Preisverleihung in Corona-Zeiten. V.l.: Dr. Christian Zöllner (Geschäftsführer Petersenstiftung), Dr. Nabil Sultan (Preisträger), Professorin Dr. Katja Matthes (Direktorin, GEOMAR), Dr. Frauke Klingelhöfer (Preisträgerin), Professor Dr. Christian Berndt (Laudator), Professorin Dr. Heidrun Kopp (Laudatorin), Dr. Klaus-Jürgen Wichmann (Vorsitzender Petersenstiftung). Foto: A. Villwock, GEOMAR.
Dr. Frauke Klingelhöfer. Foto: privat.
Dr. Nabil Sultan. Foto: privat.

Wie man Geheimnisse unterhalb des Meeresbodens lüftet

Petersen-Exzellenzprofessuren für zwei Forschende vom französischen Meeresforschungszentrum Ifremer

07.03.2022/Kiel. Über weite Teile unserer Ozeane wissen wir immer noch wenig. Über den darunter liegenden Meeresboden oft noch viel weniger. Doch dort liegt der Ursprung vieler Naturgefahren wie Erdbeben, Vulkanismus und Hangrutschungen. Eine zentrale Rolle spielen bei vielen Prozessen Fluide, die in Gesteinen und Sedimente im Meeresboden enthalten sind. Zwei Forschende, Dr. Frauke Klingelhöfer und Dr. Nabil Sultan, vom französischen Meeresforschungszentrum Ifremer, einem der wichtigsten Partnerinstitute des GEOMAR in Europa, untersuchen seit vielen Jahren solche Prozesse und wurden nun für ihre wissenschaftlichen Leistungen auf diesem Gebiet mit einer Exzellenz-Professur der Prof. Dr. Werner-Petersen-Stiftung ausgezeichnet. Die Verleihung der jeweils mit 20.000 Euro dotierten Preise, bei der die Forschenden auch Ergebnisse ihrer Arbeiten präsentieren, fand am 7. März im Rahmen einer Online-Veranstaltung statt.

Fluide im Meeresboden spielen eine wichtige Rolle in plattentektonischen Prozessen, wie zum Beispiel in Subduktionszonen. Dort wird eine Erdplatte unter eine andere geschoben. Ein Teil des in dieser Platte enthaltenen Wassers wird dabei wieder freigesetzt und gelangt durch Verwerfungen zurück ins Meerwasser. Forschungsarbeiten der Geophysikerin Dr. Frauke Klingelhöfer, die als leitende Wissenschaftlerin am Ifremer, in Brest, Frankreich tätig ist, haben gezeigt, dass diese Fluidzirkulationen einen starken Einfluss auf die Erdbebentätigkeit an aktiven Kontinentalrändern haben. Zur Erforschung dieser Fluidzirkulationen, verarbeitet und interpretiert Dr. Klingelhöfer marine seismologische Daten, die mit Hilfe von geowissenschaftlichen Methoden gewonnen wurden.

Eine weitere wichtige offene Frage in Bezug auf Fluide im Meeresboden ist, wie sich diese auf aktive Deformationsprozesse in Sedimenten auswirken. Dies spielt zum Beispiel für die Stabilität submariner Gashydratlagerstätten eine wichtige Rolle. Der Geophysiker Dr. Nabil Sultan, ebenfalls leitender Wissenschaftler am Ifremer, untersucht seit vielen Jahren solche Prozesse. Im Fokus stehen bei seinen Arbeiten insbesondere die Messungen von In-situ-Porenwasserdrücken in Sedimenten, die Aufschluss über die Stabilität von Kontinentalhängen, aber auch Kriechaktivität entlang einer geologischen Verwerfung geben können. Die Daten aus geotechnischen Labor- und Feldversuchen nutzt er in mathematischen und analogen geomechanischen Modellen, die er zur Untersuchung von Naturgefahren wie marinen Hangrutschungen und Erdbeben einsetzt.

Für ihre wissenschaftlichen Arbeiten zu diesem Thema wurden die beiden Forschenden mit einer Exzellenz-Professur der Prof. Dr. Werner-Petersen-Stiftung geehrt. Die mit jeweils 20.000 Euro dotierten Auszeichnungen sind mit einem Forschungsaufenthalt am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel verbunden. Es sind die 24. und 25. Ehrungen dieser Art, die die Petersen-Stiftung in Kooperation mit dem GEOMAR an international renommierte Wissenschaftler:innen vergibt.

„Ich freue mich, dass wir die langjährige Kooperation mit der Petersen-Stiftung weiter fortsetzen, und so exzellente Wissenschaftler:innen auszeichnen können und die internationale Zusammenarbeit in der Meeresforschung fördern können“, sagt GEOMAR Direktorin, Professorin Dr. Katja Matthes.

Die offizielle Preisverleihung an die beiden Forschenden erfolgte im Rahmen eines öffentlichen Online-Events am 7. März 2022. Neben Würdigungen der Preisträger hielten beide einen Kurzvortrag über ihr Forschungsfeld. Frau Dr. Klingelhöfer sprach über: „Die Rolle von Fluiden in der Subduktionszone der Kleinen Antillen“ und Herr Dr. Sultan über „The role of pore fluid during seafloor and sub-seafloor deformation processes“.

Über die Preisträger:

Dr. Frauke Klingelhöfer studierte von 1986-1992 Geophysik an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, promovierte danach dort im Graduiertenprogramm „Dynamik globaler Kreisläufe über das Thema „Model calculations on the spreading of submarine lava flows“. Von 1999-2001 was sie als Postdoc im Atlantic Margins Project an der University of Cambridge in Großbritannien tätig. Seit 2021 arbeitet Frauke Klingelhöfer in der wissenschaftlichen Direktion des Ifremers als Vertreterin der Marinen Geowissenschaften mit. Schwerpunkt ihrer Arbeit ist die Verarbeitung und Interpretation von marinen seismologischen Daten.

Dr. Nabil Sultan hat im Libanon und der französischen École Nationale des Ponts et Chaussées in Paris Ingenieurwissenschaften studiert und seinen Masterabschluss in Paris in Festkörper- und Strukturmechanik absolviert. 1997 hat er, ebenfalls an der École Nationale Des Ponts et Chaussées, im Fach Geotechnik promoviert. Nach seiner Promotion war er als Wissenschaftler, Projektkoordinator und -manager und Ingenieur sowohl in der Forschung als auch in der Industrie in verschiedenen Ländern tätig. Seit 2000 ist er einer der führenden Wissenschaftler am Ifremer, dem französischen Pendant zum GEOMAR. Zwischenzeitlich leitete er dort auch die Forschungsabteilung für Marine Geowissenschaften.

Exzellenz-Initiative der Prof. Dr. Werner Petersen-Stiftung

Seit 2009 unterstützt die Prof. Dr. Werner Petersen-Stiftung Aktivitäten zur Stärkung wissenschaftlicher Schwerpunkte und herausragender Profile insbesondere im Bereich der Meereswissenschaften. Die Stiftung will mit ihrer Initiative zur Profilstärkung am Wissenschaftsstandort Kiel nachhaltig beitragen. Neben Förderung und Ausbau der wissenschaftlichen Exzellenz setzt die Intensivierung der internationalen Kooperation mit ausgewiesenen Fachzentren einen besonderen Akzent.

Im Rahmen der Exzellenz-Initiative können hochkarätige Meereswissenschaftler:innen aus aller Welt für Gastaufenthalte von mehreren Wochen nach Kiel eingeladen werden. Der Gastaufenthalt umfasst Fachkurse (short courses) für den wissenschaftlichen Nachwuchs, öffentliche Vortragsveranstaltungen und die Projektierung gemeinsamer Forschungsvorhaben mit Kieler Fachkolleg:innen. Die Auszeichnung ist mit jeweils 20.000 Euro dotiert.

 

Preisverleihung in Corona-Zeiten. V.l.: Dr. Christian Zöllner (Geschäftsführer Petersenstiftung), Dr. Nabil Sultan (Preisträger), Professorin Dr. Katja Matthes (Direktorin, GEOMAR), Dr. Frauke Klingelhöfer (Preisträgerin), Professor Dr. Christian Berndt (Laudator), Professorin Dr. Heidrun Kopp (Laudatorin), Dr. Hans-Jürgen Wichmann (Vorsitzender Petersenstiftung). Foto: A. Villwock, GEOMAR.
Preisverleihung in Corona-Zeiten. V.l.: Dr. Christian Zöllner (Geschäftsführer Petersenstiftung), Dr. Nabil Sultan (Preisträger), Professorin Dr. Katja Matthes (Direktorin, GEOMAR), Dr. Frauke Klingelhöfer (Preisträgerin), Professor Dr. Christian Berndt (Laudator), Professorin Dr. Heidrun Kopp (Laudatorin), Dr. Klaus-Jürgen Wichmann (Vorsitzender Petersenstiftung). Foto: A. Villwock, GEOMAR.
Dr. Frauke Klingelhöfer. Foto: privat.
Dr. Frauke Klingelhöfer. Foto: privat.
Dr. Nabil Sultan. Foto: privat.
Dr. Nabil Sultan. Foto: privat.