Welchen Einfluss hat die Elbe auf die Deutsche Bucht?
Helmholtz-Forschende analysieren den Eintrag von Klimagasen, Umweltchemikalien, Nano- und Mikroplastik sowie Nährstoffen aus der Elbe in die Nordsee
Gemeinsame Mitteilung: Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung, Helmholtz-Zentrum Hereon und GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel
Die im Rahmen der Forschungsinitiative MOSES (Modular Observation Solutions for Earth Systems) durchgeführte mehrmonatige Messkampagne hat Ende Juni in Tschechien begonnen und wird Mitte September in der Deutschen Bucht enden. Vom 23. bis 25. August hat das Forschungsschiff „Ludwig Prandtl“ des Helmholtz-Zentrums Hereon zwischen Geesthacht und Cuxhaven das Thema beforscht. Vom 28. August bis zum 15. September sind drei Küstenforschungsschiffe vom Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI), vom Helmholtz-Zentrum GEOMAR und vom Hereon nacheinander in der südlichen Nordsee zwischen Büsum, Helgoland und Cuxhaven im Dienst der Wissenschaft unterwegs.
Die aufwändig koordinierten Fahrten auf der Elbe und der Nordsee haben zum Ziel, ein definiertes „Wasserpaket“, das bereits seit Ende Juni im Flussbereich (Süßwasser) der Elbe untersucht wird, nun auch beim Übergang in den salzhaltigen Küstenbereich und bis in die Nordsee hinein zu verfolgen. Das Elbe Ästuar, also der von der Tide beeinflusste Teil der Elbe, der sich von Geesthacht bis Cuxhaven erstreckt, hat dabei eine besondere Aufgabe. Ästuare zeichnen sich durch eine Filterfunktion zwischen dem Fluss und dem Meer aus: Hier werden organische Substanzen abgebaut, umgesetzt oder sedimentieren, denn durch den Tide-Einfluss ist die Verweildauer des Wassers deutlich länger, als im Fluss selber.
In der Nordsee wird dann das „Wasserpaket“ auf dem Ästuar mit Hilfe von Transpondern verfolgt, die regelmäßig per Funk ihre Position melden. Die Forschungsschiffe orten die Position dieser Signale permanent und können dann gezielt bei den Transpondern Wasserproben entnehmen und detaillierte Sondenmessungen zu den Konzentrationen der Inhaltsstoffe am jeweiligen Ort durchführen. Dafür werden drei Schwärme von jeweils drei bis vier Transpondern im Elbe-Ausstrom vor Cuxhaven ausgesetzt. Diese folgen dem aus der Elbe kommenden Süßwasser, welches sich zunächst vor allem an der Oberfläche des Küstenwassers einschichtet und dann zunehmend sowohl in der Fläche aber auch in die Tiefe mit dem Nordseewasser vermischt. Die Schiffe verfolgen die Transponder-Schwärme, die sich ebenfalls langsam in der Fläche verteilen werden. Die Wissenschaftler:innen erhoffen sich davon, die Veränderungen und die Vermischung des Wasserpaketes mit Nordseewasser im Küstenbereich verfolgen sowie den Verbleib der in dem Wasserpaket gelösten oder partikulären Inhaltsstoffe detailliert analysieren zu können.
Da bisher nicht genau bekannt ist, wie sich das Elbwasser in der Nordsee verhält, können die Forschungsschiffe keine vorher festgelegte Fahrtroute verfolgen, sondern müssen immer wieder das mit den Transpondern gekennzeichnete „Wasserpaket“ suchen und beproben. Dabei kommen unter anderem auch im Rahmen des Helmholtz-Projektes MOSES neu entwickelte Messgeräte zu Einsatz, die dann zeitlich hoch aufgelöste Daten in Echtzeit aufzeichnen und visualisieren. Eines der neuen Messgeräte ist zum Beispiel ein vollausgestatteter MOSES-Labor-Container mit speziellen Sensoren, der fertig aufgebaut von Schiff zu Schiff übergeben wird. Dieser spezielle Mess-Container wird in Cuxhaven zunächst von dem Forschungsschiff „Ludwig Prandtl“ aufgenommen. Nach einer Woche Transponderverfolgung wird er an das Forschungsschiff „Littorina“ übergeben und nach einer weiteren Woche an die „Mya“ des Alfred-Wegener-Instituts. Dieses Verfahren ermöglicht es, einheitliche Mess-Sensorik zu verwenden und damit sicherzustellen, dass auch die gewonnen Daten einheitlich und vergleichbar sind.
Jedes der eingesetzten Forschungsschiffe und beteiligten Institute hat darüber hinaus aber auch noch einen eigenen fachlichen Schwerpunkt. Der Fokus des AWIs liegt bei der exakten Messung und Analyse der Verteilung der Treibhausgases Methan und CO2 und deren Eintrag in die Atmosphäre. Das GEOMAR untersucht insbesondere die Einträge von Schadstoffen aus der Elbe in die Deutsche Bucht und nimmt dabei mit einem neu entwickelten Probenahme-System Wasserproben für eine Vielzahl von Schadstoffen, darunter TNT und Quecksilber. Das Hereon bringt zusätzliche Expertise im Bereich Mikroplastik-Beprobung, Schwermetalle, gelöste Kohlenstoffe und Nährstoffeinträge ein, und das UFZ, welches für die erste Phase des Projektes auf der Elbe zuständig war, wird zusätzliche Wasser- und Sedimentproben analysieren.
Alle diese Arbeiten und Expertisen zusammen leisten einen wichtigen Beitrag zu den langjährigen MOSES-Umweltbeobachtungen im Bereich Elbe und Deutsche Bucht und auch zu einem neuen Projekt der Deutschen Allianz Meeresforschung (DAM) mit Namen „ElbeXtreme“, welches ab dem Jahr 2024 die Auswirkungen von Extremereignissen auf das deutsche Küstensystem untersuchen wird.
Hintergrund: MOSES
MOSES steht für „Modular Observation Solutions for Earth Systems” – Modulare Beobachtungslösungen für Erdsysteme. In dieser vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH (UFZ) koordinierten Initiative haben neun Forschungszentren der Helmholtz-Gemeinschaft zwischen 2017 und 2021 gemeinsam mobile und modular einsatzfähige Beobachtungssysteme aufgebaut. Sie können so die Auswirkungen zeitlich und räumlich begrenzter dynamischer Ereignisse wie zum Beispiel extreme Niederschlags- und Abflussereignisse oder Dürreperioden auf die langfristige Entwicklung von Erd- und Umweltsystemen untersuchen. Seit 2022 ist MOSES im regulären Betrieb.