Von zweifelhafter Herkunft
04.03.2010/Kiel. Die karibische Erdplatte gehört zu den kleineren tektonische Platten der Erde. Trotzdem ist sie noch lange nicht umfassend erforscht. Ein Team von Geologen und Vulkanologen unter Leitung des Kieler Leibniz-Instituts für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR) unternimmt mit dem Forschungsschiff METEOR und dem Tiefseeroboter KIEL 6000 vom 11. März an eine Expedition in der Karibik, um Fragen zur Entstehungsgeschichte und Entwicklung der Platte zu beantworten.
Nicht nur Erdbeben wie das jüngste in Haiti, sondern auch vielfältige Formen von Vulkanismus haben die Entwicklung der Karibik beeinflusst. So bedeckt ein riesiges Feld erkalteter Lava, rund 2000 Kilometer lang, bis zu 800 Kilometer breit und bis zu 10 Kilometer dick, große Teile der eigentlichen karibischen Erdplatte. Ähnliche geologische Strukturen existieren rund um den Globus, vor allem auf ozeanischer Erdkruste. Geologen nennen sie „Flutbasaltprovinzen“. „Der Vulkanismus, der sie gebildet hat, muss massive Auswirkungen auf die Zusammensetzung des Meerwassers und auf das Leben im Ozean gehabt haben“, sagt Professor Kaj Hoernle, Vulkanologe am Kieler Leibniz-Institut für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR). Vom 11. März bis zum 21. April 2010 arbeiten Forscher des IFM-GEOMAR sowie Kollegen der Universität Greifswald und der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) vom Forschungsschiff METEOR aus in der Karibik, um die Entstehung der karibischen Flutbasaltprovinz besser zu verstehen. „Möglicherweise müssen wir unsere bisherigen Vorstellungen darüber korrigieren“, so Professor Hoernle, der während des ersten Fahrtabschnitts wissenschaftlicher Fahrtleiter der Expedition sein wird.
Bisher gingen Wissenschaftler davon aus, dass sich Flutbasaltprovinzen in geologisch kurzen Zeiträumen, also wenigen Millionen Jahren, bildeten. Erste Indizien im karibischen Raum deuten aber darauf hin, dass der Prozess dort vor 140 Millionen Jahren begann und erst vor 70 Millionen Jahren abgeschlossen war. „Das wäre ein verhältnismäßig langer Zeitraum, der mit den bisherigen Modellen nicht vereinbar wäre“, betont Professor Hoernle.
Mit gezielter Beprobung der Basalte am Meeresboden wollen die Wissenschaftler diesen Hinweisen weiter nachgehen. Dafür setzen sie den kabelgesteuerten Tiefseeroboter ROV KIEL 6000 des IFM-GEOMAR ein. „Wegen der häufigen Bewegung der Erdkruste in der Region sind die Basaltschichten an mehreren Stellen extrem aufgefaltet. Dort können wir mit dem ROV gut die Abfolge der einzelnen Basaltschichten nachvollziehen“, erklärt Dr. Reinhard Werner (IFM-GEOMAR), Fahrtleiter des zweiten Expeditionsabschnitts.
Und eine weitere Frage beschäftigt die Geologen: Wo fand der Vulkanismus überhaupt statt, der die Flutbasaltprovinz gebildet hat? Dabei konkurrieren zwei Theorien. Eine besagt, dass die Basalte am vulkanischen Hotspot der Galapagos-Inseln entstanden sind und mit der Plattenbewegung in die heutige Karibik verschoben wurden. Andere Forscher gehen davon aus, dass der Ursprungsvulkanismus zwischen den beiden Amerikas stattgefunden hat. Der Schlüssel zu diesem Geheimnis könnte die magnetische Ausrichtung der Erdkruste unter der Flutbasaltprovinz sein. Sie lässt Rückschlüsse auf Alter und Herkunft des Materials zu. Mit einem neu entwickelten, sehr präzisen Magnetometer der BGR hoffen die Wissenschaftler diese Ausrichtung erstmals durch die kilometerdicken Basaltschichten hindurch messen zu können. „Das würde unser Verständnis von der geologischen Geschichte der gesamten Region entscheidend voranbringen“, betont Dr. Werner.
Expedition auf einen Blick: METEOR-Expedition M81/2
Forschungsthema: Entstehung und Entwicklung der karibischen Erdplatte und der darauf liegenden Flutbasaltprovinz
Wissenschaftliche Fahrtleiter:
Prof. Dr. Kaj Hoernle (Abschnitt A), Dr. Reinhard Werner (Abschnitt B, Gesamtkoordinator)
Start Abschnitt A: 11.03.2010, Port of Spain (Trinidad und Tobago)
Ende Abschnitt A: 02.04.2010, Willemstad (Curacao)
Start Abschnitt B: 03.04.2010, Willemstad (Curacao)
Ende Abschnitt B: 21.04.2010, Bridgetown (Barbados)
Ansprechpartner:
Jan Steffen (Kommunikation & Medien), Tel. 0431 600-2811, jsteffen@geomar.de