der durch die Klimaerwärmung verursachten Sauerstoffabnahme trennen zu können“, so Brandt.
Die durch die Zirkulationsschwankungen auftretenden Änderungen im Sauerstoffangebot in den Tropen haben auch Auswirkungen auf marine Ökosysteme und letztendlich die Fischerei in diesen Regionen. „Veränderungen in der Größe des Habitats von tropischen Fischen können zu veränderten Räuber-Beute-Beziehungen führen, erschweren aber insbesondere auch die Bewertung der Überfischung von wirtschaftlich relevanten Fischarten, wie dem Thunfisch“, so Dr. Rainer Kiko, Ko-Autor vom Laboratoire d’Océanographie de Villefranche der Sorbonne Universität, Paris.
Die Untersuchungen basieren auch auf einer Schiffsexpedition, die Ende 2019 mit dem deutschen Forschungsschiff METEOR entlang des Äquators durchgeführt wurde. Diese Expedition beinhaltete ein physikalisches, chemisches, biochemisches und biologisches Messprogramm, das im Rahmen des von der EU finanzierten Projektes TRIATLAS die Entwicklung klimabasierter Vorhersagen für marine Ökosysteme unterstützt. Während eine weitere Expedition mit FS METEOR entlang des Äquators aufgrund der COVID-19 Pandemie abgesagt werden musste, soll nun während einer zusätzlichen Expedition mit dem FS SONNE im Juni-August 2021 unter Einhaltung strikter Quarantäneauflagen mehrere Langzeitverankerungen im tropischen Atlantik - darunter auch die am Äquator - geborgen und wiederausgelegt werden.
Originalveröffentlichung:
Brandt, P., J. Hahn, S. Schmidtko, F.P. Tuchen, R. Kopte, R. Kiko, B. Bourlès, R. Czeschel, M. Dengler, 2021: Atlantic Equatorial Undercurrent intensification counteracts warming-induced deoxygenation, Nature Geoscience, https://doi.org/10.1038/s41561-021-00716-1