Wie kleinste Partikel aus dem Meer das Klima beeinflussen können
GEOMAR-Forscher beschreiben, wie die im Meereis lebenden Mikroorganismen zur Wolkenbildung beitragen könnten
Nicht nur wärmere Meeresströmungen, sondern auch die Wolkenbildung hat einen Einfluss auf das Eis. Im Jahr 2012 erreichte die Bedeckung des Arktischen Eises seine bis dahin geringste Ausbreitung mit einer Fläche von 3.41 Millionen Quadratkilometer. Im selben Jahr nahmen Wissenschaftler des GEOMAR gemeinsam Wissenschaftlern vom Alfred-Wegener-Instituts für Polar und Meeresforschung an der Expedition IceArc mit dem Forschungseisbrecher Polarstern teil, um den Wandel in der zentralen Arktis zu dokumentieren.
„Die Veränderungen, die im arktischen Ozean stattfinden sind von Jahr zu Jahr mehr sichtbar. Im Sommer ist das immer dünner werdende Eis bedeckt mit abertausenden von großen und kleinen Schmelzwassertümpeln. Diese kleinen Wasserreservoire bieten einen neuen Lebensraum für Organismen aus dem Eis“, so Dr. Luisa Galgani, Erstautorin der wissenschaftlichen Arbeit. Für die Studie nahmen die Wissenschaftler Proben von den Schmelzwassertümpeln, dem Wasser am Rande von Eisschollen und aus dem offenen Meer. Sie wollten herausfinden, welche organischen Bestandteile die nur wenige Mikrometer dünnen Grenzschicht zwischen Wasser und Luft enthält.
Die Grenzschicht zwischen der Oberfläche des Meeres und der Luft ist wichtig, da sie die direkte Verbindung zwischen dem Ozean und der Atmosphäre darstellt. Wenn sich viele organische Bestandteile an der Oberfläche sammeln, könnte dies ein beträchtliches Reservoir für die Bildung von atmosphärischen Aerosolen sein. In der Arktis beeinflusst wiederum die Wolkenbedeckung und damit die Aerosole die Fähigkeit des Meereises Sonnenlicht zu reflektieren oder Sonnenstrahlung zu absorbieren.
Die Wissenschaftler fanden heraus, dass ausgerechnet organische Gelpartikel unter einem Mikrometer Größe am häufigsten in der Grenzschicht des arktischen Schmelzwassers vorkommen. Durch Wasserbewegungen, Wind und Tröpfchenbildung gelangen sie in die Luft. Das besondere an diesem Größenbereich ist, dass sich diese Teilchen für mehrere Tage bis Wochen in der Atmosphäre akkumulieren können. In diesem Zeitraum können sie große Entfernungen zurücklegen. Weil Partikel dieser Größe am langlebigsten sind haben sie den größten Anteil an der atmosphärischen Aerosolmasse. Daher sind sie wichtig für viele Prozesse in der Atmosphäre, die das Rückstrahlvermögen der Erde und damit den Meereisverlust und Gewinn in der Region bestimmen. Es ist wahrscheinlich, dass sich zukünftig auch die Konzentration von organischen Verbindungen an der Grenzschicht verändert. Die Veränderung des mehrjährigem Eis hin zu dünnem einjährigen Eisschollen und die steigende Anzahl der Schmelzwasserlachen auf dem Eis unterstützt die Anreicherung von proteinhaltigen Verbindungen an der Oberfläche.
„Wir sind gerade erst am Anfang zu verstehen, welche Rolle mikrobielle Prozesse in Hinblick auf direkte Wechselwirkungen zwischen der Meeresoberfläche und der Atmosphäre spielen. Dies zu verstehen ist eine dringende Aufgabe, da wir bereits wissen, wie empfindlich mikrobielle Prozesse auf den Klimawandel reagieren,“ resümiert Prof. Anja Engel.
Bildmaterial in höherer Auflösung:
Luisa Galgani vor einem Schmelzwassertümpel mit Spezialvorrichtungt zur Beprobung der Wasseroberfläche. Foto: Karl Attard
Probennahme vom Oberflächenwasser eines Schmelzwassertümpels, im Hintergrund FS Polarstern. Foto: Anique Stecher
Meereisscholle von oben. Foto: Stefan Hendricks
Originalarbeit:
Galgani, L, J. Piontek, A. Engel (2016): Biopolymers form a gelatinous microlayer at the air-sea interface when Arctic sea ice melts, Scientific Reports, www.nature.com/articles/srep29465
Ansprechpartner:
Sarah Kaehlert (GEOMAR, Kommunikation & Medien), Tel.: 0431 600-1815, presse(at)geomar.de