Tiefseebergbau: Transparentes Umweltmanagement muss gewährleistet werden
Abschlusstreffen des europäischen Forschungsprojekts „MiningImpact“ in London
Noch im 19. Jahrhundert glaubten einige Forscher, dass unterhalb von 1000 Metern Wassertiefe kein Leben möglich sei. Heute wissen wir, dass sie irrten. Doch noch immer hält die Tiefsee Überraschungen für die Wissenschaft bereit. So hat sich bis in die Gegenwart die Vorstellung gehalten, dass die großen Tiefsee-Ebenen im zentralen Pazifik sehr gleichförmig und nur dünn besiedelt seien. Wieder ein Irrtum, wie Forscherinnen und Forscher des europäischen Projektes „MiningImpact“ herausfanden: Die ökologische Vielfalt auf den Tiefsee-Ebenen ist enorm, besonders dort, wo viele Manganknollen auf dem Meeresboden liegen.
Diese Erkenntnis hat Folgen für die Abschätzung von Umweltrisiken, die ein möglicher Abbau von metallischen Rohstoffen aus der Tiefsee mit sich bringt. Genau damit haben sich die 25 Partner-Institutionen aus elf Ländern im Rahmen von „MiningImpact“ drei Jahre lang intensiv beschäftigt. „Wir wollten herausfinden, was passiert, sollten im zentralen Pazifik Manganknollen im industriellen Maßstab vom Meeresboden abgebaut werden“, fasst Projektkoordinator Dr. Matthias Haeckel vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel die Projektziele zusammen. Im Natural History Museum London (NHM), einem der Projektpartner, treffen sich die Beteiligten in dieser Woche zum Abschlusssymposium. Mit Vertretern von Behörden, Umweltverbänden und Firmen diskutieren sie nicht nur die Ergebnisse der einzelnen Arbeitsgruppen, sondern unterbreiten auch konkrete Vorschläge, wie das Ökosystem Tiefsee geschützt werden könnte.
Ein zentrales Ergebnis der Untersuchungen im Pazifik ist, dass die Ökosysteme rund um die Manganknollen aus sehr unterschiedlichen festsitzenden und mobilen Organismen bestehen. Mit der Manganknollendichte ändert sich die Artenvielfalt erheblich. Auch auf den zahlreichen Unterwasserbergen im wichtigsten Manganknollengebiet, der Clarion-Clipperton-Zone (CCZ), leben andere Arten als direkt in den Manganknollenfeldern. „Die Manganknollen sind also essentiell, um die Biodiversität in der Tiefsee zu erhalten“, betont Dr. Haeckel. Weiterhin betonen die „MiningImpact“-Beteiligten, dass die Störungen der Manganknollen-Ökosysteme durch Tiefseebergbau über viele Jahrzehnte nachwirken.
Zu den Empfehlungen der Forschenden gehört die Einrichtung von Schutzzonen, in denen die gleichen Umweltbedingungen und Artengemeinschaften vorherrschen wie in Abbaugebieten. „Es gibt bereits Schutzzonen in der CCZ. Sie sind sehr nützlich, können die Schutzaufgabe aber vermutlich alleine nicht leisten“, sagt Dr. Haeckel, „zusätzliche Schutzgebiete in den Lizenzgebieten sind erforderlich“. Die gute Nachricht der Forschenden: Technologien zur Überwachung von Tiefseebergbau seien bereits vorhanden. Ein entsprechender Wissenstransfer zwischen Industrie und Wissenschaft sowie eine Standardisierung der Untersuchungsverfahren seien aber notwendig.
Diese Empfehlungen richten sich insbesondere an die Internationale Meeresbodenbehörde (International Seabed Authority, ISA). Sie verwaltet auf Grundlage des Internationalen Seerechtsabkommens UNCLOS (UN Convention of the Law of the Sea) den gesamten Meeresboden außerhalb der Ausschließlichen Wirtschaftszonen (200-Seemeilen-Zone) einzelner Staaten. Das Abkommen verpflichtet die ISA auch, einen effektiven Schutz der Meeresumwelt vor möglichen Folgen des Meeresbergbaus sicherzustellen. „Vor diesem Hintergrund erarbeitet die ISA derzeit rechtliche Rahmenbedingungen, falls in naher Zukunft die ersten Staaten Abbaulizenzen für Manganknollen beantragen sollten.“, erklärt Dr. Haeckel. „Wir sind optimistisch, dass unsere Ergebnisse in diesen sogenannten Mining Code einfließen“.
Schon in den 1970er Jahren gab es erste Pläne zum Abbau von Manganknollen aus der Tiefsee, die jedoch nie über Pilotversuche hinaus kamen. Manganknollen sind kugel- oder blumenkohlförmige Erzknollen, die meist in Tiefen unterhalb von 4000 Metern auf den großen Tiefseeebenen liegen. Sie bestehen nicht nur aus dem namengebenden Mangan, sondern enthalten auch Eisen sowie begehrte Metalle wie Kupfer, Kobalt oder Nickel. „Der technische Aufwand, sie aus der Tiefsee zu gewinnen, ist immer noch extrem hoch. Aber die Nachfrage nach Metallen ist hoch und wird bei einer wachsenden Weltbevölkerung weiter steigen“, betont Dr. Haeckel, „wir sollten vorbereitet sein, wenn ein Staat mit der Erzgewinnung in der Tiefsee beginnen will.“
Hinweis:
Ein Zusammenschluss von Forschungsministerien in elf europäischen Ländern hat das Projekt „MiningImpact“ im Rahmen der Joint Programme Initiative Healthy and Productive Seas (JPI Oceans) mit insgesamt 9,5 Millionen Euro gefördert.
Mitschnitte der Londoner Abschlusskonferenz werden auf der MiningImpact-Webseite veröffentlicht.
Bildmaterial in höherer Auflösung:
Kontakt:
Jan Steffen (GEOMAR, Kommunikation & Medien), Tel.: 0431 600-2811, presse@geomar.de
Kontakt während der Konferenz in London:
Kristin Hamann (Projekt-Assistenz MiningImpact), +49 0177-6969344