Tiefseebergbau: Forschung zu Risiken und ökologischen Folgen geht weiter
Die 2. Phase des JPIOceans-Projekts „MiningImpact“ startete diese Woche in Brüssel
Die Bodenschätze in der Tiefsee außerhalb der Ausschließlichen Wirtschaftszonen (200-Seemeilen-Zonen) einzelner Staaten werden von der Internationale Meeresbodenbehörde (International Seabed Authority, ISA) verwaltet. Sie gehören auf Grundlage des internationalen Seerechts-Übereinkommens (UNCLOS) zum „Erbe der Menschheit“. Bis heute haben 20 Staaten, darunter auch mehrere Europäische Länder, nämlich Belgien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Polen und Rußland, Lizenzen zur Erkundung von Erzvorkommen im Meeresboden erworben. In der Clarion-Clipperton-Zone (CCZ) im Nord-Ost-Pazifik zwischen Mexiko und Hawaii liegt die größte der Lagerstätten mit Manganknollen. Zu Beginn des nächsten Jahrzehnts laufen einige der Explorationsverträge in der CCZ ab. Dann könnte nach der Erkundung dieser Erzvorkommen deren Abbau beginnen.
Vor diesem Hintergrund untersuchen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus ganz Europa im Projekt „MiningImpact“ seit Ende 2014 die ökologischen Folgen eines zukünftigen Tiefseebergbaus. Die Ergebnisse fließen in die Verhandlungen für den „Mining Code“ der ISA ein, der das internationale Regelwerk für die Gewinnung mineralischer Rohstoffe am Meeresboden sein wird. In dieser Woche startet die zweite Phase des Projekts „MiningImpact“ mit einem Treffen der 32 Projektpartner aus 10 Ländern in Brüssel. In einer öffentlichen Diskussionsveranstaltung wurde den internationalen Umweltverbänden, Vertretern von Tiefseebergbaufirmen sowie Ministerien und des Europäischen Parlaments das Projekt vorgestellt. Im Rahmen des Programms JPI Oceans „Gesunde und Produktive Meere und Ozeane“ fördern die beteiligten Länder die neue Phase mit insgesamt 11 Millionen Euro, davon stellt das Bundesministerium für Bildung und Forschung 8,5 Millionen Euro zur Verfügung. Die beteiligten Forschungseinrichtungen bringen weitere 6 Millionen Euro in das Projekt ein.
„In der ersten Phase haben wir viele grundlegende Erkenntnisse zu den zu erwartenden, längerfristigen Auswirkungen von Tiefseebergbau gewonnen. Diese wollen wir jetzt konkretisieren, in dem wir z.B. geeignete Indikatororganismen für einen gesunden Zustand des Tiefseeökosystems identifizieren und Grenzwerte für Schädigungen durch Tiefseebergbau definieren, die das Ökosystem noch verkraften kann. Denn die ISA muss beim Erstellen des ‚Mining Codes‘ von der internationalen Wissenschaftsgemeinschaft unterstützt werden, damit sie die bestmöglichen Umweltstandards festlegt“, erklärt der Projektkoordinator Dr. Matthias Haeckel vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel.
Zentraler Bestandteil der zweiten Phase des Projekts „MiningImpact“ wird es sein, den Technologie-Test des belgischen Kontraktors DEME-GSR in der CCZ durch eine unabhängige wissenschaftliche Untersuchung zu begutachten. Das Unternehmen plant im Frühjahr 2019 einen Kollektor-Prototypen am Meeresboden einzusetzen, um auf einer 0,1 Quadratkilometer großen Fläche Manganknollen zu ernten. „Wir werden zur gleichen Zeit mit dem deutschen Forschungsschiff SONNE vor Ort sein, um unabhängige wissenschaftliche Daten über die Umweltauswirkungen dieses ersten industriellen Tests eines Knollenkollektors zu sammeln. Zum Beispiel interessiert uns, wie weit das dabei aufgewirbelte Sediment verdriftet wird und wie lange es in der Wassersäule bleibt, bis es sich wieder absetzt“, erklärt Dr. Haeckel. Dabei kommen modernste Tiefseetechnologien wie der Tauchroboter Kiel 6000, das autonome Unterwasserfahrzeug ABYSS und das Tiefseeobservatorium MoLab des GEOMAR zum Einsatz.
Die Forscher testen so gleichzeitig, wie die Einhaltung des zukünftigen Mining Codes in der Tiefsee überwacht werden kann. Außerdem gewinnen sie weitere Erkenntnisse, wie Schutzzonen in der Tiefsee gestaltet sein müssen, um die negativen Folgen industrieller Aktivitäten am Meeresboden zu begrenzen. „Das internationale Seerecht gibt Staaten die Möglichkeit, mineralische Rohstoffe aus der Tiefsee zu gewinnen. Das steht außer Frage. Doch jetzt haben wir noch die Möglichkeit, die Rahmenbedingungen mit zu gestalten, so dass es eben keinen unkontrollierten Raubbau im größten Lebensraum der Erde gibt. Diese Möglichkeit wollen wir nutzen“, betont Dr. Haeckel.
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Jan Steffen (GEOMAR, KOmmunikation und Medien), Tel.: 0431 600-2811, presse(at)geomar.de