Wachwechsel vor Peru
21.1.2009, Callao - Nur ein paar Tage Erholung bleiben der Besatzung des Forschungsschiffes METEOR im Hafen von Callao (Peru). Dann läuft das Schiff am 27. Januar zum vierten und damit letzten Abschnitt der Expedition M77 in den Ostpazifik aus. An Bord: Ein neues Team Kieler Meereswissenschaftler. Im Mittelpunkt der kommenden Wochen stehen großflächige Untersuchungen der äquatorialen Sauerstoffminimumzone im Ostpazifik. Auch von diesem Fahrtabschnitt wird es aktuelle Berichterstattungen beim Onlineportal Planet Erde geben.
Zum letzten Mal wird der Staffelstab bei der Expedition M77 weitergeben. Am 25. Januar übernimmt Dr. Lothar Stramma im Hafen von Callao (Peru) die Fahrtleitung auf dem deutschen Forschungsschiff METEOR von Prof. Martin Frank (beide vom Kieler Leibniz-Institut für Meereswissenschaften, IFM-GEOMAR). Stramma und sein Team verlassen den Hafen zwei Tage später und starten damit den vierten und letzten Fahrtabschnitt der Expedition M77. Sie steht ganz im Zeichen des Kieler Sonderforschungsbereichs (SFB) 754 „Klima – Biogeochemische Wechselwirkungen im tropischen Ozean“. Während sich die vorangegangenen drei Fahrtabschnitte überwiegend der Grenzschicht zwischen Meeresboden und Wasser sowie der Wassersäule der küstennahen peruanischen Schelfregion widmeten, liegt der Schwerpunkt des vierten Abschnitts auf einer großräumigen Vermessung der weltweit größten Sauerstoffminimumzone im tropischen Ostpazifik.
Solche sauerstoffarmen Regionen im offenen Ozean existieren im tropischen Ostpazifik, im Ostatlantik sowie im nördlichen Indischen Ozean. Bisherige Bebachtungen und Modellrechnungen lassen erwarten, dass sich die sogenannten Sauerstoffminimumzonen durch die Klimaerwärmung in Zukunft ausdehnen werden. Dadurch werden auch massive Änderungen im marinen Ökosystem erwartet, was letztendlich auch wirtschaftliche Konsequenzen, zum Beispiel für die Fischerei bedeuten könnte.
„Obwohl die größten Änderungen die küstennahen Regionen betreffen werden, ist es ähnlich wie bei Wettervorhersagen notwendig die großräumigen Veränderungen zu messen, um die lokalen Änderungen zu verstehen“, erklärt Dr. Stramma, der bereits im November 2008 an einer großräumigen Vermessung der Sauerstoffverteilung im Ostatlantik südlich der Kapverdischen Inseln teilgenommen hat. „Im Ostatlantik haben wir eine weiträumige Abnahme des Sauerstoffgehalts im Kern der Sauerstoffminimumzone in den letzten 10-20 Jahren gefunden“, so Stramma weiter. „Es gilt nun zu klären, ob eine ähnliche Abnahme auch im Pazifik stattgefunden hat“.
Die Höhe des Sauerstoffgehalts im Ozean wird vor allem von zwei Faktoren bestimmt: Von der Zufuhr sauerstoffreichen Wassers mit dem Meeresströmungen einerseits und dem Verbrauch aufgrund von biogeochemischen Prozesse andererseits. Zu den diesen Prozessen gehört der Abbau von organischem Material durch Bakterien. Somit sind zur Untersuchung der Änderungen des Sauerstoffgehalts sowohl physikalische, chemische als auch biologische Messungen notwendig. Diese werden auf dem jetzt beginnenden Abschnitt durchgeführt. Aus dem Vergleich zwischen Daten aus dem Atlantik und dem Pazifik sowie zu früheren Vermessungen aus den 90iger Jahren erhoffen sich die Wissenschaftler wertvolle Einblicke in die Geschwindigkeit, mit dem der Sauerstoffgehalt im Ozean abnimmt.
Zum Abschluss der Reise kehrt die METEOR Mitte Februar in den Atlantik zurück. Auf die Passage durch den Panama-Kanal freuen sich die Expeditionsteilnehmer schon ganz besonders.
Danach beginnt die eigentlich Arbeit: die gewonnenen Proben und Messdaten analysieren, bewerten und das Puzzle zu einem großen Ganzen zusammentragen. „Hierbei werden die verschiedensten Fachdisziplinen eng zusammenarbeiten“, so SFB-Sprecher Prof. Douglas Wallace vom IFM-GEOMAR. Dies sei eine der großen Stärken des im vergangenen Jahr gestarteten Sonderforschungsbereichs. Geologen, Vulkanologen, Geochemiker, aber auch Meteorologen und Biologen der Christian-Albrechts-Universität und des IFM-GEOMAR ergründen gemeinsam die komplexen biogeochemischen Zusammenhänge in den sehr sensiblen Regionen des Weltozeans, erläuterte Prof. Wallace weiter.
Hintergrundinformationen:
Sauerstoff ist für das Leben auf der Erde von elementarer Bedeutung – nicht nur an Land, sondern auch im Meer. Anders als in der Atmosphäre ist die Sauerstoffverteilung im Wasser jedoch nicht gleichmäßig. Es gibt sauerstoffarme Zonen, die für die marine Lebenswelt zum Problem werden können. Erste Untersuchungen deuten darauf hin, dass sich diese Gebiete vergrößern. Die Kieler Meeresforscher des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) im Januar 2008 eingerichteten SFBs 754 „Klima – biogeochemische Wechselwirkungen im tropischen Ozean“ wollen die Verhältnisse in einer der weltweit größten Sauerstoffminimumzonen untersuchen. Sie liegt vor der südamerikanischen Westküste in einem Bereich, in dem nährstoffreiches Wasser aus Tiefen größer als 150 Metern an die Oberfläche steigt. Die am 22. Oktober gestartete, fast viermonatige Expedition mit dem Forschungsschiff METEOR wird die bisher umfassendsten Datensätze zu diesem Themenkomplex sammeln und die Basis für mehrjährige Analysen und Auswertungen geben.
In Zusammenarbeit mit dem geowissenschaftlichen Internetportal planeterde.de gibt es eine tagesaktuelle Berichterstattung von der Expedition Ferner dokumentiert der der Internet TV Sender realnature.tv in Kooperation mit planeterde.de die Arbeit der Kieler Meereswissenschaftler.
Ansprechpartner:
Dr. Andreas Villwock (Kommunikation & Medien), Tel.: 0431 600-2802, avillwock@geomar.de